Redaktion, 30 Oktober, 2025 / 11:00 AM
Der an der Universität Bonn lehrende Liturgiewissenschaftler Andreas Odenthal hat die am Samstag von Kardinal Raymond Burke im Petersdom gefeierte Messe in der überlieferten Form als „nicht stimmig“ charakterisiert. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk kritisierte er am Mittwoch auch, die alte Messe sei „sehr klerikerzentriert“.
Odenthal selbst wurde 1996 zum Priester geweiht, ist auf Bildern im Internet aber gewöhnlich in ziviler Kleidung zu sehen. Seit 2018 ist er Professor für Liturgiewissenschaft in Bonn im Erzbistum Köln, zuvor war er in Tübingen und davor in Fulda.
„Es wurde immer gesagt, die Messe Gregors des Großen jetzt am Kathedra-Altar“, so Odenthal, „aber den historischen Kathedra-Altar gibt es gar nicht mehr. Den hat man vor 20 Jahren entfernt. Und Kardinal Burke hat zelebriert an einem Bronzealtar der 1980er Jahre.“
Die überlieferte Liturgie geht zurück auf die Zeit von Papst Gregor dem Großen, der im Jahr 604 starb, wobei manche Gebete noch älter sind. Der Hochaltar unterhalb der Kathedra in der Haupt-Apsis des Petersdoms wurde tatsächlich in den 1980er Jahren zerstört und durch eine Konstruktion aus Bronze ersetzt, die einem Tisch ähnelt und die als Volksaltar benutzt werden kann.
Odenthal kommentierte darüber hinaus: „Also bitteschön, wenn schon Tradition, dann hätte er aus Gregors des Großen Zeiten die Gebetsostung einhalten können.“
Damit bezog er sich auf die Tatsache, dass der Petersdom nach Westen ausgerichtet ist, während die Kirche ursprünglich in Richtung Osten betete. Durch die Nutzung des Kathedra-Altars als Volksaltar hätte Burke also nach Osten zelebriert. Allerdings war der zerstörte Hochaltar immer als nach Westen gerichteter Altar benutzt worden, weil der sogenannte liturgische Osten sich auf das Altarkreuz bezieht, nicht notwendigerweise auf die Himmelsrichtung.
Ein weiterer Kritikpunkt für den Bonner Liturgiewissenschaftler waren die Messgewänder, denn sie „gaben vor, alt zu sein – waren sie aber nicht. Höchstens zehn, 20 Jahre alt. Also, da würde ich sagen, was soll eine solche Konstruktion von einer Tradition, die aber letztlich nicht mehr stimmig ist?“
Bei den Messgewändern am vergangenen Samstag handelte es sich um Stücke im römischen Stil. Auch sogenannte gotische Messgewänder finden in Messfeiern in der überlieferten Form Verwendung. Bis heute werden auch Kirchen im romanischen oder gotischen Stil für die nachkonziliare Liturgie erbaut.
Die „eigentliche Frage“ für ihn sei, so Odenthal: „Welches Ziel verfolgt diese Gruppe? Und ich könnte mir denken, dass eines der Ziele ist, im noch recht jungen Pontifikat von Papst Leo, da einen Akzent zu setzen. Denn wir sind in der Kirche ja seit vielen Jahren und Jahrzehnten beschäftigt auszuhandeln: Wie kann es eigentlich weitergehen? Was heißt katholisch sein? Was heißt auch Tradition? Und da ist das schon eine ganz politische Aussage.“
„Der Zuspruch, den die Messe am Wochenende in Rom fand, war ja dadurch bedingt, dass die Traditionalisten eine Wallfahrt nach Rom gemacht haben“, relativierte der Liturgiewissenschaftler die Größe der Gruppe von etwa 3.000 Gläubigen, die im Petersdom an der alten Messe teilnahm. „Also, wenn Sie das gegenrechnen gegen die vielen Eucharistiefeiern, die an diesem Wochenende in Rom zelebriert worden sind, dann ist es doch eine recht kleine Gruppe, die sich aber sehr wortgewaltig und bildgewaltig meldet.“
Trotz allem könne er verstehen, dass sich Gläubige der Liturgie verbunden fühlen, die bis in die Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in aller Welt gefeiert wurde. Eine solche „sehr reglementierte, ritualisierte Form gibt doch einen gewissen Halt“, räumte Odenthal ein. „Und ich glaube, da liegt ein Grundbedürfnis unserer Zeit. In den vielfältigen Wandlungen unserer Gesellschaft und unserer Kirche, in den vielen Herausforderungen, die wir ja kaum noch bewältigen können, möchte man den einen festen Halt haben. Das kann ich sehr gut verstehen.“
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