Redaktion, 29 Oktober, 2025 / 3:00 PM
Erzbischof Georg Gänswein, derzeit Apostolischer Nuntius im Baltikum, hat in einem Interview mit dem katholischen Sender „K-TV“ offen über seine Jahre mit Papst Benedikt XVI., die ersten Eindrücke von Papst Leo XIV. und die Herausforderungen der Ökumene im Baltikum gesprochen.
Der langjährige Privatsekretär von Papst Benedikt machte deutlich, was für ihn das Wesen des Petrusdienstes ist: „Der Papst ist der Mann, der letztlich der Zeuge für das Evangelium Jesu Christi ist. Das ist das Entscheidende. Er ist der erste Zeuge für die Glaubwürdigkeit der Botschaft Jesu – das ist er und das muss er sein.“
Über seine Zeit mit Papst Benedikt XVI. sagte Gänswein: „Ich hatte ja das Glück, dass ich, bevor ich Privatsekretär von Papst Benedikt wurde, ja schon zunächst einmal sieben Jahre in seiner Kongregation – so hieß sie damals –, in der Glaubenskongregation gearbeitet habe und dann zu seinem Privatsekretär als Kardinal wurde.“
Diese Jahre von 2003 bis 2005 hätten ihm geholfen, die „Melodie aufzunehmen und zu sehen, was zu tun ist, wie es zu tun ist“. Dadurch habe er später als Privatsekretär „diese Aufgabe nicht nur herzhaft anzupacken“ gewusst, „sondern so gut es ging dann auch gut auszuüben“.
Benedikt XVI. habe er als einen Menschen erlebt, „der in sich ruhte, der wusste, welche Aufgabe er zu tun hat“. Gänswein erklärte: „Ich habe gesehen, dass eben in der Ruhe und vor allem auch aus einem starken Glauben heraus diese Aufgabe zu bewältigen ist.“
Der Glaube sei dabei zentral: „Wenn der Glaube nicht die Antriebskraft ist, wenn der Glaube nicht die Wurzel ist des Tuns, dann wird es zu einem Job oder dann wird es zu einer Tätigkeit, die an Glaubwürdigkeit sehr viel einbüßt.“
Konflikte mit dem emeritierten Papst habe es nie gegeben: „Da ich als Sekretär nie in diese Gefahr kam, entscheiden zu müssen oder eine Entscheidung vorzuarbeiten, habe ich darüber auch nie mit mir einen Kampf geführt. Ich kann mich da nicht erinnern, dass ich mit Papst Benedikt jemals in einem inneren Konflikt gewesen wäre.“
Zum Rücktritt Benedikts XVI. im Februar 2013 erinnerte sich Gänswein an die Wahl des Datums: „Der Rosenmontag im Jahre 2013 war der 11. Februar. Der 11. Februar ist seit immer – seit vielen Jahrzehnten – der Gedenktag der Mutter Gottes von Lourdes.“ Benedikt habe diesen Tag bewusst gewählt, weil er ein „liturgisch wichtiger Tag“ sei und weil „die Kardinäle präsent waren“.
Auch auf den neuen Papst Leo XIV. kam Gänswein zu sprechen, der gleich zu Beginn seines Pontifikats den Frieden ins Zentrum seiner Botschaften stellte. Die Grundhoffnung im Baltikum sei, so der Apostolische Nuntius, „seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die Wiederherstellung des Friedens“. Viele hofften, dass der Papst mithelfen könne, „diesen Frieden zu finden“.
Gänswein erklärte weiter: „Nicht wenige hoffen, dass also auch Papst Leo irgendwann hier das Baltikum besuchen wird. Der Wunsch ist verständlich, die Freude ist verständlich, und dass die Hoffnung verbunden ist, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht, das kann man auch verstehen.“
Der neue Papst werde „sehr positiv wahrgenommen, einfach die Art und Weise, wie er erschienen ist, bereits als er angekündigt wurde vom Protodiakon, und er dann selber auf der Loggia erschien – menschlich sehr sympathisch“. Seine Worte seien „sehr klug und sehr gut gesetzt“ gewesen und hätten die Menschen „beeindruckt – ja, nicht nur hier, sondern auch und gerade hier“.
Im weiteren Verlauf des Interviews sprach Gänswein über die Ökumene. Besonders in den orthodoxen Kirchen der baltischen Staaten habe sich seit Beginn des Ukraine-Krieges eine Spaltung gezeigt.
Einige orthodoxe Gemeinden hätten sich „von der Jurisdiktion, also der Oberherrschaft, unter den russischen Patriarchen gelöst und sich auf die Seite des ökumenischen Patriarchen Bartholomäus von Istanbul gestellt“. Das mache, so Gänswein, „eine Ökumene mit den Orthodoxen sehr, sehr schwierig“.
Mit den Lutheranern und Protestanten sei die Lage hingegen besser: „Das ist also eine sehr herzliche Gemeinschaft. Da ist ein reger Austausch.“ Man versuche nicht, den anderen theologisch zu belehren, „sondern es ist noch keine Einheit da – wir wissen, warum, wo die Schwierigkeiten liegen – und solange diese Schwierigkeiten theologisch nicht geklärt sind, versucht man auch nicht, das einfach zu kitten“.
Der Erzbischof betonte, es sei „keine moralische Frage“, wer der bessere Christ sei. „Es ist nicht so, dass die Katholiken die besseren Christen sind oder die Protestanten die besseren Christen.“ Vielmehr gehe es „darum, dass wir einfach auch vor dem Gewissen ehrlich sind und bleiben und um die Einheit im Glauben ringen“.
Diese Einheit könne man weder erzwingen noch durch Kompromisse herstellen: „Es geht also nicht darum, dass die Katholiken ein bisschen weniger Marienverehrung und ein bisschen weniger sakramentales Leben praktizieren und dafür ein bisschen mehr Bibellesung. Das wäre ein fauler Kompromiss, der sowohl der Geschichte als auch dem Glauben schaden würde. Letztlich geht es um die Wahrheit.“
(Die Geschichte geht unten weiter)
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Mit Blick auf die Orthodoxie sagte Gänswein abschließend: „Bei den Orthodoxen trennt uns vor allem der Primat, aber wir sind in der apostolischen Sukzession der Weihen und damit auch der Eucharistie, den Sakramenten, verbunden. Und die ist eben im Protestantismus verloren gegangen – da fehlt der Kern des Sakramentalen.“
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