Der späte Advent und das nahende Weihnachtsfest laden zu Erinnerungen ein. Vielleicht kennen Sie auch diese nostalgisch gefärbten Reisen in das weite Land Ihrer Kindheit. Im Schein des Adventskranzes, dessen vierte Kerze wir morgen anzünden, tauschen wir uns aus über vergangene Zeiten, über unsere heimgegangenen Vorfahren, Freunde und Weggefährten. Mancher grübelt noch über Weihnachtsgeschenke. Ein anderer mag fragen: Was wünschst du dir? Womit kann ich dir eine Freude machen?

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Großeltern, besonders im hohen Alter, kurz vor den Festtagen sagten: "Uns müsst ihr aber nichts schenken." Ein besonderer, auch sonderbarer Wunsch, der mir bis heute gegenwärtig ist. Ich bin mir sicher, dass manche von Ihnen diese oder ähnliche Worte auch schon vernommen haben. Möglicherweise hat der eine oder die andere von Ihnen bereits selbst einmal diesen Wunsch ganz eigener Art geäußert. Was mag das bedeuten? Ich dachte damals: Ihr müsst euch nicht darum sorgen. Oder auch: Wir wollen euch nicht zur Last fallen. Ihr sollt euch keine Mühe mit uns machen, wir machen euch ja schon Mühe und Sorge genug – das ganze Jahr hindurch. Zu dieser Zeit sind die Herzen vieler Menschen von Vorfreude erfüllt, aber auch von Traurigkeit. Manche können, von Krankheit und Alter gezeichnet, nicht mehr das Haus verlassen und ein Geschenk für ihre Lieben kaufen. Wie gern hätten sie das getan, wie gern würden sie das noch tun. Ich höre diese Worte von innen her: "Ach nein, mir musst du nichts schenken."  

Jeder Mensch, so glaube ich bis heute, freut sich über eine kleine Gabe. Die Körbe für die Kollekten sind zu dieser Kirchenjahreszeit oft reichlich gefüllt. Ich weiß das noch aus der Zeit, als ich Mitglied des Kirchenvorstandes in meiner Heimatpfarrei war. Wir Kirchenvorsteher sammelten reichlich – für Projekte in Afrika, für die Kirchenrenovierung, für Arme und Obdachlose. Immer wieder, nicht nur in der Advents- und Weihnachtszeit, haben auch einzelne Gläubige in der heiligen Messe den Korb einfach weitergereicht. Einige schauten dann nach unten, als ob sie bekümmert waren, dass sie selbst nichts geben konnten. Andere blickten freundlich den Kirchenvorsteher an und schenkten ein Lächeln. Dieses Lächeln, so dachte ich mir dann, gilt sicherlich auch dem, der sammelt, aber zugleich vielleicht dem lieben Gott. Was können wir einander schenken zum Fest? Es gibt so viele Wünsche, denke ich, die wir im Herzen tragen und gar nicht auszusprechen wagen. Auch hegen manche von uns Wünsche, die nicht in Erfüllung gehen werden. Unsere Sehnsucht gilt zumeist nicht den flüchtigen Gütern, nicht den teuren Kostbarkeiten, die doch ganz von dieser Welt sind. Wenn Sie heute, am Samstag vor dem 4. Advent, am Montag oder am Heiligabend noch ruhe- und atemlos durch die Geschäfte laufen, dürfen Sie auch stöhnen. Das macht nichts. Keine Sorge – ich glaube, Sie machen alles richtig. Sie möchten lieben Menschen eine Freude machen und suchen nach passenden Geschenken. Warum nicht? Das ist doch wunderbar. Auch die Weisen aus dem Morgenland, die längst unterwegs sind zur Krippe nach Bethlehem. Im Gepäck haben sie Gold, Weihrauch und Myrrhe. Das alles ist schön, wichtig und hat seinen Wert. Aber darauf kommt es im Wesentlichen nicht an. Baltasar, Kaspar und Melchior sind unterwegs nach Bethlehem, unruhig nach Gott, und sie werden fern von allen Palästen ein göttliches Kind finden, um es anzubeten.

Wir sind dieser Tage unterwegs, auf der Suche, auch in den festlich geschmückten Straßen unserer Städte, in Kaufhäusern und im Internet. Wir möchten vielleicht auch manchen lieben Mitmenschen sagen: "Du brauchst mir doch nichts zu schenken." Dies ist oft ein ganz liebevoller, rührender Satz. Niemand, der gern etwas schenken möchte, mag den Satz wirklich gern hören. Überhaupt ganz falsch scheint mir ein anderes Wort zu sein: "Was sollen wir uns einander noch schenken? Wir haben doch alles." Eine große Armut drückt dieser Satz aus, eine manchmal vielleicht sogar unbemerkte Traurigkeit. Wie arm sind Menschen ohne Sehnsucht und ohne Hoffnung. Es stimmt zwar: Vieles brauchen wir im Grunde nicht. Aber zugleich gilt: Wir haben nicht alles. Ich bin dankbar für jede Gabe, für jedes Lächeln, das von Herzen kommt und mir geschenkt wird. Es ist die schönste Antwort des Dankes, die ich mir vorstellen kann. Vielleicht könnten wir alle den Satz sagen: "Du musst mir nichts schenken." Das heißt vielleicht auch, ich habe doch einen verborgenen Wunsch. Ich traue mich gar nicht, diesen Wunsch zu äußern. Aber um eines bitte ich dich: Bete für mich. Meine Großeltern sind alle schon vor längerer Zeit für immer nach Hause gegangen. Ich kann mir heute vorstellen, dass sie sich dies gern gewünscht hätten. Vielleicht ist das Gebet das schönste Geschenk. Und auch die Gabe des scheuen, frohen und dankbaren Lächelns sagt zuweilen mehr als tausend gute Worte.   

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