Im Jahr 2019 sorgte ein Vergleich der katholischen Kirche mit der Französischen Revolution für Stirnrunzeln. Ein Pastor riet in bester Absicht dazu, dass die Kirche zu der Botschaft stehen möge, die zu verkündigen sie bestellt sei. So weit, so gut. Er wählte aber einen unglücklichen Vergleich, als er feststellte, "dass das, was gesellschaftlich gefeiert wurde in der Französischen Revolution, in der katholischen Kirche schon längst Standard ist: Gleichheit, Freiheit, Geschwisterlichkeit".

Von den "Synodalen Wegen" indessen erwartet niemand eine Wiederkehr der noch immer unverständlicherweise verklärten, blutrünstigen Jakobinerherrschaft von 1789 und ihrer im Namen von Humanität und Freiheit verübten Massaker. Abgesehen davon waren auch ihre Vordenker mitnichten an der Würde des Menschen oder an den Rechten der Frau, sehr wohl aber an der Schändung von Glauben, Kirche und Moral interessiert. Der Philosoph Voltaire forderte: "Écrasez l’infâme!", also: "Zerstört die Abscheuliche!", gemeint war: die Kirche. Das wüste Morden währte lange, die napoleonischen Kriege folgten.

Der "Aufbruch von Paris" im Jahr 1789 war eine selbstbewusste, fanatische, atheistische Abwendung von Gott. Was aber ist heute "Standard", ja was sollte "Standard" sein in der katholischen Kirche? Wie wäre es mit – Glaube, Hoffnung, Liebe? Diese drei Tugenden wären als Leitmotive für den "Synodalen Weg" geeignet, finden Sie nicht auch?

Wenn wir uns nicht französische Philosophen von gestern und ideenreiche Revoluzzer als Vorbild nehmen können, dann sollten wir vielleicht über Heilige nachdenken, über Märtyrer, über verfolgte Christen in aller Welt oder über betende Menschen, die einen einfachen Glauben nach dem Credo der Kirche haben. Dazu lud auch Martin Rothweiler, der Programmverantwortliche von EWTN Deutschland, ein, wenn er nachdenklich bemerkt, dass der "Synodale Weg" offenbar eine Veranstaltung der "katholischen Elite" sein könnte, vielleicht einfach gesagt: Die Themen, die für diesen Weg vorgesehen sind, führen an der "Lebenswirklichkeit" ganz normaler Katholiken vollständig vorbei. Die Beteiligten, die an diesem Weg teilnehmen, hören vor allem sich selbst zu. Rothweiler bemerkt dazu treffend: "Wo Jugendliche sich zur Anbetung treffen, wo sie – wie etwa bei Nightfever – das Sakrament der Versöhnung feiern und andere dazu einladen, hört man keine Forderungen nach Viri probati, Frauenpriestertum oder Änderung der Sexualmoral. Wo finden diese Jugendlichen im synodalen Prozess Gehör? Vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken und dessen Positionen fühlen sie sich jedenfalls nicht vertreten."

Manchmal können wir übrigens von Monarchen mehr lernen als von Intellektuellen, Agitatoren und Revolutionären. Wer etwas vom christlichen Glauben heute hören möchte, der möge sich vielleicht einmal eine Weihnachtsansprache der englischen Königin Elisabeth II. anhören, die sich nicht davor fürchtet, vom Glauben an Gott zu sprechen.

Ich wünsche mir von der Kirche in Deutschland nur eines – dass sie einfach römisch-katholisch bleibt. Ob es hierzulande eine "katholische Elite " braucht, gibt oder geben sollte, weiß ich nicht. Im Entscheidenden spielt das ohnehin keine Rolle. Einige sterben mit Titeln, gewiss, aber ich habe doch den begründeten Zweifel, dass selbst der frömmste unter allen Gelehrten mit seinen Titeln auferstehen wird. Dasselbe gilt für Könige, Kaiser und Kanzler. Daran erinnert auch das Ritual der Kapuzinergruft. Als Otto von Habsburg am 16. Juli 2011 bestattet werden sollte, klopfte der Zeremonienmeister der Familie an die Pforte der Gruft und begehrte Einlass für "Otto von Österreich". Er zählte sämtliche Hoheitstitel auf. Der Kapuzinerpater Gottfried antwortete: "Wir kennen ihn nicht." Der Zeremonienmeister klopfte erneut. Er trug alle weltlichen Titel, Ämter und Auszeichnungen vor. Doch der Kapuziner erwiderte dasselbe wie zuvor. Auf die wiederkehrende Frage "Wer begehrt Einlass?" folgte beim dritten Mal dann die Antwort: "Otto – ein sterblicher, sündiger Mensch." Damit war gesagt, was wesentlich ist. "So komme er herein." Die Türen der Kapuzinergruft öffneten sich. Die Patres, mit Kerzen in der Hand, bildeten ein Spalier und empfingen den Sarg des verstorbenen armen Sünders vor Gott. Ganz normale Katholiken wissen das: Wir sind Sünder, darum Bettler vor Gott – und Seiner Gegenwart, Seiner Barmherzigkeit, Seiner Liebe so sehr bedürftig. Wir brauchen weder Dialogveranstaltungen noch Gesprächsforen, sondern wir verzehren uns einzig und allein nach dem Brot des Lebens.

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Erstveröffentlichung 10. August 2019. Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.