Nicht verwunderlich ist, dass in den außerkirchlichen Medien in der vergangenen Woche so viele Kommentatoren sich enttäuscht über "Querida Amazonia" geäußert haben. Ebenso wenig verwundert, dass einige prominente Theologen aus dem deutschen Sprachraum sich anderes von dem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben erhofft hatten. Sie konnten feststellen, dass Franziskus seine Aufgabe im Petrusdienst nicht darin sieht, dezidierte Erwartungen befriedigen zu müssen.

Der Stellvertreter Christi bekräftigt also die Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte und fordert eindringlich – wie alle Päpste seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil – die Neuevangelisierung. Anscheinend braucht es immer noch einige Zeit, bis dieser beherzte Aufruf auch bei jenen, die auf dem "Synodalen Weg" unterwegs sind, wirklich ankommt und die Herzen erfüllt, bewegt und beflügelt. Der Papst spricht deutlich, aber er befriedigt nicht die Wünsche, die auf der Agenda modernistischer oder postmoderner Katholiken verzeichnet sind.

Auch sein Appell – in "Amoris laetitia" niedergelegt –, die Ehe- und Familienkatechese zu erneuern und zu vertiefen, verhallt hierzulande. In Deutschland scheinen Sorgen wie die ökumenische Interkommunion vordringlich zu sein – oder die Frage, ob in zweiter säkularer Ehe lebende Personen das Sakrament des Altares empfangen dürfen. Die Sehnsucht nach dem Bußsakrament übrigens äußert kaum jemand. Nicht unsere Wünsche oder Meinungen bilden die Herzmitte der Kirche, sondern Christus. Papst Franziskus forderte dazu auf, die Ehe- und Familienkatechese ernst zu nehmen. Auf dem "Synodalen Weg" scheint auch dieses Spektrum an wichtigen Themen vollkommen unberücksichtigt zu bleiben. Stattdessen gibt es Versuche, bestimmte Formen säkularer Lebens- und Liebesgemeinschaften, die der verbindlich gültigen Lehre der Kirche zuwiderlaufen, auf gewisse Weise wohlwollend anzuerkennen. Vergessen wir nicht, dass die Kirche das Sakrament des Heils ist, über das niemand verfügen darf und kann – kein Papst, kein Bischof, kein Priester und natürlich auch keine synodale Versammlung. Wir dienen der Kirche des Herrn, nicht umgekehrt.

Wenn in diesen Tagen darüber nachgedacht wird, den heiligen Johannes Paul II. zum Patron Europas zu erheben, so wäre dies ein guter Anlass, seine Lehre zu bedenken und zu vertiefen. Auf seiner ersten Apostolischen Reise nach Deutschland vor 40 Jahren hat er vielerorts eindringlich an die Schönheit des christlichen Lebens in der Familie erinnert. Er sprach werbend von der Hauskirche, in der auch Priesterberufungen wachsen können. Wir sehen heute noch mehr, wie sehr sich christliche Lebensformen auflösen und Verwirrung wie Verunsicherung zunehmen. Papst Johannes Paul II. erkannte damals die Formen säkularer Dekadenz scharfsichtig. 1980 herrschte in Osteuropa noch die Ideologie des Kommunismus, aber die westliche Welt erlag den Täuschungen und Versuchungen des Konsumismus.

So wie Papst Franziskus heute wurde auch der heilige Johannes Paul II. nicht verstanden. Er äußerte sich ungeschmeidig. Für bestimmte Lebensweisen und Lebenspraktiken hatte er keine Sympathie, im Gegenteil, er warnte davor. Der Papst appellierte eindringlich an die jungen Menschen und warnte vor Bindungen auf Zeit oder außerehelichen Beziehungen: "Man kann nicht nur auf Probe leben, man kann nicht nur auf Probe sterben. Man kann nicht nur auf Probe lieben, nur auf Probe und Zeit einen Menschen annehmen." Das Geschenk des Lebens, das wir empfangen haben, steht nicht zu unserer freien Verfügung. Wir sind weder zur Selbstgestaltung noch zur Selbstverwirklichung aufgerufen, was immer das sein mag. Deswegen beten wir auch, wie der Herr selbst uns zu beten gelehrt hat: Dein Wille geschehe. Wir werden auch nicht auf Probe getauft. Wir haben eine Aufgabe, eine Bestimmung, eine Berufung. Wer – damals und heute – die Worte des Heiligen Vaters bedenkt, wird erkennen, dass es einfach nur wahr ist, was er sagte: Wir möchten doch auch nicht auf Probe arbeiten oder ständig neue Zeitverträge eingehen. Wir möchten nicht gebraucht und ausgenutzt werden. Wir möchten ankommen und bleiben dürfen. So wollen wir uns auch in der Partnerschaft nicht bedingt binden, nicht bedingt lieben und nicht bedingt geliebt werden. Auf das bedingungslose Ja-Wort richten junge und nicht mehr ganz so junge Menschen ihre Sehnsucht und ihre Hoffnung. Aber warum scheuen wir uns davor, Kleriker wie Weltchristen, das Evangelium von der Familie zu verkünden und zu bezeugen? Auch der Priester stellt sich nicht teilweise, sondern ganz in den Dienst der Kirche. Daran hat Papst Franziskus vergangene Woche deutlich erinnert. Auch die Liebesgemeinschaft erfordert das Ja der Person. So geben sich Mann und Frau, verbunden im Sakrament der Ehe, liebend einander hin.

Die Kirche des Herrn verkündet die anstößige, aber einfache und auch im Grunde leicht einsehbare Wahrheit des Glaubens. Die Kirche befriedigt nicht die Bedürfnisse der Modernisten. Würde sie das tun, dann hätte sie sich von der Botschaft, die zu verkündigen sie bestellt ist, vollständig entfremdet. Nötig sind heute nicht Strukturreformen, sondern die Umkehr des Herzens und die Hinwendung zu Christus, also geistliche Vertiefungen. Empfohlen sei darum auch das Gebet, mit dem das Nachsynodale Apostolische Schreiben "Amoris laetitia" endet:

 

Gebet zur Heiligen Familie

 

Jesus, Maria und Josef,

in euch betrachten wir

den Glanz der wahren Liebe,

an euch wenden wir uns voll Vertrauen.

 

Heilige Familie von Nazareth,

mache auch unsere Familien

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und zu Gemeinschaften des Gebetes,

zu echten Schulen des Evangeliums

und zu kleinen Hauskirchen.

 

Heilige Familie von Nazareth,

nie mehr gebe es in unseren Familien

Gewalt, Halsstarrigkeit und Spaltung;

wer Verletzung erfahren

oder Anstoß nehmen musste,

finde bald Trost und Heilung.

 

Heilige Familie von Nazareth,

lass allen bewusst werden,

wie heilig und unantastbar die Familie ist

und welche Schönheit sie besitzt im Plan Gottes.

 

Jesus, Maria und Josef,

hört und erhört unser Flehen.

 

Amen.

 

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