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Familien kann man sich eben nicht aussuchen.

"Wenn Kinder merken, dass es Streit gibt in der Familie, versuchen sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, Frieden zu stiften – um jeden Preis."

500 Jahre sind es jetzt, seit dem großen Bruch unserer abendländischen Kirche. Während die Christen aus den protestantischen Kirchen den Thesenanschlag Luthers als Geburtsstunde ihrer Gemeinschaften feiern, fühlt es sich aus katholischer Sicht eher wie eine Scheidung an, vielleicht so wie die Scheidung unserer Großeltern.

Ein Moment, in dem sich unsere Familie getrennt hat. Mittlerweile sind wir dabei, uns mit den Protestantischen Kirchen als Patchwork-Familie zusammenzuraufen, was uns mal gut und mal weniger gut gelingt (Auch erschwert dadurch, dass bei den Protestanten nicht nur eherechtlich, sondern auch ekklesiologisch die Scheidung relativ einfach ist). Ob nun ein Grund zum Feiern, oder nicht, eines ist uns wahrscheinlich ebenso wie den evangelischen Christen klar: Hätte es die Spaltung 1517 nicht gegeben, wären wir größer, stärker und vielleicht sogar heiliger.

Zusammenhalten kann unfaßbar schwierig sein

Wenn wir Katholiken etwas aus dieser Sache lernen sollten, dann, welchen Wert die Einheit unserer Kirche, unserer Familie hat. Jeder, der aus einer großen Familie kommt weiß, wie unfassbar schwierig es sein kann, dass alle zusammenhalten - gerade wenn die Meinungen auseinandergehen. Und jeder der aus einer zerbrochenen Familie kommt weiß, wie unfassbar wertvoll diese Einheit ist. Wenn ich all das lese, was über einen innerkirchlichlichen Streit - nicht nur aber vor allem - um 'Amoris Laetitia' berichtet wird, habe in der letzten Zeit das Gefühl, dass eben diese Einheit in großer Gefahr ist.

Ich weiß nicht, ob es so weit geht, dass eine Scheidung im Raum steht, aber es scheint zumindest ordentlich Krach zu geben in der Kirche von Rom. Und wer sind die am meisten Leidtragenden in diesem Streit: die Kinder – also wir. Wir verstehen und wir spüren, dass es da nicht um Banalitäten oder Alltäglichkeiten geht, sondern um etwas Wichtiges. Wir versuchen zu verstehen und nach unserem Urteil jeweils die richtige Seite auszuwählen. Denn wir wollen es richtig machen. Und wir wollen nicht alleine sein. Wir wollen Frieden, Einheit, Klarheit. Wenn Kinder merken, dass es Streit gibt in der Familie, versuchen sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, Frieden zu stiften – um jeden Preis.

Eine vereinte, gesunde, friedliche Familie

Wenn wir uns selbst fragen, wie wir mit dieser Kirche umgehen, die sich öffentlich streitet und von der ein Pessimist meinen könnte, dass sie kurz vor einer nächsten großen Scheidung steht, dann können wir als einfache Gläubige nur das Gleiche tun wie die Kinder. Alle unsere Kräfte, alle unsere Gebete, alle unsere Ängste und Sorgen darauf zu verwenden, dass es Frieden gibt. Frieden und Einheit für unsere Kirche heute, damit sie nicht wieder zerreißt, sondern trotz aller Fehler, Schwächen und Auseinandersetzungen zu dem wird, was sie in ihrer geistlichen Form immer ist und war: eine vereinte, gesunde, friedliche und dadurch unglaublich ausstrahlende Familie; eben die eine heilige katholische und apostolische Kirche.

Reinhild Elisabeth Rössler ist Vorsitzende des Mediennetzwerks Pontifex.

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