Osnabrück, 20 September, 2022 / 12:35 AM
Historiker und Juristen haben am Dienstag einen 600-seitigen Zwischenbericht zur Missbrauchsstudie für das Bistum Osnabrück vorgestellt. Es handelt sich um ein unabhängiges Forschungsprojekt der Universität Osnabrück, die von der Diözese mit der Durchführung beauftragt worden war.
"Die Bischöfe trifft eine individuelle Verantwortung bei Entscheidungen über den weiteren Einsatz Beschuldigter", betonte der Bericht. "Die Bischöfe Wittler und Averkamp sind dieser Verantwortung in den untersuchten Fällen kaum gerecht geworden und haben mehrfach ermöglicht, dass weitere Taten begangen werden konnten."
Ludwig Averkamp war von 1987 bis 1995 Bischof von Osnabrück. Sein Vorgänger war Helmut Hermann Wittler, der seit 1957 – also rund 30 Jahre lang – für die Diözese Verantwortung trug.
Auch Bischof Franz-Josef Bode, der seit 1995 für das Bistum Osnabrück zuständig ist, habe "in den ersten Jahrzehnten seiner Amtszeit mehrfach Beschuldigte, auch solche, an deren Gefährlichkeit kaum Zweifel bestehen konnte, in ihren Ämtern belassen oder in Ämter eingesetzt, die weitere Tatgelegenheiten ermöglichten, z. B. als Subsidiar und Pfarradministrator oder sogar mit Leitungsaufgaben in der Jugendseelsorge betraut".
"Die unter den deutschen Bischöfen herausragende Geste Bischof Bodes, der sich 2010 auf den Boden legte und die Betroffenen um Entschuldigung bat, ging mit dem Versprechen einher, die Hilfen für die Opfer ganz auszuschöpfen", so der Zwischenbericht. "Dies wurde in der Verwaltungspraxis seines Bistums gegenüber den Betroffenen jedoch nicht umgesetzt."
"Der Zwischenbericht enthält Fallbeispiele von 15 Priestern und einem Diakon, die beschuldigt werden, sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige oder Schutzbedürftige verübt zu haben", heißt es in der Zusammenfassung. "Er zeigt, wie die Bistumsleitungen sich verhalten haben, als sie von den Beschuldigungen Kenntnis erhielten. Es wird nachgezeichnet, welche Informationen die Bistumsleitungen hatten und welche Maßnahmen sie auf dieser Grundlage ergriffen haben."
In einer der Fallstudien heißt es zu Bischof Bode etwa, er "hätte darauf bestehen müssen, dass entschieden gegen den Beschuldigten vorgegangen wird, um dessen Handeln gegenüber Kindern und Jugendlichen sofort und sicher zu beenden. Dem Beschuldigten hätte insbesondere sofort verboten werden müssen, Kinder und Jugendliche in seiner Privatwohnung zu empfangen oder sich mit ihnen allein in einem geschlossenen Raum aufzuhalten; erst recht natürlich, ihnen Alkohol anzubieten. Die Einhaltung eines solchen Verbots hätte durch geeignete Maßnahmen überprüft werden müssen."
Die endgültigen Ergebnisse der Missbrauchsstudie für das Bistum Osnabrück sollen im September 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Bischof Bode will sich am Donnerstag zum Zwischenbericht äußern.
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