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Für einen Islam, der keine "Ungläubigen" kennt: Scheich trifft Papst Franziskus

Scheich Yahya Cholil Staquf mit Erzbischof Agustinus Agus von Pontianak.

Der Leiter der größten unabhängigen muslimischen Organisation der Welt hat sich diese Woche mit Papst Franziskus getroffen, um seine Vision für eine friedlichere Zukunft und mehr Brüderlichkeit unter den Menschen zu schildern.

Scheich Yahya Cholil Staquf leitet die 50 Millionen Mitglieder zählende Bewegung "Nahdlatul Ulama". Deren Gelehrte fordern einen reformierten, "humanitären Islam" und hat einen theologischen Rahmen für den Islam entwickelt, der Begriffe wie "das Kalifat", "die Scharia" oder "Kaffir" (Ungläubige) ablehnt.

Scheich Staquef ist Kopf der in Indonesien beheimateten sunnitischen Bewegung. Der südostasiatische Inselstaat Indonesien hat die größte muslimische Bevölkerung der Welt.

Er sei "begeistert und aufgeregt" gewesen, so Staquef gegenüber CNA, als Papst Franziskus und der Großimam der Azhar in Kairo, Ahmed el-Tayeb, im Februar die Abu Dhabi-Erklärung über "menschliche Brüderlichkeit" unterzeichneten. Dieses Dokument drücke die Vision eines "mitfühlenden Islam" aus, für den seine Organisation seit Jahrzehnten eintrete.

Der Scheich betont, er habe ganz konkrete Empfehlungen, wie die Vorstellungen des Papstes nach Frieden und menschlicher Brüderlichkeit umgesetzt werden können. Diese habe er nun in Rom dem Papst persönlich mitgeteilt.

Es gehe ihm um "Taten statt noch mehr Worten" nach der Unterzeichnung, bekräftigte der Scheich gegenüber CNA.

Nur wenige Wochen nach der Erklärung von Abu Dhabi veranstaltete "Nahdlatul Ulama" eine Konferenz in Indonesien mit über 20.000 muslimischen Gelehrten. Auf dieser Konferenz gaben muslimische Kleriker und Gelehrte ein "Ijtihad" heraus. Darin begründen sie theologisch die These, dass Begriffe wie "Kaffir" – der soviel wie "Ungläubige" – bedeutet nicht verwendet werden können.

"Wir können nicht einfach so tun, als gäbe es keine Probleme mit islamischen Ansichten. Es gibt Probleme. Das müssen wir anerkennen, damit wir an der Lösung arbeiten können. Wenn wir das Problem nicht anerkennen, können wir es nicht lösen", sagte Staquf gegenüber CNA.

"In muslimischen Mehrheits-Gesellschaften gibt es eine zunehmende Tendenz zur Diskriminierung und Verfolgung von Minderheiten. Daher muss die islamische Welt ihr religiöses System insgesamt so entwickeln, das die islamische Welt harmonisch mit dem Rest der Welt integrierbar ist", sagte er.

Im Mittelpunkt dieser vorgeschlagenen Änderungen der islamischen Theologie steht die Art und Weise, wie Muslime aufgerufen sind, mit Nicht-Muslimen umzugehen, betonte Staquf.

"Wir müssen dafür sorgen, dass Muslime andere als einen Mitmenschen betrachten, als Mitbrüder in der Menschheit. Wir sollten nicht auf der Grundlage unterschiedlicher Identitäten angreifen", sagte der Scheich gegenüber CNA.

Staquf traf Papst Franziskus nach der Generalaudienz am 25. September. Er überreichte dem Papst einen Brief und mehrere Dokumente von "Nahdlatul Ulama" mit Empfehlungen, wie muslimische Wissenschaftler versucht haben, "problematische Elemente der islamischen Orthodoxie" anzugehen, um eine harmonischere Weltordnung mit "Achtung der Gleichberechtigung und Würde jedes Menschen" zu schaffen.

"Wenn man an globale Harmonie, globale Sicherheit und globale Stabilität denkt, sieht man vier Zentren, die mit der islamischen Orthodoxie zusammenhängen", sagte Staquf.

Innerhalb der dem Papst vorgelegten Dokumente legt die NU "einen praktischen Fahrplan" vor, um die im Dokument des Papstes über die menschliche Brüderlichkeit zum Ausdruck gebrachten Ziele zu erreichen: "das Verbot der Verwendung des Begriffs kafir (ungläubig) zur Beschreibung der eigenen Mitbürger; die Bestätigung der Legitimität des Nationalstaates und der durch moderne politische Prozesse geschaffenen Gesetze; die Verpflichtung der Muslime, den Frieden als religiöse Verpflichtung anzustreben; und die Bereitstellung eines detaillierten Rahmens, um die islamische Orthodoxie mit den Normen des 21. Jahrhunderts in Einklang zu bringen".

"Ich hoffe, dass diese Dokumente vom Vatikan ernsthaft geprüft werden, damit der Vatikan Entscheidungen treffen kann, mit uns zusammenzuarbeiten und damit zusammenzuarbeiten", sagte Staquf.

Der muslimische Führer brachte auch eine Delegation von indonesischen Katholiken und jungen Muslimen, die mit ihm "humanitären Islam" praktizierten, nach Rom, um an der allgemeinen Audienz beim Papst teilzunehmen. Gemeinsam baten sie Papst Franziskus, Indonesien zu besuchen, um seinen interreligiösen Dialog fortzusetzen.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Indonesien ist ein Land mit einer überwältigend muslimischen Mehrheit, das historisch bekannt ist für seine ethnische Vielfalt und seinen friedlichen religiösen Pluralismus, der jedoch in den letzten Jahren erschüttert worden ist von religiöser Gewalt und Aktivitäten radikaler Gruppen.

"Ich erwähnte Seiner Heiligkeit gegenüber, dass wir glauben, dass der humanitäre Islam mit den edlen Werten des christlichen Humanismus in Einklang steht.... Es wurde sehr gut aufgenommen", sagte der Scheich über seine Begegnung mit dem Papst.

Erzbischof Agustinus Agus von Pontianak, der Staquf auf der Reise begleitete, ermöglichte die Treffen des sunnitischen Scheichs mit dem Papst und Mitgliedern des Päpstlichen Rates für interreligiösen Dialog.

Erzbischof Agus betonte gegenüber CNA, dass, als Scheich Staquf zum Ausdruck brachte, dass er in den Vatikan kommen wolle, um dem Papst die Antwort der "Nahdlatul Ulama" auf die Erklärung von Abu Dhabi zu geben, er wusste, dass es "der richtige Zeitpunkt dafür war, dass einer der großen Führer der Muslime den Papst trifft".

"Ich glaube, dass ich eine Verantwortung für die Zukunft Indonesiens habe", sagte Erzbischof Agus.

Staquf betonte, dass die Verfolgung von Christen in den Ländern mit muslimischer Mehrheit auf der ganzen Welt beendet werden muss. Er sagte, dass man bei der Betrachtung des Aufstiegs des Islamischen Staates (IS) und anderer radikaler Gruppen die theologischen Grundlagen der Radikalisierung und Gewalt nicht ignorieren dürfe.

"Schauen wir uns an, warum sich diese problematischen Ansichten in diesen muslimischen Gesellschaften überall in der islamischen Welt effektiv verbreiten können", sagte der Scheich. Der Grund dafür sei, dass diese als maßgebliche Elemente der Orthodoxie betrachtet und daher unterstützt würden.

Genau das müsse sich ändern.

"Wir haben ein Netzwerk von Hunderttausenden von Geistlichen und muslimischen Gelehrten in Indonesien. So wissen wir alle, was in den Lehren des Islam steht", sagte er. "Wir wissen, dass es einige Elemente gibt, welche die Harmonie nicht fördern und sogar potenzielle Hindernisse für die Harmonie sein können."

Einer der Bereiche, in denen "Nahdlatul Ulama" an einer Reform arbeitet, ist der Religionsunterricht für muslimische Jugendliche. Sie planen einen Lehrplan für den islamischen Geschichtsunterricht, der weniger die Gewalt der Vergangenheit als vielmehr die Spiritualität in den Vordergrund stellt.

"Wir wollen Materialien für die Bildung schaffen, die mehr über den mitfühlenden Charakter des Propheten [Mohamed] enthalten als diese Aufzeichnungen von Konflikten und Kriegen enthalten", sagte Staquf.

"Wir verwenden ein Glaubensbekenntnis für diese Bewegung, die globale Bewegung des humanitären Islam. Unser Credo ist: "Wir wählen Rahman"... "Wir wählen das Mitgefühl", sagte er.

Übersetzt und redigiert aus dem Original der englischsprachigen Catholic News Agency, der CNA Deutsch-Schwesteragentur.

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