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Bekenntnis zur christlichen Lehre kann „sozialen Tod“ bedeuten: OIDAC-Chefin Anja Hoffmann

Anja Hoffmann von OIDAC Europe.

Laut dem jüngsten Bericht der Beobachtungsstelle für Intoleranz und Diskriminierung gegenüber Christen in Europa (OIDAC Europe) ist die Zahl antichristlicher Hassverbrechen in Deutschland zwischen 2022 und 2023 um 105 Prozent auf 277 Fälle gestiegen. Anja Hoffmann, die Chefin von OIDAC Europe, sprach mit CNA Deutsch über die Hintergründe, die Auswirkungen und mögliche Lösungen im Kampf gegen antichristliche Intoleranz in Europa.

Manche Stimmen könnten argumentieren, es sei „Meckern auf hohem Niveau“, wenn man die Situation von Christen in Europa mit den schweren Verfolgungen in Ländern wie Nigeria oder Nicaragua vergleicht. Wie stehen Sie zu diesem Vergleich, und wie rechtfertigen Sie die Bedeutung der Lage in Europa?

Uns ist wichtig, klar zwischen der weltweiten Christenverfolgung und dem immensen Leid der Christen in manchen Ländern und der Situation in Europa zu unterscheiden. Deshalb sprechen wir nicht von Christenverfolgung, sondern von Intoleranz gegen und Diskriminierung von Christen in Europa. Gleichzeitig dürfen wir auch bei dem, was in Europa passiert, nicht wegschauen. Gerade im Bereich der Diskriminierung am Arbeitsplatz und im öffentlichen Leben, kann es für Christen schwerwiegende Folgen haben, wenn sie ihre Glaubensüberzeugungen zum Ausdruck bringen.

Das Bekenntnis zu bestimmten Inhalten der christlichen Soziallehre – etwa, dass die Menschen als Mann und Frau füreinander geschaffen sind – kann in manchen Ländern Europas den Arbeitsplatz oder die politische Karriere kosten oder sogar ein Strafverfahren nach sich ziehen. Die Folgen für die Betroffenen sind immens, manche sprechen von der Erfahrung eines „sozialen Todes“.

Die Zahl antichristlicher Hassverbrechen in Deutschland ist laut OIDAC-Bericht drastisch gestiegen. Worin sehen Sie die Hauptursachen für diese Zunahme und welche gesellschaftlichen Faktoren könnten eine Rolle spielen?

Die Statistik „Politisch motivierte Hasskriminalität“ des deutschen Bundeskriminalamts weist zwischen 2022 und 2023 einen Anstieg von 135 auf 277, also um mehr als 100 Prozent, auf. In der deutschen Statistik wurde nur bei 92 Fällen von Kirchenvandalismus ein Täterhintergrund dargestellt, davon waren 31 „politisch rechts“, 16 „religiös-ideologisch“ und 14 „politisch links“ motiviert. Dies dürfte jedoch nur einen kleinen Ausschnitt darstellen.

Zum Vergleich: Bei den von OIDAC Europe für ganz Europa dokumentierten Fällen, bei denen ein Täterhintergrund ermittelt werden konnte (69), hatten die meisten Angriffe einen radikal-islamistischen Hintergrund (21), gefolgt von antireligiösen (14), linksextremistischen (13) und sonstigen politischen Motiven (12).

Diese unterschiedliche Motivlage deutet darauf hin, dass verschiedene Faktoren für den Anstieg verantwortlich sein dürften. Neben dem radikalen Islamismus spielen hier auch politische Randgruppen eine große Rolle, deren antichristliche Einstellungen ebenfalls zu Gewalt führen können.

Die Definition von Hassverbrechen durch die OSZE umfasst kriminelle Handlungen, die durch Vorurteile motiviert sind. Können Sie konkrete Beispiele nennen, wie sich diese Definition in den erfassten Fällen widerspiegelt, und wie die Behörden darauf reagieren?

Vorurteilsmotive werden entweder durch eine direkte an die Straftat geknüpfte Botschaft, wie Drohungen, oder auch durch gewisse Gesten deutlich. Letztere wären bei antichristliche Straftaten, beispielsweise das Köpfen christlicher Statuen, das Verbrennen von Bibeln oder Altären oder die Schändung sakraler Gegenstände. Ob diese auch als antichristliche Straftaten registriert werden, hängt natürlich von der Sensibilität der Behörden ab. In anderen Fällen ist das Vorurteilsmotiv klarer, da die Täter selbst ihre Absicht zum Ausdruck bringen. So wurde ein Mordversuch an einem christlichen Konvertiten muslimischer Herkunft in England vom Täter laut Gericht damit begründet, dass das Opfer vom Glauben abgefallen sei und deshalb den Tod verdiene.

Die OIDAC-Daten zeigen, dass es im Jahr 2023 über 2.000 Sachbeschädigungen an Kirchen in Deutschland gab. Welche Maßnahmen sind notwendig, um die Sicherheit dieser religiösen Einrichtungen zu gewährleisten und deren Schutz zu verbessern?

Viele Kirchen reagieren auf den zunehmenden Vandalismus mit der Schließung außerhalb der Gottesdienstzeiten, oft mit der Begründung, dass eine Videoüberwachung zu teuer sei und nicht rund um die Uhr jemand vor Ort sein könne. Hier muss der Staat gezielt unterstützen, zumal Kirchen als Orte des Gebets ein wichtiges Element der freien Religionsausübung sind. Verschlossene Kirchentüren sind das falsche Signal.

Eine enge Zusammenarbeit zwischen den lokalen Behörden und Kirchengemeinden kann helfen, um diesen Problemen zu begegnen. Das beginnt damit, dass solche Fälle überhaupt der Polizei gemeldet werden. Aus Bescheidenheit oder falsch verstandener christlicher Demut entscheiden sich Gemeindeleiter immer wieder, keine Anzeige zu erstatten, sodass die Behörden auch nicht aktiv werden können. Auf der anderen Seite ist es natürlich gut, wenn Kirchengemeinden versuchen, gerade in Anbetracht solcher Fälle positiv und proaktiv auf ihr Umfeld einzuwirken.

Der Bericht hebt hervor, dass nicht alle Sachbeschädigungen als antichristliche Hasskriminalität einzustufen sind. Wie könnte Ihrer Meinung nach zwischen allgemeinem Vandalismus und gezielten, antichristlich motivierten Angriffen besser unterschieden werden, und wie sollte der Staat darauf reagieren?

Wie erwähnt, achten wir bei der Dokumentation darauf, dass die Motivlage entweder an der Aussagen des Täters oder der Art der Sachbeschädigung, z. B. Enthauptung von Statuen oder Brandstiftungen, festgemacht werden kann. Dies erfordert von staatlicher Seite eine gewisse Sensibilität für die religiöse Dimension bzw. die Bedeutung sakraler Gegenstände für die Gläubigen.

In Deutschland beispielsweise werden in der bundesweiten Statistik nur politisch motivierte Straftaten erfasst, sodass religiöse Motive hier nicht umfassend abgebildet werden. Eine angezündete Bibel geht also nur dann in die Statistik ein, wenn dem Täter ein politisches oder weltanschauliches Motiv nachgewiesen werden kann. Nun könnte man meinen, dass das Eindringen in eine Kirche und das Anzünden der Bibel auf dem Altar eigentlich ein eindeutiges antichristliches Motiv darstellt.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Inwiefern spielt die öffentliche und polizeiliche Sensibilisierung für religiöse Diskriminierung und Gewalt eine Rolle bei der Erfassung und Verhinderung solcher Verbrechen? Haben Sie Beispiele für positive oder negative Entwicklungen auf diesem Gebiet?

Die Sensibilisierung der Behörden und der Verantwortlichen ist ein wichtiges Element. In diesem Zusammenhang beobachten wir einen zunehmenden „religiösen Analphabetismus“ bei Behörden und Medien, der dazu führen kann, dass die religiöse Dimension übersehen wird. Das merken wir manchmal auch bei der Dokumentation: Nachdem Vandalen im vergangenen Mai in einer deutschen Kapelle ein Kruzifix heruntergerissen und einer Heiligenfigur die Hand abgehackt hatten, kommentierten zwei lokale Medienkanäle – ungeachtet der Brutalität der Tat –, es gebe „keine Hinweise darauf, dass der Verdächtige aus Glaubensgründen oder gar aus Ablehnung der christlichen Kirche gehandelt habe“, nur weil der Täter unter Alkoholeinfluss stand.

Um Angriffen auf Kirchen und Hassverbrechen gegen Christen gezielt entgegenwirken zu können, bedarf es dringend einer umfassenderen Ursachenforschung. Zudem brauchen wir eine Sensibilisierung vor allem der jüngeren Generation. Damit antichristliche Ressentiments nicht in Vandalismus münden, sollten sie direkt angesprochen und bearbeitet werden.

Hinweis: Interviews wie dieses spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gesprächspartner wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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