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„Amoris laetitia“ und die wirklichen Herausforderungen für die Familie

Papst Franziskus

Vor welchen Herausforderungen steht die christliche Familie heute? In der Kirchenprovinz Deutschland könnten wir an die Entfremdung vom Naturrecht, vom christlichen Menschenbild, und an die säkularen Gedanken über sogenannte „gelingende Beziehungen“ auf dem Synodalen Weg denken. Junge Familien erwarten und erhoffen sich von der Kirche Gottes Begleitung, Bestärkung und geistliche Ermutigungen. Doch vielfach bekommen sie Steine statt Brot.

Papst Franziskus weist in „Amoris laetitia“ auf die Lebenswirklichkeit und die wirklichen Herausforderungen hin, vor denen die Familie heute steht. Eindeutig betont er: „Das Wohl der Familie ist entscheidend für die Zukunft der Welt und der Kirche.“ Doch haben Bischöfe und engagierte Weltchristen dies wirklich im Blick? Franziskus warnt vor der „individualistischen Kultur“ und deren Verlockungen. Vergessen scheinen viele Kleriker und Weltchristen heute zu haben, dass die Botschaft des Evangeliums und der Kirche nicht auf Selbstverwirklichung ausgerichtet ist, sondern auf Heiligkeit. Die gegenwärtige geistige und kulturelle Situation, so führt der Papst aus, verbunden mit dem Streben nach Genuss, bringe „Dynamiken der Abneigung und Aggressivität hervor“. Gift für das Wohl der Familie sind die Abkehr von Verbindlichkeiten, die laue Bequemlichkeit und die Arroganz im Alltagsleben.

Franziskus legt dar: „Die Freiheit der Wahl erlaubt, das eigene Leben zu planen und die persönlichen Stärken zu entfalten, doch wenn dieser Freiheit die edlen Ziele fehlen und sie nicht mit persönlicher Disziplin verbunden ist, verkommt sie zu einer Unfähigkeit, sich großherzig hinzugeben.“ Er diagnostiziert gemeinsam mit den Synodenvätern, dass Bindungen vernachlässigt werden, dafür aber die „Unbeständigkeit der Wünsche“ vorherrscht. In dieser Situation ist das Sakrament der Ehe im Zeitalter des Relativismus in Gefahr: „Im Grunde ist es heute leicht, die echte Freiheit mit der Vorstellung zu verwechseln, dass jeder urteilen mag, wie er meint, als gebe es jenseits der einzelnen Menschen keine Wahrheiten, Werte und Grundsätze, die uns orientieren, als sei alles gleich und müsse alles erlaubt sein. In diesem Kontext wird das Ideal der Ehe mit ihrer durch Ausschließlichkeit und Beständigkeit charakterisierten Verbindlichkeit schließlich ausgelöscht durch die umstandsbedingten Zweckmäßigkeiten oder durch die Launen der inneren Regungen.“

Die Aufgabe der Christen liege darin, für die Ehe einzustehen und dem „heutigen Empfinden“ zu widersprechen. Er empfiehlt eine positive Darstellung der kirchlichen Lehre über die Ehe, mit Wohlwollen und Güte, zugleich eine „heilsame Selbstkritik“ gegenüber bestehenden Formen der Verkündigung, die für die Schönheit der Ehe wenig Raum ließen: „Wir haben häufig die Ehe so präsentiert, dass ihr Vereinigungszweck – nämlich die Berufung, in der Liebe zu wachsen, und das Ideal der gegenseitigen Hilfe – überlagert wurde durch eine fast ausschließliche Betonung der Aufgabe der Fortpflanzung. Auch haben wir die Neuvermählten in ihren ersten Ehejahren nicht immer gut begleitet, etwa mit Angeboten, die auf ihre Zeitpläne, ihren Sprachgebrauch und ihre wirklich konkreten Sorgen eingehen. Andere Male haben wir ein allzu abstraktes theologisches Ideal der Ehe vorgestellt, das fast künstlich konstruiert und weit von der konkreten Situation und den tatsächlichen Möglichkeiten der realen Familien entfernt ist.“ Die „übertriebene Idealisierung“ habe die Ehe nicht erstrebenswert und attraktiv gemacht. Franziskus wirbt dafür, ernsthaft und gütig Ehepaare zu begleiten und bestehende Probleme nicht kleinzureden: „Wir haben Schwierigkeiten, die Ehe vorrangig als einen dynamischen Weg der Entwicklung und Verwirklichung darzustellen und nicht so sehr als eine Last, die das ganze Leben lang zu tragen ist. Wir tun uns ebenfalls schwer, dem Gewissen der Gläubigen Raum zu geben, die oftmals inmitten ihrer Begrenzungen, so gut es ihnen möglich ist, dem Evangelium entsprechen und ihr persönliches Unterscheidungsvermögen angesichts von Situationen entwickeln, in denen alle Schemata auseinanderbrechen. Wir sind berufen, die Gewissen zu bilden, nicht aber dazu, den Anspruch zu erheben, sie zu ersetzen.“ So empfiehlt Franziskus Achtsamkeit und erinnert auch daran, dass in manchen Ländern in Afrika trotz der fortschreitenden Säkularisierung die traditionellen Werte noch fortbestehen, denn „in jeder Eheschließung ereignet sich eine starke Vereinigung zwischen zwei Großfamilien, in denen sich noch ein wohldefiniertes System der Handhabung von Konflikten und Schwierigkeiten erhalten hat“.

Doch wird heute – in der katholischen Kirche in Deutschland etwa – das „Zeugnis der Ehe“ gewürdigt? Wird wertgeschätzt, dass Ehepaare wechselvolle Zeiten durchgestanden haben und „weiter gemeinsame Pläne haben und die gegenseitige Zuneigung bewahren“? Dazu ermutigt Franziskus und wünscht sich eine „positive, einladende Pastoral“. Wofür soll also die katholische Lehre von der Ehe heute stehen? Leidenschaftlich legt der Papst dar: „Wir verbrauchen die pastoralen Energien, indem wir den Angriff auf die verfallende Welt verdoppeln und wenig vorsorgende Fähigkeit beweisen, um Wege des Glücks aufzuzeigen. Viele haben nicht das Gefühl, dass die Botschaft der Kirche über Ehe und Familie immer ein deutlicher Abglanz der Predigt und des Verhaltens Jesu gewesen ist, der zwar ein anspruchsvolles Ideal vorgeschlagen, zugleich aber niemals die mitfühlende Nähe zu den Schwachen wie der Samariterin und der Ehebrecherin verloren hat.“

Nicht das sakramentale Verständnis der Ehe wird zeitgeistlich erneuert oder auf törichte Weise modernisiert, nicht das Naturrecht und das christliche Menschenbild werden aufgegeben, sondern das Positive wird neu zum Glänzen gebracht: die Glieder der Kirche sind dazu berufen, die Schönheit dieser „Wege des Glücks“ zu bezeugen und die „mitfühlende Nähe“ glaubwürdig gemäß der Botschaft Jesu zu zeigen. So ist es bezeichnend und traurig, dass auf dem deutschen Synodalen Weg nicht positiv über Ehe und Familie im Sinne des Evangeliums gesprochen wurde. Wie lohnend wäre es, wenn die sensiblen pastoralen Gedanken über Ehe und Familie von Papst Franziskus heute Beachtung und Berücksichtigung finden könnten.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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