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Bischof Kohlgraf: „Der Hinweis auf den Zeitgeist ist ein Totschlagargument“

Bischof Peter Kohlgraf

Beim Fakultätentag in Mainz am Freitag hat Bischof Peter Kohlgraf betont: „Wenn Theologie auch die Zeit deutet, und in ihr die Zeichen der Zeit, ist sie nicht einfach Kind des sogenannten Zeitgeistes, wie ihr manchmal unterstellt wird. Der Hinweis auf den Zeitgeist ist ein Totschlagargument.“

„Der Zeitgeist, den manche geißeln, ist ja durchaus vielfältig“, ergänzte er. „Es gilt, ihn wahrzunehmen und im Geist des Evangeliums zu deuten. Ich nehme durchaus unterschiedliche Seiten wahr und wir müssen uns mit einigen Herausforderungen auseinandersetzen.“

Theologie nehme „keine populistischen Positionen ein, aber sie muss Kennerin des Wortes Gottes, der Tradition, aber eben auch der Zeit und Kultur sein, in der sie sich entfaltet“, führte Kohlgraf aus. „Nehme ich das Synthesepapier der Weltsynode ernst, wird es keine Positionen oder Problemlösung geben können, ohne dass den Ortskirchen in den jeweiligen Kulturen auch eigene Verantwortung und Entscheidung zugesprochen wird.“

Kohlgraf forderte, sich „auf die Werte der Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit“ zu konzentrieren und sich „für Solidarität mit den Ausgegrenzten“ einzusetzen: „Diese Werte sind nicht nur in der Kirche, sondern auch in unserer Gesellschaft von großer Bedeutung. Die Theologie sollte keine Angst davor haben, zum einen kritische Fragen an den Zeitgeist zu stellen, zum anderen aber mutig die Seiten des Zeitgeistes zu fördern und in die Kirche zu tragen, die dem Evangelium entsprechen.“

„Gerade in diesen Tagen habe ich große Bedenken, wenn Kirche nicht glaubwürdig für Demokratie und Gerechtigkeit eintreten kann“, so der Bischof von Mainz. „Theologie als Wissenschaft kann Fragen und Themen der Welt und der Menschen in die Diskussion einbringen, die andere Wissenschaften unter Umständen aus dem Blick verlieren.“

„Theologinnen und Theologen stehen in einer Verbindung zur Kirche, deren konkrete Gestalt sie auch kritisch anfragen“, erläuterte Kohlgraf. „Ich halte das für legitim. Theologie muss Reformen anregen, die mehr sind als Kosmetik. Als Bischof komme ich gut damit klar, theologisch nicht nur Bestätigung zu erfahren. Ich bitte aber darum, nicht ausschließlich durch die Brille der Macht und des Machtmissbrauchs betrachtet zu werden.“

Letztlich gelte: „Bei aller Unterschiedlichkeit der Rollen sitzen Bischöfe, Theologinnen und Theologen in einem Boot. Wir spüren wohl, dass die kirchlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen uns alle nicht unberührt lassen, es gibt für uns alle kein einfaches ‚weiter so!‘. Alle sind in der Gefahr, sich in der je eigenen Denkblase zu bewegen.“

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