Der dritte und letzte Teil der Serie über Claire de Castelbajac und die Zisterzienserinnen der Abtei Boulaur — hier lesen Sie den ersten und den zweiten Teil.

In jenem Jahr erkrankte Claires Mutter. Sie kam ins Krankenhaus und war über ein Jahr lang ans Bett gefesselt. Claire besuchte sie jeden Abend in der Klinik. Sie litt grausam unter dieser familiären Heimsuchung.

Im folgenden Jahr musste auch Claire in die Klinik. Sie hatte ein Ischiasleiden, weshalb sie nach fünf Monaten eine Wirbelsäulenoperation zu überstehen hatte. Zwar kam Claire rasch wieder auf die Beine, doch die Ischiasanfälle kehrten immer wieder zurück. Drei Wochen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus bestand sie das Abitur. Danach geht Claire ein Jahr zum Studium der Kunstgeschichte an die Universität von Toulouse.

Sie ist achtzehneinhalb Jahre, als sie in Rom die Aufnahmeprüfung für das Institut für Restauration besteht. Die ewige Stadt bietet ihr alle Möglichkeiten um ein freies und unabhängiges Leben zu führen. Doch gibt es auch verschiedenste Versuchungen, insbesondere in Bezug auf die Reinheit. Unermüdlich betet sie: „O unbefleckte Jungfrau Maria, ich vertraue dir die Reinheit meines Herzens an. Sei auf immer deren Wächterin.“

Als sehr kontaktfreudige Person machte sie viele Besuche und besuchte regelmäßig Alte und Kranke in ihrem Wohnviertel. Ihre Frömmigkeit ließ nicht nach. „Ich habe gestern Abend beschlossen, jeden Tag zur Messe zu gehen.“

Claire merkt zunächst nicht, dass sie immer mehr gefangen wird von einem künstlichen, glänzenden Leben, und so auf eine schiefe Bahn gerät. Eine damalige Freundin sagt zu ihr: „Du wirst schon sehen, dass auch du noch zu unserem Atheismus kommst. Ich gebe dir nicht einmal ein Jahr, dann wirst du sein wie wir.“ Bei Claire schleicht sich Unzufriedenheit ein; es besteht die drohende Gefahr in ihrem Studium zu scheitert. 

Dies alles ist eine Prüfung ihres Glaubens. Gott und die Gottesmutter stehen ihr bei. Sie findet auf den rechten Weg zurück, dahin, wo Gott sie haben will. Er festigt ihre Berufung: „Ich möchte das Glück all denen geben, denen ich begegne und Freude aussähen. Die kleine Therese wollte warten, bis sie im Himmel ist. um die Menschen glücklich zu machen. Ich will das schon auf Erden tun.“

Claire unternimmt eine Pilgerreise ins Heilige Land. Hier vollendet sich die Kehrtwende zum Guten: „Mein Leben hat innerhalb von drei Wochen vollkommen meine Optik verändert: Abgesehen von meiner Vertrautheit mit der heiligen Jungfrau entdecke ich die unermessliche, erstaunliche und einfache Liebe Gottes. Christliche Liebe bedeutet die anderen zu lieben, weil Gott sie liebt.... Ich fühle mich voll von göttlicher Freude.“

Wieder in Rom erhält sie die Aufgabe, Fresken der Basilika des hl. Franziskus in Assisi zu restaurieren. Zuerst arbeitet sie am Fresko ihrer Namenspatronin, dann am Fresko des Hostienwunders des hl. Martin. In Assisi wohnt Claire bei Benediktinerinnen, wo sie am täglichen Chorgebet und der hl. Messe teilnimmt. Ihre Zeit ist durchdrungen von innerer Sammlung. Die Fresken sind „voll von geistlichem Leben, das uns unmöglich kalt lassen kann“.

Gänzlich auf den Herrn ausgerichtet und voller natürlichem Humor und ihrer bekannten Lebensfreude kommt Claire für die Weihnachtsferien in ihr Elternhaus. Die Anfechtungen aller Art, Krankheiten, ihre geistlichen Prüfungen, die Konsequenzen ihre Studiums, - all das hat an ihrer Reinigung mitgewirkt und sie darauf vorbereitet, den Tod zu empfangen und in die Vereinigung mit Gott einzugehen.

Nur wenige Tage, bevor sie eine durch einen Virus ausgelöste, geradezu blitzartige Hirnhautentzündung bekommt, sagt sie zu ihrer Mutter: „Ich bin so glücklich, dass ich glaube, ich würde geradewegs in den Himmel gehen, wenn ich jetzt sterben würde, denn der Himmel ist das Lob Gottes, und dort bin ich schon.“

Das kommende Schicksal nicht ahnend unternimmt die Familie eine Pilgerfahrt ins nahe gelegene Lourdes. Hier findet ein geheimnisvolles Gespräch zwischen Claire und der heiligen Jungfrau statt. Sie liegt ausgestreckt vor der Grotte und betet. Ein Geheimnis. Ihre Mutter erkennt an ihrem Gesichtsausdruck, dass sich etwas ereignet haben muss. Sie spürt in sich eine große Unruhe und hat unbewusst verstanden, dass der Platz ihrer Tochter nicht mehr lange auf Erden sein wird.

Wieder im Haus der Familie erkrankt Claire, es ist der 4. Januar. Eine tödliche virale Hirnhautentzündung beginnt mit der Zerstörung ihres Körpers. Am 17. empfing sie, kaum bei Bewusstsein, die Krankensalbung. Am Sonntag den 19. sprach sie plötzlich, während sie zu schlafen schien, deutlich und laut: „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade“; sie hielt erschöpft inne. Ihre Mutter setzte das Gebet fort; am Ende eines jeden Ave Maria murmelte Claire: „Und dann ... und dann ...“, um ihre Mutter zum Weiterbeten des Rosenkranzes zu bewegen. Am Abend des 20. fiel sie in ein immer tieferes Koma. 

Am 22. Januar 1975, gegen fünf Uhr nachmittags, wird Claire von Gott heimgeholt. Sie wurde einundzwanzig Jahre und drei Monate alt. Ihr Werk auf Erden, „selbst ein lebendiges Lob Gottes zu sein“, ist vollendet.

https://twitter.com/CNAdeutsch/status/1110081719661723653?s=20