Der „Imperativ der Nächstenliebe“ gehöre zur Natur des Menschen. Benedikt XVI. beschreibt in „Deus caritas est“, dass das Christentum diesen „in der Geschichte oft tief verdunkelten Imperativ immer wieder weckt und zur Wirkung bringt“: „Um so wichtiger ist es, daß das kirchliche Liebeshandeln seine volle Leuchtkraft behält und nicht einfach als eine Variante im allgemeinen Wohlfahrtswesen aufgeht.“ 

Die Nächstenliebe wird zunächst als Antwort auf die unmittelbare Not vorgestellt, wie das Gleichnis vom barmherzigen Samariter zeige: „Die Hungrigen müssen gespeist, die Nackten gekleidet, die Kranken auf Heilung hin behandelt, die Gefangenen besucht werden usw.“ Alle Bedürftigen bräuchten die „Zuwendung des Herzens“. Die Mitarbeiter der Caritas etwa sollen nicht allein professionell berufstätig sein, „sondern sich dem andern mit dem Herzen zuwenden, so daß dieser ihre menschliche Güte zu spüren bekommt“: „Deswegen brauchen diese Helfer neben und mit der beruflichen Bildung vor allem Herzensbildung: Sie müssen zu jener Begegnung mit Gott in Christus geführt werden, die in ihnen die Liebe weckt und ihnen das Herz für den Nächsten öffnet, so daß Nächstenliebe für sie nicht mehr ein sozusagen von außen auferlegtes Gebot ist, sondern Folge ihres Glaubens, der in der Liebe wirksam wird (vgl. Gal 5, 6).“ Eigentlich – so denken wir – sollte es selbstverständlich sein, dass Mitarbeiter in kirchlichen Diensten fest im Glauben der Kirche verwurzelt sind. Zudem sehen wir oft, wie sehr es nötig ist, dass gerade im karitativen Bereich nicht eine geschäftsmäßige Haltung eintritt, sondern dass aus den dort Tätigen auf stille Weise das Licht des Glaubens hervorleuchtet.

Zugleich betont Benedikt XVI.: „Das christliche Liebeshandeln muß unabhängig sein von Parteien und Ideologien. Es ist nicht ein Mittel ideologisch gesteuerter Weltveränderung und steht nicht im Dienst weltlicher Strategien, sondern ist hier und jetzt Vergegenwärtigung der Liebe, deren der Mensch immer bedarf.“ Hier bezeichnet er jede „Philosophie des Fortschritts“, darunter den Marxismus, als „Philosophie der Unmenschlichkeit“, die den „karitativen Einsatz als systemstabilisierend denunziert“ und angreift: „Der jetzt lebende Mensch wird dem Moloch Zukunft geopfert, einer Zukunft, deren wirkliches Heraufkommen zumindest zweifelhaft bleibt. In Wahrheit kann die Menschlichkeit der Welt nicht dadurch gefördert werden, daß man sie einstweilen stilllegt. Zu einer besseren Welt trägt man nur bei, indem man selbst jetzt das Gute tut, mit aller Leidenschaft und wo immer die Möglichkeit besteht, unabhängig von Parteistrategien und -programmen.“ Christen hingegen handeln mit hörendem und sehendem Herzen: „Dieses Herz sieht, wo Liebe not tut und handelt danach.“ Ebenso mahnt Benedikt, dass die Liebe nie anderen Zielen solle, auch nicht der Missionierung: „Wer im Namen der Kirche karitativ wirkt, wird niemals dem anderen den Glauben der Kirche aufzudrängen versuchen. Er weiß, daß die Liebe in ihrer Reinheit und Absichtslosigkeit das beste Zeugnis für den Gott ist, dem wir glauben und der uns zur Liebe treibt. Der Christ weiß, wann es Zeit ist, von Gott zu reden, und wann es recht ist, von ihm zu schweigen und nur einfach die Liebe reden zu lassen. Er weiß, daß Gott Liebe ist (vgl. 1 Joh 4, 8) und gerade dann gegenwärtig wird, wenn nichts als Liebe getan wird.“ Wer die Liebe verächtlich mache, mache auch Gott verächtlich: „Daher besteht die beste Verteidigung Gottes und des Menschen eben in der Liebe. Aufgabe der karitativen Organisationen der Kirche ist es, dieses Bewußtsein in ihren Vertretern zu kräftigen, so daß sie durch ihr Tun wie durch ihr Reden, ihr Schweigen, ihr Beispiel glaubwürdige Zeugen Christi werden.“

Die Geistlichen Betrachtungen zu den Enzykliken Papst Benedikt XVI. finden Sie hier im Überblick.

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