Abuja, 08 Mai, 2017 / 3:11 PM
Der Erzbischof von Abuja, Kardinal John Olorunfemi Onaiyekan, hat die Freilassung von 82 entführten Mädchen aus den Händen von Boko Haram begrüßt, aber auch mehrere kritische Fragen gestellt.
"Wir danken Gott dafür, dass diese Mädchen wieder zu ihren Familien zurückkehren konnten. Doch ich frage mich, warum hat man drei Jahre lang darauf gewartet?"
Die jungen Frauen und Mädchen waren am 14. April 2014 von der radikal-islamischen Gruppe in Chibok, im Nordosten Nigerias, entführt worden.
"In all diesen Jahren habe ich immer wieder die Regierung mit Nachdruck darum gebeten, sich um die Freilassung der Mädchen zu bemühen. Die Regierung antwortete immer wieder, dass man mit Terroristen nicht verhandeln und sie gegen Gefangene austauschen könne. Doch genau das ist am Ende geschehen. Für ihre Freilassung wurden einige Anführer der Boko Haram freigelassen und ein beträchtliches Lösegeld bezahlt. Konnte man dies nicht schon früher tun und diesen Mädchen und ihren Familien das Leid ersparen?"
Kardinal Onayekan weiter: "Drei Jahre der Angst hätten vermieden werden können". Wie die Agentur "Fides berichtet", sagte der nigerianische Würdenträger weiter: "Man weiß nicht, was diesen Mädchen gesehen ist, doch es reicht, wenn man sich ihrer Gesichter im Fernsehen anschaut, um zu verstehen, dass sie eine schreckliche Zeit erlebt haben. Einem der Mädchen wurde ein Bein amputiert. Wer kann die psychologischen Schäden abschätzen, den diese Mädchen erlitten haben?"
Der Kardinal erinnerte daran, dass sich weiterhin über 100 entführte Mädchen in den Händen der Islamisten befinden, deren Lage unbekannt ist. "Wahrscheinlich sind einige während der Geiselhaft bei Gefechten, wegen Krankheiten oder bei einer Geburt gestorben, denn viele wurden von ihren Entführern schwanger. Die Familien sollten zumindest über das Schicksal der armen Mädchen informiert werden. Ich lade alle zum Gebet für ihre Freilassung ein", so der Kardinal abschließend.
Hintergrund: Islamisten bedienen sich Frauen und Kinder
Kurz nach der Entführung 2014 veröffentlichte Boko Haram ein Video der entführten Mädchen und forderte einen Gefangenen-Tausch: 16 ihrer von der Regierung festgehaltenen Kämpfer sollten freikommen. In der Aufnahme verkündete der Anführer der Islamisten, Abubakar Shekau, dass die Mädchen zum Islam übergetreten seien.
Von den Aktionen der Terrormiliz Boko Haram sind nicht nur Mädchen und Frauen, sondern seit 2014 insbesondere auch Kinder betroffen. Viele werden zu Selbstmordattentaten gezwungen. Die erste Studie des Generalsekretariats der Vereinten Nationen über Kinder und bewaffnete Konflikte (2013-2016) dokumentiert, dass Minderjährige vor allem im Nordosten Nigerias unter den Gräueltaten von Boko Haram leiden. In drei Jahren kamen über 4. 000 Kinder und Jugendliche ums Leben, 1.650 wurden als Kämpfer rekrutiert.
Wie aus Berichten freigelassener Jugendlicher hervorgeht, werden die meisten Jugendlichen aus finanziellen Gründen oder familiären Druck rekrutiert. Oft übergeben die Eltern ihre Kinder im Tausch gegen Schutz und wirtschaftliche Vorteile. Schulen gehören zu den Hauptzielen der terroristischen Anschläge. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden mindestens 1.500 Schulen seit 2014 zerstört, denen 1280 Schüler und Lehrer zum Opfer fielen, meldet "Fides".
Der Name "Boko Haram" heißt soviel wie "westliche Bildung ist sündhaft". Die Organisation hat ihren Sitz im Nordosten Nigerias und mittlerweile im Tschad, Niger und Norden Kameruns aktiv. Seit März vergangenen Jahres ist Boko Haram offiziell mit dem Islamischen Staat verbündet. Ihr Ziel ist das aller gewaltbereiten Islamisten: Die blutige Errichtung einer nach strengen muslimischen Regeln geführten Gesellschaft, einschließlich der Scharia.
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