"Congrega in unum!" Welch ein schöner Wahlspruch ziert das Wappen des Limburger Bischofs Dr. Georg Bätzing, der zum Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz gewählt wurde. Führe zusammen! Im Dienst der Versöhnung, der Katholiken untereinander und in seinem Bistum, steht er seit 2016. Wer heute Mittag und wenig später die Resonanzen in den Medien vernommen hat, hörte sogleich Fragen wie: "Ist Bischof Bätzing ein Liberaler? Ist er modern? Oder …?" Auch auf kirchlichen Internetportalen wurde sofort nach Zuordnung und Einordnung gesucht. Wir alle sind schnell im Denken und Deuten, im Urteilen und Zuschreiben. Warum nur?

Der Titel seiner Dissertation "Kirche im Werden" – 1996 im Trierer Paulinus-Verlag erschienen – zeigt ein ekklesiologisches Profil. Kirche im Werden, mancher mag grübeln. Ist die Kirche nicht schon fertig? Wächst sie noch? Wird sie – sich verändern? Das wollen wir doch hoffen! Sie muss sich, wie jeder Einzelne von uns, in Christus erneuern. Die Kirche ist in dynamischer Bewegung, wie das Volk Gottes, wie die Heiligen, wie die Sehnsüchtigen. Der Weg zu Gott ist nicht Stagnation und Lähmung. Denken wir an die Fischer am See Genezareth, die ihre Netze geflickt haben, als der Herr auf sie zutrat. Die junge Kirche ist eine Aufbruchsbewegung, keine Ruhestätte für Resignierte. Auch ist die Kirche kein Museum für abendländische Kulturgeschichte. Die Kirche ist die schönste, die einzig wahre Hoffnungsbewegung, der wir alle so sehr bedürfen.

"Führe zusammen!" Das wünschen viele gläubige Katholiken in diesen Tagen besonders Bischof Dr. Georg Bätzing. Wir brauchen glaubwürdige Wege der Versöhnung miteinander und mit Gott. Wir müssen einander stärken und helfen, einander halten und manchmal auch aushalten. Wir müssen nicht immer einer Meinung, aber im Wesentlichen, im Herrn, immer eins sein. In der Familie Gottes ist es ja oft nicht anders als im Familienleben überhaupt. Wir sitzen manchmal untereinander entzweit am selben Tisch, missmutig, grimmig, knurrig. Manchmal verlassen wir dann lieber diesen Ort der Begegnung. Und in einigen Familien gehen Kontakte ganz verloren. Das ist und bleibt unfassbar traurig. Die Beziehungen verändern sich. Ob es noch verborgene, unsichtbare Bande gibt? Das hoffen wir stets. Wir kennen Zwist und Zwietracht auch in der Kirche. Wir stellen Entfremdungsprozesse fest. Einige sprechen einander den Glauben ab. Auch das ist – unfassbar. Wir brauchen dem Herrn in diesen Dingen übrigens nicht zuvorzukommen. Er hat in allem und über alle ohnehin das letzte Wort, und das genügt. Vertrauen wir darauf.

Vielleicht denken manche von Ihnen auch: Habe ich, haben wir immer versucht, Wege der Versöhnung zu finden? Brücken zueinander zu bauen? Als ich gestern mit Freude die Wahl des neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz vernommen hatte, so dachte ich sogleich, dass sein Wahlspruch uns alle begleiten und bewegen könnte. Wo könnten wir selbst "zusammenführen"? Wo tun sich für uns gemeinsam neue Wege auf? Wie können wir die Bereitschaft zur Versöhnung stärken und fördern? Wie können wir lernen, vielleicht die Schwester oder den Bruder im Glauben mit neuen Augen zu sehen – besonders diejenigen, die wir nicht verstehen können oder auch nicht verstehen wollen?

Vielleicht fehlt es oft an Gottvertrauen, ohne dass wir das bemerken oder uns eingestehen. Der Herr bahnt sich schon Seine Wege in diese Welt. Er ist Seiner Kirche treu, versprochen ist versprochen. Er führt uns zusammen – wer, wenn nicht Er. Im Vertrauen darauf, dass Er uns führt und zusammenführt, dass wir von Ihm geführt sind, dass wir uns immer wieder neu Seiner Führung anvertrauen müssen, sind wir als pilgerndes Volk Gottes unterwegs. Führe zusammen! Am 18. September sagte der neue Bischof von Limburg: "»Führe zusammen« – diese eine Bitte bringe ich mit als Perspektive für meinen bischöflichen Dienst hier in Limburg. Es ist ein Stoßgebet, weil es uns Menschen aus eigener Kraft allein nicht gelingen will, nicht gelingen kann: Verschiedenheit auszuhalten und Vielfalt als Reichtum zu begreifen; Versöhnung und Verbundenheit zu stiften, wo Menschen, Meinungen, Lebensstile, Weltanschauungen und religiöse Überzeugungen so gar nicht zusammenfinden wollen; einen fröhlichen Glauben darzubieten als Modell gegen die Verdrossenheit; den spannungsreichen, oft bis zum Zerreißen gespannten Ansprüchen und Erwartungen, die auf Menschen lasten, den heilsamen Zuspruch entgegenzusetzen: Mensch, du bist ganz und eins; du darfst leben und wachsen und dich freuen, denn du bist geliebt! Dass dies alles möglich ist, das ist die große Vision – ja, die Wirklichkeit unserer christlichen Glaubensüberzeugung. Und sie ist kein »ungedeckter Scheck«, denn der am Kreuz hat seine Arme weltumspannend weit ausgebreitet, um alle Menschen zu retten. Nicht ohne uns, mit uns gemeinsam will er sammeln, verbinden und zu Gott hinführen, der der barmherzige Vater aller Menschen ist." Bischof Dr. Georg Bätzings Worte von damals gelten nicht weniger für unsere Zeit heute.

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