Vatikan, 29 Mai, 2017 / 3:43 PM
Papst Franziskus hat am heutigen Montag den kanadischen Premier, Justin Trudeau, zu einer Privataudienz empfangen. Dieser lud Franziskus ein, nach Kanada zu kommen, um sich persönlich für die Rolle der Kirche im Umgang mit indigenen Kanadiern zu entschuldigen.
Es war nicht der erste Vatikan-Besuch von Trudeau: Im Jahr 1984 begleitete der damals noch kleine Justin seinen Vater, den damaligen Premierminister, Pierre Trudeau. Dieser traf auf den heiligen Papst Johannes Paul II.
Beim 36 Minuten dauernden heutigen Treffen zwischen dem mittlerweile 40 Jahre alten Sohn mit Franziskus freilich waren nicht nur die Zeiten andere. Welche Agenda der kanadische Politiker, begleitet von Gattin Sophie Gregoire-Trudeau, dabei hatte, teilte sein Sprecher, Cameron Ahmad, mit: Die Forderung nach einer Entschuldigung der Kirche, über die bereits im Vorfeld versucht worden war, mit viel Berichterstattung Stimmung zu schüren.
Verpackt wurde diese Forderung in eine Einladung nach Kanada.
Dabei geht es um ein Kapitel der kanadischen Geschichte, bei dem auch die Kirche eine Rolle spielte.
Im 19. und 20. Jahrhundert wurden 150.000 indigene Kinder gezwungen, in staatlichen Schulen - residential schools - ein Programm der "Inkulturation" zu durchlaufen. Etwa 6.000 Ureinwohner-Kinder starben in den Schulen.
Diese Einrichtungen - wie das gesamte Programm - wurde vom kanadischen Staat verantwortet; doch waren einige der Schulen in kirchlicher Trägerschaft.
Als die Truth and Reconciliation Commission einen 94-Punkte-Plan vorlegte zur Versöhnung und Aufarbeitung, war einer der 94 eine Entschuldigung der Kirche.
Im Jahr 2009 entschuldigte sich bereits Papst Benedikt XVI. für die Rolle der Kirche in einem Treffen mit Phil Fontaine, dem Leiter der National Assembly.
Druck auf den Papst
Mehrere Vatikanisten haben darauf verwiesen, wie ungewöhnlich es ist, die Gesprächsinhalte des eigentlich privaten Treffens eines Staatsoberhauptes mit dem Papst so zu thematisieren - sogar im Vorfeld.
Im Falle Trudeaus liegt dies möglicherweise am Druck, unter dem der Politiker im Heimatland steht. Doch Franziskus lasse sich offenbar nicht unter Druck setzen, kommentierte Vatikanist Christoph Lamb von "The Tablet"; obwohl er, wie schon Benedikt, durchaus in manchen Fällen bereit sei, sich für die Rolle der Kirche zu entschuldigen.
Das kurze Communiqué des Heiligen Stuhls zum heutigen Treffen beschreibt den Sachverhalt als "Themen der Integration und Versöhnung mit den Ureinwohnern Kanadas".
Das Treffen sei herzlich verlaufen, so das Presse-Amt. Die positiven bilateralen Beziehungen beider Länder sowie "die Beiträge der Katholischen Kirche zum gesellschaftlichen Leben des Landes" hätten die beiden besprochen.
Danach, "vor dem Hintergrund der Ergebnisse des G7-Gipfels", hätten Papst und Premier auch über den Nahen Osten gesprochen, sowie andere internationale Fragen.
(Die Geschichte geht unten weiter)
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Der Papst schenkte zum Abschluss des Besuchs dem kanadischen Premier fast das gleiche wie dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump vor einigen Tagen: Neben einer Medaille zum Gedenken des vierten Jahres seines Pontifikates die Enzyklika Laudato Si, die Exhortationen Evangelii Gaudium und Amoris Laetitia, sowie eine handsignierte Kopie seiner Botschaft zum Weltfriedenstag.
Im Gegenzug schenkte der Premier dem Papst eine seltene, sechsbändige Ausgabe der Relations de Jesuits du Canada - das Werk dokumentiert Berichte aus den kanadische Territorien von Jesuiten.
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