Der Kurzfilm "Invisibles" (Unsichtbar) von Guido Freddi erzählt die Geschichte von fünf Kindern in Frankreich. Sie sind Opfer von Menschenhändlern, mit entsprechenden Folgen: Haushaltssklaverei, sexuelle Ausbeutung und Bettelei.

Der Film wurde am im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung im Kinosaal der Vereinten Nationen in Genf gezeigt, präsentiert von Geneviève Colas von "Secours Catholique", der Koordinatorin des Verbands "Zusammen gegen den Menschenhandel" sowie Caritas Europa. 

Die Veranstaltung wurde von Maria Giammarinaro, der Sonderberichterstatterin zu Menschenhandel, besonders Frauen und Kinder, unter Beteiligung von Secours Catholique/Caritas Frankreich organisiert.

Mitveranstalter waren die ständigen Botschaften Deutschlands, der Philippinen, Italiens und Frankreich bei den Vereinten Nationen in Genf.

Ziel war es, Bewusstsein zu schaffen und Informationen auszutauschen, wie Kinder, die zu Opfern werden, identifiziert werden können, und wie ihnen zu helfen ist.

Martina Liebsch, Leiterin der Internationalen Geschäftsstelle, Caritas Internationalis sagte: "Ich denke, wie in der Diskussion erwähnt wurde, dass manche Leute meinen, so etwas würde nur irgendwo weit Weg am Ende der Welt passieren und nicht etwa in unseren, sagen wir, wohlhabenden Ländern. Das macht es noch schlimmer, denn wir sehen, dass es eine Menge Schlupflöcher zu geben scheint, so dass diese Dinge unbemerkt stattfinden können. Niemand kümmert sich darum. Insofern denke ich, dass das Medium Film sehr aufklärend sein kann. "

"Erziehung zur Empathie"

Der Regisseur des Films Guido Freddi hebt hervor, dass jeder einzelne vor der Entscheidung steht," entweder nicht zu beachten, was vor sich geht und so zu tun, als gäbe es das nicht – leider verhalten wir uns normalerweise genauso. Oder aber Empathie zu zeigen und dem andern zu helfen. Das ist eine Frage der Bildung. Darüber gibt es neurologische Studien. Deshalb ist also Erziehung zur Empathie anhand von Tatsachen so wichtig. Diese beiden Aspekte zusammen werden das Problem von Grund auf beseitigen. Allerdings braucht es dazu Zeit, Energie und Verständnis."

Der Film richtet sich an die Gesellschaft im Allgemeinen, vor allem aber an Menschen, die die Opfer ausfindig machen können: Erzieher, Sozialarbeiter, Menschen in Gesundheitsberufen, Polizisten, Richter, nationale und internationale Institutionen.

Weil Vertreibung familiäre Instabilität bedeutet, Familienbande oder gesellschaftliche Strukturen zerstört, sind Kinder besonders im Kontext von Migration der Gefahr von Menschenhandel und Ausbeutung ausgesetzt.

Rolle von Apps und Medien

Tausende unbegleiteter Kinder sind verschwunden – viele sind vermutlich zu Ausbeutungszwecken entführt worden. Ein Werkzeug der Verbrecher sind Smartphones und Soziale Medien, so das FBI. Hinzu komme die Sexualisierung und Gewalt in Filmen und im Fernsehen sowie andere moralisch schädliche Inhalte.

Die Schauspielerin und Filmemacherin Ilario Borrelli stimmt dem zu: "Ja ich denke die Medien sind mit verantwortlich für die steigende Kinderprostitution. Heutzutage lernen die jungen Menschen Sex durch Pornofilme im Internet ...und werden selbst immer gewalttätiger durch mehr und mehr gewaltverherrlichende Filme.”

Auch weil Familien Kinder alleine auswandern lassen, sei es aus finanziellen Gründen oder anderen, laufen minderjährige Auswanderer Gefahr, von Menschenhandel und Ausbeutung betroffen zu sein.

Bilden und Sensibilisieren

Für Sidi Ahmed Hormatallah, der die Veranstaltung besuchte und der Chef des "Sahara Verbandes für Nachhaltige Entwicklung und Förderung von Investitionen" (ASDI) ist, ist Bildung der erste Schritt, "um Kinder dafür zu sensibilisieren. Und ich denke, die Menschen sollten mehr darüber wissen und ein offenes Ohr für den Hilfeschrei von Kindern haben."

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Insbesondere verarmte Gesellschaften und gefährdete Familien werden von Menschenhändlern ins Visier genommen. Sie versprechen, für die Ausbildung der Kinder aufzukommen oder sie zu qualifizieren. Schließlich beuten sie diese aus, zwingen sie zu Prostitution, Zwangsarbeit, Betteln und verschiedenen Straftaten oder geben sie zu illegaler (ordnungswidriger) Adoption frei. Oft werden Minderjährige gezwungen, unter ausbeuterischen Bedingungen zu arbeiten oder von ihren eigenen Familien zwangsverheiratet. Unbegleitete Kinder haben sowohl auf ihrer gefährlichen Reise, wie auch in überfüllten Lagern ein größeres Risiko, Menschenhändlern zum Opfer zu fallen.

Erzbischof Ivan Jurkovič, Ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei der UN Genf, bewertete die Veranstaltung positiv: "Ich denke, die heutige Veranstaltung ist vielleicht eine der besten Vorbeugemaßnahmen. Nämlich die tragischen Erfahrungen von Menschen zusammenzutragen, die überlebt haben und ohne größeren Schaden davongekommen sind. Sie zeigen uns nicht nur das Problem, das Ausmaß des Problems, sondern klagen uns auch an, die wir angesichts solcher ungeheuren Tragödien gleichgültig bleiben."

Politisches Versagen und eine globale Völkerwanderung

Wer Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung überlebt hat, erfährt danach nicht selten Diskrimination, Stigmatisierung und einen bedenklichen Mangel an Unterstützung oder Reintegrationshilfe. Dazu gehöre etwa Rechtsbeistand, psychologische Betreuung, Bildung und Sozialhilfe. Den spezifischen körperlichen und seelischen Nöten von minderjährigen Opfern von Menschenhandel werde oft nicht Rechnung getragen, was längerfristig eine ernstzunehmende Gefahr für ihre Entwicklung darstelle, so Experten.

Vor dem Hintergrund der größten Völkerwanderung aller Zeiten und stellenweise schweren politischen Versagens und Fehlsteuerns, floriert der Menschenhandel: Die Verbrecher profitieren von den Millionen, die ein besseres Leben oder einfach nur ein Überleben im Ausland suchen, profitieren vom politischen Versagen und den oft gut gemeinten, aber letztlich fatalen Maßnahmen, wie das Beispiel des Mittelmeers dramatisch zeigt.

Auf der Flucht vor Konflikten oder der Suche nach einem besseren Leben fallen Kinder immer wieder Menschenhändlern und der Ausbeutung durch Kinderarbeit, Zwangsprostitution, Zwangs-und Kinderehen, Organhandel und Bettlerei zum Opfer.

Pater Mike Deeb OP, Ständiger Beobachter der Dominikaner für Gerechtigkeit und Frieden bei den Vereinte Nationen, sagte:

"Das ist ein Phänomen, das überall und zunehmend als Realität wahrgenommen wird. Und wir müssen jedem helfen zu verstehen, dass das wirklich passiert und warum wir nichts davon mitkriegen."

Gleichermaßen werden Auswanderer und Asylsuchende, unter ihnen zahlreiche unbegleitete Kinder, sogar in Flüchtlingslagern entführt oder geködert, verkauft und anschließend für Erpressungszwecke gefangen gehalten. Nur wenige Menschenhändler werden jedoch ermittelt und verurteilt.

"Die katholische Kirche und der Papst sind in der Sache sehr engagiert, versichert Erzbischof Ivan Jurkovič, "deshalb hat der Papst diesem Thema einen erheblichen Teil seiner Botschaft zum Welttag der Migration gewidmet. Und auch die Bischöfe Zentralamerikas sind bei einer glaubensbasierten Initiative namens "CLAMOR" dabei, bei der viele Christen verschiedener Denominationen sich zusammengeschlossen haben, um für die einzutreten, die dem Kinderhandel schutzlos ausgesetzt sind."

Siwa Henriette Siliadin, eine Diskussionsteilnehmerin, ist selbst ein Opfer. Sie sagte: "Ich selbst habe es noch nicht ganz verinnerlicht was mir vor 20 Jahren angetan wurde. und wie Menschen, vielleicht Ihr Nachbar, zu solchen Gräueltaten fähig sind."

Die bei dieser Veranstaltung gewonnenen Informationen werden zusammen mit dem von den beiden UN Sonderberichterstatterinnnen für Menschenhandel und Kinderprostitution gesammelten Material in deren nächsten Bericht vor der UN Hauptversammlung diesen Herbst einfließen.

Der gesamte Kurzfilm mit englischen Untertiteln:

Dieser Artikel wurde von unserem Genfer UN-Korrespondenten Christian Peschken von Pax Press Agency, Genf, verfasst. Der Bericht ist auch im Rahmen der EWTN.TV-Sendung 'Vaticano' zu sehen. Mehr zu Pax Press Agency unter www.paxpressagency.com