Am 10. Dezember in der "Tagesschau" und einen Tag später auf "domradio.de" wird aus einem Interview mit dem EKD-Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm zitiert: "Wenn ein Risiko besteht, dass aus gottesdienstlichen Versammlungen Leben gefährdet wird, dann bin ich der Allererste, der sagt, lasst es uns nicht machen." 

Mit Staunen und Verwunderung nehmen vermutlich auch viele protestantische Christenmenschen diese Äußerung wahr. Äußert Bedford-Strohm ein Verzichtsangebot? Jedenfalls wird ein solcher Vorschlag bereitwillig zitiert, dokumentiert und weitergetragen. Eine Adventsbotschaft wie diese – "Habt keine Angst, wir verzichten ggf. auf die öffentliche Religionsausübung zum Weihnachtsfest!" – ist bemerkenswert. Ich halte dieses Angebot für unverhältnismäßig. Heißt das, sämtliche Infektionsschutzkonzepte der Kirchen taugen nichts? Waren protestantische Gottesdienste in letzter Zeit etwa "Corona-Hotspots" statt "Hotspots des Glaubens"? Das kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht dürfen wir, die wir dem hochheiligen Weihnachtsfest entgegengehen, eine neue Gelassenheit lernen, auch in Zeiten wie diesen. Zugleich fordert Alexander Kekulé, der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der Uniklinik Halle, ein "Gesangsverbot" für Gottesdienste. Er könnte in den detaillierten Hygienekonzepten nachlesen – so etwa im Bistum Hildesheim –, dass der Gemeindegesang längst untersagt ist. 

Gewiss mögen mancherorts fromme Gläubige sich noch auf den Kirchenvater Augustinus berufen und behaupten: "Wer singt, betet doppelt!" Dieser Ausspruch wird oft zitiert und wiederholt, nur niemand kann eine Belegstelle dafür angeben. Ich habe lange danach gesucht, auch weil ich mich fragte: Was soll das genau bedeuten? Wie oft habe ich in Kirchen unter fromm gemeinten, aber etwas schiefen Tönen gelitten – und dann betet die singende Frohschar auch noch doppelt? Wer die oben genannte Ansicht vertreten möchte, mag das in aller Freiheit tun, sollte sich aber dann nicht auf Augustinus berufen. Der Kirchenvater ist für diesen sibyllinischen Sinnspruch nämlich nicht haftbar zu machen. Die Hygienekonzepte unserer Bistümer sind vorbildlich und haben sich bewährt. Gläubige Katholiken werden schweren oder leichten Herzens auf Gesang verzichten können, aber nicht auf Weihnachtsgottesdienste verzichten wollen. Wir können nur hoffen, dass kein Bischof in bester ökumenischer Absicht den Gedanken des EKD-Vorsitzenden sich zu eigen macht. 

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