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"Bei Gott ist kein Ding unmöglich": Im Gespräch mit Anna Diouf über den WJT Lissabon

Anna Diouf moderierte live beim Weltjugendtag in Lissabon
EWTN-Redakteurin Anna Diouf (li.) und Franziskus Harter live vom Weltjugendtag in Lissabon.
Pilger aus verschiedenen Ländern treffen am Flughafen Lissabon ein.
Rosenkränze, Schlüsselbänder und Kappen beim Weltjugendtag in Lissabon
Jugendliche beim Weltjugendtag in Lissabon
Eröffnungsmesse beim Weltjugendtag in Lissabon
Papst Franziskus am 2. August 2023 nach seiner Landung in Lissabon
Papst Franziskus am 3. August 2023 beim Weltjugendtag in Lissabon
Papst Franziskus mit freiwilligen Helfern des Weltjugendtags in Lissabon am 6. August 2023

Zuschauer von EWTN.TV und Katholiken in den Sozialen Medien kennen Anna Diouf: Die Journalistin arbeitet als Redakteurin bei dem katholischen Fernsehsender mit Sitz in Köln. Auf dem bewegenden Weltjugendtag in Lissabon mit Katholiken aus aller Welt war sie als Moderatorin der Live-Sendungen und als Social-Media-Redakteurin vor Ort. 

CNA DEUTSCH: Wie hattest du dich auf deine Reise nach Lissabon vorbereitet, sowohl geistlich als auch praktisch?

ANNA DIOUF: Ich habe mich vor allem beruflich auf den Weltjugendtag vorbereitet: Ich habe zu Land und Leuten recherchiert, und auch zur Veranstaltung selbst – ich war vorher noch nie auf einem Weltjugendtag gewesen, und wusste nicht wirklich, was mich erwarten würde. Eine so große, intensive Serie von Live-Übertragungen zu stemmen, war natürlich heftig. Wir haben insgesamt 10 Live-Sendungen in sechs Tagen produziert, mit ganz verschiedenen Interviewgästen. Da waren viele Monate der Vorbereitung notwendig. Und das war dann durchaus auch ein geistlicher Prozess. Zum Beispiel habe ich mich viel mit den Patronen des Weltjugendtags beschäftigt – und habe da einige mir völlig unbekannte Heilige und Selige kennengelernt, die mich von nun an in meinem Glaubensleben begleiten werden.

Was waren einige der Höhepunkte deiner Erfahrung auf dem Weltjugendtag? 

Der absolute Höhepunkt stand für mich ganz am Anfang. Ich kam aus dem Pressezentrum und ging vor der Sendung zur Eröffnungsmesse ziemlich gestresst zum Set. Die Atmosphäre war von glaubensvoller Freude und Ausgelassenheit geprägt, ein Miteinander im Glauben. Stress und Müdigkeit waren wie weggefegt. Diese Intensität hat mich umgehauen, im positiven Sinne.

Bei der Abschlussmesse ist dann etwas geschehen, was mich sehr bewegt hat: Die Sets der Fernsehsender waren in großen Containern am Rand des Geländes aufgebaut. Ich nutzte die Zeit während der heiligen Messe zum Durchatmen – wir hatten ja tagelang durchgearbeitet. Aber man hatte tatsächlich daran gedacht, den Leib des Herrn auch zu den Journalisten zu tragen! Und so stand plötzlich der Herr vor uns. Das fand ich unglaublich berührend: Dass der Herr zu uns gebracht wurde, in diese geschäftige und säkulare Welt der Medien, das war für mich ein Erweis einer großen Achtsamkeit und, ich weiß nicht, wie man das ausdrücken soll; einer Zärtlichkeit der Kirche, die sich um ihre Kinder kümmert: Die darauf achtet, dass auch diejenigen, die gerade schwer arbeiten, mit dem Himmelsbrot gestärkt werden können.

Papst Franziskus winkt der Menge von 1,5 Millionen Menschen zu, die am 6. August 2023 an der Abschlussmesse des Weltjugendtags in Lissabon, Portugal, teilgenommen haben. (Foto: Vatican Media)

Wie hast du deine— letztlich ja nicht ganz ablegbare, oder? — Rolle als Journalistin aber eben auch als Pilgerin unter einen Hut gebracht? Was waren einige der wichtigsten Geschichten oder Themen?

Ich wollte meine Rolle als Journalistin gar nicht ablegen. Wobei man sagen muss: Ich war ja nicht investigativ unterwegs, sondern als Moderatorin. Meine Aufgabe und mein Ziel war, gute und spannende Interviews zu führen. Als Pilgerin habe ich mich eigentlich nur am Sonntag vorher gefühlt – da hatten wir etwas Zeit, um die Geburtsstätte des Heiligen Antonius aufzusuchen. Und auf der Rückreise in Fátima. Trotzdem hat man über die feiernde Menge um einen herum immer auch selbst viel mitnehmen können. Ich erinnere mich an einen Moment während einer Live-Sendung, als der Jubel über den gerade eintreffenden Papst aufbrandete. Wir alle am Set waren einen Moment lang so überwältigt, dass wir einfach die Bilder und die Stimmung genießen mussten. Da war einen Augenblick lang einfach nichts mehr möglich außer Schauen und sich Mitfreuen. Ich muss hinzufügen, dass ich gar kein Freund von Massenveranstaltungen bin. Dass die Stimmung so wahrhaftig und glaubensvoll war, hat mich überrascht.

Wir hatten so wundervolle Interviewgäste, dass ich nicht sagen könnte, was am wichtigsten war. Da war das Interview über die Beichte mit Bischof Bertram Meier – starke Worte. Die Interviews mit dem YOUCAT, mit Bischof Stefan Oster, mit Weihbischof Dominikus Schwaderlapp, mit den schweizerischen Pilgerinnen Nina und Claudia; ich kann sie wirklich nicht alle nennen. Ich kann nur sagen: Es waren unzählige kostbare Momente und unzählige Interviews, ganz unterschiedlich, und jedes auf seine Art relevant und wertvoll.

Wie war die Begegnung mit anderen jungen Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen? Was hast du von ihnen gelernt?

Das Glaubenszeugnis der verfolgten Christen hat mich beeindruckt. Meine Kollegin Franziska Harter von der Tagespost war als Gastmoderatorin für uns dabei und hat unter anderem mit jungen Christen aus dem Orient gesprochen, aus dem Irak, aus Ägypten, usw. Wenn ein Mädchen, das vor dem IS fliehen musste, auf die Frage, was man für die verfolgten Christen tun könne, sagt, man könne die Kirchen wieder aufbauen, denn es sei so schwer, ohne Kirche zu leben – da schämt man sich doch nur noch für manche Sachen, die bei uns geschehen. Jeder einzelne von ihnen hat während der Interviews fast nur von Jesus gesprochen. Jesus, der Hoffnung, Stärke und Kraft ist, Jesus, der rettet, Jesus, Jesus, Jesus. Jesus in der Mitte, das klingt gut und überzeugend, wenn es ein Bischof sagt. Aber wenn das ein junger Mensch sagt, der Dinge ertragen muss, die niemand erleiden sollte, dann ist das einfach nur noch überwältigend.

Weltjugendtag in Lissabon live: Annia Diouf, Franziska Harter und EWTN-Programmdirektor Martin Rothweiler (v.l.). (Foto: EWTN.TV / Screenshot)

Wie hast du Papst Franziskus auf dem Weltjugendtag erlebt? Welche seiner Botschaften oder Gesten haben dich beeindruckt oder herausgefordert?

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Ich war zuerst einmal beeindruckt über das Arbeitspensum, das er sich auferlegt hat. Er war ja in diesen Tagen nonstop unterwegs, hat Apostolische Reise und Weltjugendtag unter einen Hut gebracht. Ich finde das bewundernswert. Und es zeigt, wie wichtig ihm die jungen Menschen sind. Mir ist aufgefallen, dass er besonders bei den Ansprachen vor jungen Leuten sehr lebendig und enthusiastisch war. Seine Ansprache während der Vesper im Hieronymuskloster war wundervoll. Er hat da in unsere Situation in Deutschland hineingesprochen.

Herausfordernd war, dass er viel frei gesprochen hat. Ich verstehe zum Glück genügend Spanisch, aber trotzdem möchte man sich natürlich vorbereiten. Wenn er dann mittendrin plötzlich vom Skript abweicht, muss man ziemlich flexibel sein.

Papst Franziskus mit freiwilligen Helfern des Weltjugendtags in Lissabon am 6. August 2023. (Vatican Media)

Wie hat der Weltjugendtag deinen persönlichen Glauben und deine beruflichen Ambitionen als Journalistin beeinflusst?

Ich würde nicht sagen, dass der WJT meinen Glauben entscheidend beeinflusst hat, abgesehen von der Stärkung durch die Gemeinschaft im Glauben. Allerdings hat er mich in meiner Vorstellung vom Katholischsein bestärkt. Ich höre z.B. gern Metal, tanze gern, mag Witz und Humor; aber ich liebe auch die Anbetung, den Gregorianischen Choral, die Pracht und Würde der Liturgie, z.B. der ostkirchlichen Riten. Ich habe oft den Eindruck, dass deutscher Katholizismus wahnsinnig bieder und angestrengt ist. Es gibt jene, die die Krise kriegen, wenn sie eine E-Gitarre nur sehen, und die sich peinlich bemühen, bloß nie normal zu wirken. Und es gibt die andern, die sich bemühen, bloß nie irgendetwas zu bejahen, was die Kirche lehrt, und bloß nichts so zu tun, wie die Kirche es vorsieht. Sie wollen modern sein, halten aber eigentlich stur fest an Formen und Diskussionen, die vor 40, 50 Jahren „in“ waren. Wenn man ganz normal lebt, und dabei die katholische Lehre als wahr anerkennt und glaubt, kommt man sich in Deutschland manchmal wie ein Exot vor. Auf dem Weltjugendtag habe ich gesehen, dass das geht: Dieselben Leute, die eben noch getanzt und gejubelt haben, waren mucksmäuschenstill während der Wandlung. Ein Gänsehautmoment. Ich muss weder wunderlich noch ein Revoluzzer sein, um ganz normal katholisch zu sein.

Welche Lektionen oder Erkenntnisse hast du vom Weltjugendtag mitgenommen, die du gerne mit anderen jungen Katholiken in Deutschland oder auf der ganzen Welt teilen möchtest?

Nun ja, ich bin ja nicht mehr Weltjugendtagsklientel, aber als nicht mehr junge Katholikin möchte ich mit den jüngeren teilen, dass sie wirklich vertrauen dürfen, und dass die Kirche liebenswert ist. Alle propagieren Vielfalt, aber die Kirche lebt sie. So selbstverständlich, dass sie vielleicht manchmal selber gar nicht merkt, was sie zur Verständigung und zum friedlichen Umgang der Menschen und Völker untereinander beigetragen hat und beiträgt. Man hat das ganz konkret gesehen: Es gab ein hohes Aufkommen an Polizei, die praktisch nichts zu tun hatte, es gab keine Ungeduld, keine Aggression, obwohl die Jugendlichen z.B. lange warten mussten, etwa um in die U-Bahnstationen zu gelangen. Das ist etwas Besonderes!

Wie willst du den Geist des Weltjugendtags in deinem Alltag und deiner Arbeit nach deiner Rückkehr nach Deutschland lebendig halten?

Ich möchte mir vor Augen halten, dass die Weltkirche eine unglaublich konkrete Gemeinschaft ist. Ich habe ja das Glück, bei EWTN sehr international arbeiten zu dürfen, das erleichtert es schon, nicht in provinzielle Selbstbespiegelung zu verfallen. Aber trotzdem muss man sich immer wieder sagen: Deutschland ist nicht der Nabel der Welt, schau dich mit offenen Augen um, was woanders passiert.

Was sind deine Hoffnungen oder Erwartungen für den nächsten Weltjugendtag, der 2027 in Südkorea stattfinden wird?

Als das Land verkündet wurde, habe ich laut losgejubelt. Da hatte ich definitiv keine professionelle Distanz mehr: Ich kenne sehr viele Koreaner, habe sie als warmherzige, ganz tolle Menschen kennengelernt, und freue mich einfach unendlich für dieses Volk und dieses Land. Natürlich würde ich mir wünschen, dass vom Weltjugendtag 2027 ein Friedensimpuls auch nach Nordkorea ausgesandt werden kann. Ich habe einige Jahre in Sachsen gelebt, und als Deutsche bin ich so dankbar, dass wir die Trennung überwinden konnten und durften, dass wir ein Volk sind. Deshalb schlägt mein Herz besonders für die Koreaner, für die ich mir so sehr erhoffe, dass sie einander eines Tages in die Arme fallen dürfen und Bilder wie die von 1989 auch von Korea aus um die Welt gehen. Eine ambitionierte Hoffnung, aber bei Gott ist kein Ding unmöglich.

Anna Diouf ist Redakteurin beim katholischen Fernsehsender EWTN.TV. Auf dem Weltjugendtag in Lissabon war sie als Moderatorin der Live-Sendungen und als Social-Media-Redakteurin vor Ort. Folgen Sie ihr auf X (früher Twitter).

 
 
 
 

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