Heute Vormittag geht in Frankfurt die erste Runde des "Synodalen Wegs" zu Ende. Auf den Gesprächsforen wurden energisch und engagiert Positionen diskutiert. Viele Katholiken in ganz Deutschland waren als Beter unsichtbare Weggefährten dieser sehr speziellen Form eines modernen Unterwegsseins.

Die dezidierten Forderungen von einigen Beteiligten irritieren. Darf ich von der Kirche etwas verlangen oder einfordern? Ein getaufter Christ, ob Frau oder Mann, mag sich zu einem geistlichen Amt berufen wissen. Wer solches verkündet, weiß sich vielleicht nahe an der Lebenswirklichkeit und gibt doch den Nachweis eines großen Realitätsverlustes. Was ein "Ich" für sich oder andere will, ist im Letzten ohne Bedeutung. Das "Ich" ist nicht der Maßstab und das Lebensprinzip der Kirche, sondern nur der Herr. Wozu sind wir als Christen berufen und bestellt? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: zur Heiligung des Alltags, zur Heiligkeit.

Gerade heute scheint es sinnvoll zu sein, sich nicht von Diskursen und Debatten irritieren zu lassen, sondern sich neu auf die Berufung zur Heiligkeit zu besinnen. Von 2009 bis 2011 hat Benedikt XVI. in den Mittwochskatechesen über Heilige gesprochen, die er als "Leuchtfeuer" bezeichnet hat. Zum Abschluss dieser Reihe, in der Generalaudienz vom 13. April 2011 sagte der Papst, Heiligkeit sei kein Ziel für wenige: "Die Heiligkeit, die Fülle des christlichen Lebens besteht nicht darin, außerordentliche Taten zu tun, sondern darin, mit Christus vereint zu sein, seine Geheimnisse zu leben, uns seine Einstellungen, seine Gedanken, sein Verhalten zu eigen zu machen." Niemand sei davon ausgenommen, niemand davon dispensiert, in der Nachfolge des Herrn zu leben.

Die Kraft für den "Weg der Heiligkeit" gewinnen wir nicht durch machtvolle Reden oder ein selbstbewusstes Auftreten. Heiligkeit ist auch nicht das Resultat einer weltlichen Leistungsethik. Nur Gott kann uns von innen her durch das Wirken des Heiligen Geistes wahrhaft heiligen. Das "Leben des auferstandenen Christus" verwandle uns, so Benedikt. Die sakramentale Teilhabe an Christus werde uns geschenkt. Vielleicht kennen Sie das aus Ihrer alltäglichen Erfahrung, wenn Sie fragen oder gefragt werden: "Darf ich dich einladen? Darf ich dir etwas schenken?" Wir fragen, weil wir nicht zwingen möchte. Wir möchten nicht, dass die beschenkte Person sich verpflichtet fühlt. Auch Gott bittet uns, dass wir Sein Geschenk annehmen. Er achtet unsere Freiheit. Am hochheiligen Weihnachtsfest wünscht sich das Kind in der Krippe um unsere Liebe, unsere Zuneigung und Herzenswärme. Gott zwingt uns nicht, er wirbt um uns. Ja, er bettelt um unsere Liebe. Er möchte so sehr, dass wir uns, wie Benedikt XVI. sagte, "durch das Wirken des Heiligen Geistes verwandeln lassen und unseren Willen dem Willen Gottes gleichgestalten". Das Zweite Vatikanische Konzil habe "feierlich" davon gesprochen, so Benedikt. Er sagt es einfacher: "Was ist wesentlich? Wesentlich ist, keinen Sonntag ohne eine Begegnung mit dem auferstandenen Christus in der Eucharistie vergehen zu lassen, denn das ist keine zusätzliche Last, sondern ein Licht für die ganze Woche; keinen Tag ohne wenigstens ein kurzes Beisammensein mit Gott zu beginnen und zu beenden; und auf der Straße unseres Lebens den »Wegweisern« zu folgen, die Gott uns in den mit Christus gelesenen zehn Geboten gegeben hat. Sie sind ganz einfach die Erläuterung dessen, was Liebe in bestimmten Situationen bedeutet. Das erscheint mir als die wahre Einfachheit und Größe des Lebens in Heiligkeit: am Sonntag dem Auferstandenen zu begegnen; mit Gott am Anfang und am Ende des Tages beisammen zu sein; in den Entscheidungen den »Wegweisern« zu folgen, die Gott uns gegeben hat und die nichts anderes sind als Formen der Liebe. … Wer von der Liebe geleitet ist, wer die Liebe in Fülle lebt, ist von Gott geleitet, denn Gott ist Liebe."

Als Vorbilder empfiehlt Benedikt XVI. die Heiligen und spricht – wie so oft – von den großen Heiligen und den einfach gläubigen Menschen, die in Christus und im Credo der Kirche verwurzelt sind: "Ich muß sagen, daß auch für meinen persönlichen Glauben viele Heilige – nicht alle – wahre Sterne am Himmel der Geschichte sind. Und ich möchte hinzufügen, daß für mich nicht nur einige große Heilige, die ich liebe und die ich gut kenne, »Wegweiser« sind, sondern gerade auch die einfachen Heiligen, also die guten Menschen, denen ich in meinem Leben begegne und die wohl nie heiliggesprochen werden. Es sind sozusagen gewöhnliche Menschen, ohne sichtbaren Heroismus, aber in ihrer täglichen Güte sehe ich die Wahrheit des Glaubens. Diese Güte, die im Glauben der Kirche in ihnen herangereift ist, ist für mich die sicherste Apologie des Christentums und das Zeichen dafür, wo die Wahrheit liegt. In der Gemeinschaft der Heiligen, seien sie zur Ehre der Altäre erhoben oder nicht, die die Kirche durch Christus in all ihren Gliedern lebt, erfreuen wir uns an ihrer Gegenwart und an ihrer Gesellschaft und hegen die unumstößliche Hoffnung, ihren Weg nachahmen zu können und eines Tages an ihrem glückseligen Leben, dem ewigen Leben, teilzuhaben."

Auch für jeden von uns haben die Heiligen, von den Benedikt XVI. gesprochen hat, Gesichter. Sie sind unsere Weggefährten in der Kirche aller Zeiten und Orte. Die Heiligen zeigen uns, dass wir uns auch nicht davor fürchten müssen, "hoch hinaus zu wollen, in Gottes Höhe": "Wir dürfen keine Angst haben, daß Gott zu viel von uns verlangt, sondern wir müssen uns in unserem täglichen Handeln von seinem Wort leiten lassen, auch wenn wir spüren, daß wir uns als arme, unzulängliche Sünder fühlen: Er wird uns verwandeln, gemäß seiner Liebe."

Die Heiligen bezeugen den wahren Frühling der Kirche. Sie sind Vorbilder einer Erneuerung in Christus und erinnern uns auch an unsere eigene Berufung. Oder sind wir zu klein, zu gering und zu unwürdig dafür? Theresia vom Kinde Jesus wollte nichts lieber als eine Heilige sein, fand aber, sie sei im Vergleich mit den Heiligen zu gering: "Der liebe Gott kann keine unerfüllbaren Wünsche eingeben. Ich kann mir also trotz meiner Kleinheit Hoffnung auf Heiligkeit machen. Größer machen kann ich mich nicht. Ich muss mich also so ertragen, wie ich bin, mit all meinen Unvollkommenheiten."

Die Reichen, so die heilige Theresia, nutzen heute einen Aufzug und konnten die beschwerlichen Treppenstufen so umgehen. Auch sie wünschte sich so sehr einen Aufzug nach Oben und meditierte über die Heilige Schrift: "Der Aufzug, der mich bis zum Himmel emporheben will, das sind Deine Arme, o Jesus! Dafür brauche ich nicht größer werden. Im Gegenteil, ich muss klein bleiben, ja es immer mehr werden." Mögen uns alle die Heiligen auf unseren Wegen begleiten und an unsere ganz eigene Berufung zur Heiligkeit erinnern.

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