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Kardinal Koch: „Eine Kirche, die nicht mehr missionieren würde, hätte deshalb bereits demissioniert“

Kardinal Kurt Koch

Für Kardinal Kurt Koch, den Präfekten des Dikasteriums für die Förderung der Einheit der Christen, gilt: „Eine Kirche, die nicht mehr missionieren würde, hätte deshalb bereits demissioniert.“ Der Kurienkardinal  äußerte sich im Gespräch mit der Zeitschrift Communio über die Zukunft der Kirche im Vorfeld der letzten Sitzungsperiode der Weltsynode.

Ein Thema des Gesprächs war die Frage nach dem missionarischen Auftrag der Kirche, den Papst Franziskus immer wieder betont hat. Koch äußerte seine Verwunderung darüber, dass der Begriff Mission in der Kirche oft mit Skepsis betrachtet werde: „Mit Verwunderung stelle ich immer wieder fest, dass Wort und Sache der Mission außerhalb der Kirche oft einen besseren Klang als innerhalb der Kirche haben. In der heutigen Welt pflegen jedes Unternehmen und jede Firma im Brustton der Überzeugung zu betonen: ‚We have a mission.‘ Wie sollte da ausgerechnet die Kirche keine ‚mission‘ haben? Zumal sie sich diese nicht selbst gibt, sondern sie von dem, den sie verkündet, erhalten hat.“

Koch betonte, wie wichtig es sei, dass ein „synodal erarbeiteter Konsens“ über die Bedeutung der Synodalität erreicht werde. Dies sei seiner Meinung nach eines der Hauptziele der Synode: „Darin liegt auch der entscheidende Grund, weshalb Papst Franziskus diesen Prozess initiiert hat.“

Erwartungen an die Weltsynode

Eine Besonderheit dieser Sitzungsperiode der Weltsynode ist, dass sie mit einer Bußvigil und einem öffentlichen Schuldbekenntnis beginnt. „Ein Schuldbekenntnis enthält die wichtige Botschaft, dass Erneuerung der Kirche nur aus der Kernmitte des Glaubens heraus möglich ist und Reform wirklich Re-Form, das Wiederfinden der wahren Form ist“, erläuterte Koch die Bedeutung.

Umstritten ist bei der bevorstehenden Synode die erweiterte Teilnahme von Laien, darunter 56 Frauen. Kritiker bemängeln, dass die Synode dadurch keine echte Bischofssynode mehr sei. Koch argumentierte: „Sowohl hinter der Entscheidung des Papstes als auch hinter der Kritik dieser Entscheidung stehen berechtigte Anliegen. Auch wenn in der jetzigen Gestalt die Bischöfe eindeutig die Mehrheit ausmachen, handelt es sich nicht mehr um eine Bischofssynode im strengen Sinn.“

Koch sehe in der Entscheidung des Papstes jedoch einen wichtigen Schritt: „Meines Erachtens handelt es sich dabei um einen ersten Versuch, eine größere Repräsentanz des Volkes Gottes mit einzubeziehen. Die Beratungen werden jedoch zeigen müssen, ob es bei der jetzigen Form bleiben kann oder ob neben der Bischofssynode beispielsweise eine weitere synodale Instanz auf der Ebene der Weltkirche institutionalisiert werden könnte oder sollte.“

Tück sprach auch die Erwartungen vieler an, dass die Synode lang ersehnte Reformen, wie den Diakonat der Frau oder eine Liberalisierung der kirchlichen Sexualmoral, voranbringen könnte. Darauf entgegnete Koch: „Der Auftrag der Kirche besteht, wie gesagt, in ihrer Sendung. Die Strukturen sind ihr zugeordnet und haben ihr zu dienen. Von daher können zwischen Auftrag und Strukturen kein Gegensatz und auch keine Immunisierung bestehen.“ Er betonte, dass es bei Papst Franziskus darum gehe, „die Synodalität im Dienst der Mission“ zu sehen, „und nicht umgekehrt“.

Ein weiteres großes Thema der Synode ist der sogenannte „Klerikalismus“ und die Rolle der Frauen in der Kirche. Koch differenzierte dabei klar zwischen dem Klerus und dem Klerikalismus: „Auf der einen Seite muss zwischen der Sendung des Klerus in der Kirche und der Sünde des Klerikalismus unterschieden werden. Während der Klerus eine wichtige Sendung in der Kirche wahrzunehmen hat, ist der Klerikalismus ein Missbrauch der dem Klerus aufgetragenen Sendung.“ Gleichzeitig betonte er, dass der „adäquate Ort“ der Frau in der Kirche noch nicht vollständig gefunden sei.

Papst Franziskus hatte bereits in Evangelii Gaudium betont, dass er eine „heilsame Dezentralisierung“ anstrebe und den Bischofskonferenzen mehr Kompetenzen zusprechen wolle. Das Instrumentum Laboris, das Arbeitsdokument der Synode, schlägt sogar vor, den Bischofskonferenzen „eigene Lehrautorität“ zu geben.

Koch zeigte sich in dieser Frage vorsichtig: „Was die Lehrautorität angeht, wird die cruziale Frage nicht bereits darin bestehen, ob solchen Konferenzen eine Lehrautorität zugesprochen werden kann, sondern in welchen Bereichen der Glaubens- und Sittenlehre dies möglich sein wird, ohne die Einheit der Kirche zu gefährden.“

Er verwies auf die Aussage von Papst Johannes Paul II. in Ordinatio Sacerdotalis, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen zu Weiheämtern zuzulassen: „Diese Frage ist damit als eine Frage des Glaubens – und nicht allein der Kultur – identifiziert, weshalb darüber, ob die Kirche diesbezüglich Vollmacht hat oder nicht, unmöglich einzelne Bischofskonferenzen entscheiden können.“

Das Ende des „Eurozentrismus“

Zum Abschluss ging es um die wachsende Bedeutung des Globalen Südens für die katholische Kirche. Gefragt, was das Ende des „Eurozentrismus“ für die Kirche in Europa bedeute, sprach der Kardinal von einer Herausforderung, aber auch einer Chance: „Das Ende des Eurozentrismus kann auf jeden Fall nicht das Ende der katholischen Kirche in Europa bedeuten. Es impliziert vielmehr, dass Europa, das eine große christliche Vergangenheit in sich trägt, seinen neuen Ort in der Weltkirche finden und seinen spezifischen Beitrag weiterhin einbringen muss.“

Zur gesellschaftlichen Nützlichkeit der Kirche sagte Koch: „Es ist erfreulich, dass der Beitrag der Kirche in der Caritas und im Bildungswesen auch in der heutigen Gesellschaft geschätzt wird. Würde sich die Kirche aber damit zufriedengeben und ihre gesellschaftliche Nützlichkeit allein daran festmachen, würde sie selbst zu ihrer Selbstsäkularisierung beitragen.“

Die wahre Bedeutung der Kirche liege vielmehr im „Hinweis auf das ‚Übernützliche‘, sprich: auf die Transzendenz Gottes“, betonte Koch. „Die Kirche steht und fällt damit, dass sie den Primat des ‚Übernützlichen‘ vor dem Nützlichen und damit den Primat des Unsichtbaren vor dem Sichtbaren und den Primat des Empfangens vor dem eigenen Handeln nicht nur vertritt, sondern auch lebt.“

(Die Geschichte geht unten weiter)

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