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Brasilien: Amazonas-Bischof kritisiert Arbeitspapier der Synode

Menschen am Amazonas

Das offizielle Arbeitspapier – Instrumentum Laboris – der kommenden Amazonas-Synode beschäftigt sich nicht mit den eigentlichen Problemen der Amazonas-Region: Das hat ein langjähriger Bischof und Missionar im Amazonas gesagt.

Bischof José Luis Azcona ist emeritierter Bischof von Marajó, einer Prälatur, zu der Dutzende von Inseln im Delta des Amazonas gehören. Während seiner Dienstzeit erhielt er Morddrohungen dafür, den Menschenhandel in der Region kritisiert zu haben, und dafür, dass er die Menschenrechte der indigenen Bevölkerung verteidigte.

In einer schriftlichen Kritik, die der Bischof ACI Digital zur Verfügung stellte – der portugiesischsprachigen Schwesteragentur von CNA Deutsch – erhebt Azcona den Vorwurf, dass das Arbeitspapier der Amazonas-Synode die dringendsten Probleme der Region ausklammert: Eine Mehrheit der Christen ist nicht mehr katholisch, sondern Anhänger protestantischer Pfingstkirchen; es gibt Kinderarbeit, Missbrauch und Menschenhandel; ingesamt herrscht eine grundlegende spirituelle Krise.

Die Synode im Oktober müsse sich diesen Fragen annehmen, und einer ernüchternden Tatsache stellen: Dass der Amazonas – zumindest in Brasilien – gar "nicht mehr katholisch ist".

Gleichzeitig kritisiert der Amazonas-Bischof die zentralen Thesen des Arbeitspapiers: Das Instrumentum Laboris habe eine völlig verzerrte Sicht von einem "Antlitz Amazoniens", konzentriere sich auf "Interkulturalität" und die Priesterweihe verheirateter Laien ("Viri Probati").

Das Antlitz Amazoniens

Nach Einschätzung von Bischof Azcona ist "der Amazonas, zumindest der brasilianische Amazonas, nicht mehr katholisch" und "dieser Ausgangspunkt ist entscheidend für den Ablauf der Synode. Wenn der Amazonas eine pfingstliche Mehrheit hat, ist es notwendig, sich mit diesem Phänomen intensiv auseinanderzusetzen".

"Jedwede Nostalgie für ein Amazonien, das nicht mehr existiert, ist fatal für dessen integrale Evangelisierung. Selbst in einigen Regionen des Amazonasgebietes erreicht die pfingstliche Mehrheit 80%", so Azcona.

"Eine pfingstliche Durchdringung mehrerer indigener ethnischer Gruppen, die im Namen des Evangeliums Kulturen, ethnische Identitäten, indigene Völker überrennen, ist ein gravierendes Phänomen des heutigen Amazonas, welche mit ihren fundamentalistischen und missionierenden Eigenschaften einen tiefgreifenden Einfluss auf indigene Völker hat."

"Das ist heute das Antlitz Amazoniens!"

Darüber verliere das Instrumentum Laboris jedoch "nicht ein Wort", so Azcona.

Der Bischof fügt hinzu, dass "die langjährige Erfahrung bestätigt, dass in vielen amazonischen Diözesen der Glaube weder in der Gesellschaft noch in deren Geschichte lebendig ist. Die Kluft zwischen dem Bekenntnis zum Glauben, seiner Feier in schönen Liturgien auf der einen Seite – und der sozialen, ökologischen, kulturellen und politischen Realität ist bis heute nicht überwunden worden".

Kindesmissbrauch

Als nächstes prangert Azcona den andauernden Kindesmissbrauch in der Amazonas-Region an.

"Leider weiß die Synode nicht, oder versteht wissentlich nicht, wie wichtig das Antlitz der verzweifelten, erniedrigten und missbrauchten Kinder ist, die von ihren eigenen Eltern und Verwandten missbraucht werden, Opfer einer Sklaverei, die einen ganz wesentlichen Aspekt des aufgegebenen und geschändeten Anlitzes Jesu in Amazonien ausmacht".

"Dieses ganze Dokument ist nur Stroh, wenn es weder den Inhalt noch den Sinn des Evangeliums versteht – oder sich nicht daran hält: "Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat".

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Der Bischof weiter: "Allein in Pará gab es in einem Jahr 25.000 Anzeigen wegen solcher Verbrechen (sexueller Gewalt und Pädophilie, Anm.d.R.). Nach Angaben von Spezialisten auf diesem Gebiet gibt es für jeden gemeldeten Fall von Pädophilie vier weitere. Wenn es in Pará im Lauf eines Jahres 100.000 missbrauchte Kinder gab: Ist dann das Antlitz dieser geschändeten Kinder nicht ein wesentlicher Aspekt des Antlitzes Amazoniens?"

"Wo ist die pastorale Sensibilität der Verantwortlichen für das Instrumentum Laboris, das der Heilige Vater Franziskus so stark und deutlich ausdrückt", fragt Bischof Azcona.

Er fügt hinzu: "Wo ist die Verteidigung des Amazonas, seiner Kinder, im Instrumentum Laboris – und damit in der Synode? Lasst uns die falschen Vorstellungen des Amazonas überwinden und stattdessen neue Wege ermöglichen".

Inkulturation oder Gleichmacherei?

Doch damit nicht genug: Azcona kritisiert eine zentrale These des Arbeitspapiers. Unter dem Stichwort der Inkulturation setze es auf ekklesiologisch haltlose Weise das Evangelium mit indigenen Kulturen gleich, bar jeder theologischen wie pastoralen Grundlage.

Der Bischof erinnert an das Dokument Ad Gentes des Zweiten Vatikanischen Konzils – das Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche – demzufolge "die Worte des Evangeliums, von der Kirche verkündet, über das Schicksal von Individuen, Völkern, Kulturen und Nationen entscheiden", so Azcona.

"Nirgendwo wird im Instrumentum Laboris eine solche Aussage explizit gemacht. Im Gegenteil, die Nivellierungstendenz zwischen (indigenen) Kulturen und dem Evangelium ist überwältigend."

Darauf könne die Synode jedoch nicht verzichten, sonst sei sie "nutzlos", so Azcona wörtlich.

Darüber hinaus weist der Bischof darauf hin, dass "nirgendwo im Arbeitspapier (...) vom Sieg Christi, seiner Befreiung und der Zerstörung der Macht des Bösen gesprochen wird".

Stattdessen sei das Arbeitspapier "vom Pelagianismus durchsetzt", was dazu führe, dass darin den den Bewohnern Amazoniens, den ethnischen und kulturellen Gruppen, mehr zugeschrieben werde als ihnen zu eigen sei.

Der Ansatz, Religionen der Zeit vor Kolumbus neues Leben einhauchen zu wollen, spalte letztlich von Christus und seiner universalen Kirche: Das sei kein Fortschritt, sondern Regression, warnt Azcona.

Synode: Ökologische Bekehrung

Mit Blick auf die Frage einer ökologischen Bekehrung betont Bischof Azcona, dass "die grundlegende Herausforderung der Kirche im Amazonasgebiet die Buße" sei, "für die Vergebung von Sünden".

"Ohne diese absolute Priorität des Seins und Handelns der Kirche gibt es keine Zukunft für den Amazonas, denn so vergessen wir die Gegenwart des Reiches Gottes in der Welt", so der Bischof.

Dem Instrumentum Laboris fehle so gesehen der "Hunger und der Durst nach dem Heiligen Geist".

"Das Dokument vergisst das Neue Pfingsten, das der heilige Papst Johannes XXIII. im Vorbereitungsgebet für das Konzil ermutigte" und lasse somit "den Kern der Mission in Amazonien aus", kritisiert der Bischof.

Die Evangelisierung und missionarische Dimension, wie sie Papst Franziskus in Evangelii Gaudium lehre, müsse dringend in den Mittelpunkt gestellt werden. Es gehe nicht um eine Reihe von Projekten, pastoralen Plänen, Inkulturation und Ökologie.

"Warum schreit das Dokument nicht diese Wahrheit heraus, die einzige Wahrheit, die den Amazonas retten kann?"

Viri Probati

Als "nutzlos" bezeichnet der Bischof die vom Arbeitspapier vorgeschlagene Weihe von "Viri Probati".

Das sei so, als würde man ein neues Stück Stoff auf ein altes nähen. "Der Riss ist viel größer!" Zudem sei der Priestermangel kein speziell indigenes Problem.

Gleichzeitig bedürfe der Klerus in Amazonien, "wie die ganze Kirche auch, der Reue, der Bekehrung, des Glaubens".

"Warum Viri Probati weihen, während das Priestertum in der Krise ist?"

Hier gehe es nicht um "konservative" und "progressive" Kräfte, oder darum, wer "gewinne". Egal ob im Amazonas-Gebiet oder anderswo: Der eigentlich Grund für den Mangel an Berufungen sei ein Mangel an Glaube, so Azcona.

"Ist das die Liebe der Kirche im Amazonasgebiet, ist das die Liebe Gottes, die die Kriterien der pastoralen, kirchlichen, praktischen und höchsten Realität ausreichend durchdringt, oder ist es die Gnosis oder der Pelagius, die das Boot der Kirche im Amazonasgebiet befehligen?"

"Die Gefahr einer Spaltung ist nicht imaginär - auch nicht im Amazonasgebiet", schließt Azcona.

Der 79-jährige Bischof stammt ursprünglich aus dem spanischen Pamplona. Er trat 1987 seinen Dienst als Missionsbischof im Amazonas an. Im Jahr 2016 trat er in den Ruhestand.

Übersetzt und redigiert für CNA Deutsch. Der ursprüngliche Wortlaut erschien bei ACI Digital, der portugiesischsprachigen Schwesteragentur.

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