Bern, 27 September, 2021 / 10:50 AM
Als "Triumph" haben Medien und Aktivisten das Wahlergebnis der Abstimmung über eine "Ehe für alle" in der Schweiz am gestrigen Sonntag bezeichnet.
Die Schweizer Bischöfe, die sich im Vorfeld gegen die Abstimmung ausgesprochen haben, hatten am heutigen Montagmorgen noch keine offizielle Stellungnahme zum Ergebnis abgegeben.
In ihrer Erklärung am 3. September schrieben die Bischöfe, "dass es für gleichgeschlechtliche Paare vorteilhafter wäre, wenn die geltende Gesetzgebung im Hinblick auf die registrierte Partnerschaft angepasst würde, anstatt eine 'Ehe für alle' einzuführen".
Die Bischöfe betonten auch, "dass eine Debatte über eine «Ehe für alle» nur möglich ist, wenn auf ihre Auswirkungen – das Kindesverhältnis und den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin – eingegangen wird".
Die Zivilehe bezwecke "die Eintragung des Kindesverhältnisses in ein beständiges Institut, namentlich zum Schutz der Mutter (matri-monium) und des Kindes".
In diesem Sinne sei die Zivilehe auf die Familiengründung ausgerichtet, betonen die Bischöfe. "Gleichgeschlechtliche Paare müssen zu diesem Zweck auf die Fortpflanzungsmedizin zurückgreifen. Diese wird von der SBK generell abgelehnt (also auch für heterosexuelle Paare), weil sie Keimzellenspenden erfordert und im Widerspruch zu den Rechten des Kindes steht".
Im Bewusstsein dieser schwerwiegenden ethischen Herausforderungen könnten die Bischöfe den Entwurf "Ehe für alle" in dieser Form nicht annehmen.
Andere katholische Funktionäre begrüßten das Abstimmungsergebnis: "Ich freue mich riesig über das Ja zur Ehe für alle. Für uns ist das ein hochemotionaler Moment", sagte laut "kath.ch" Simone Curau-Aepli, die Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds (SKF). "Wir vom Schweizerischen Katholischen Frauenbund kämpfen dafür seit 20 Jahren und stehen für gleiche Würde und gleiche Rechte ein".
Mit dem Begriff "Ehe für alle" wird eine Umdefinition der Ehe zwischen Mann und Frau bezeichnet, um gleichgeschlechtlichen Partnerschaften dessen staatliche Form zu ermöglichen. In der Schweiz soll diese nun zum 1. Juli 22 eingeführt werden.
In manchen Kantonen war das Wahlergebnis knapp: So stimmten im traditionell katholisch geprägten Appenzell Innerrhoden 50,8 Prozent für die Einführung. Insgesamt stimmten nach Angaben des Schweizer Rundfunks 64,1 Prozent der Wähler dafür, dass homosexuelle Paare zivilrechtlich heiraten können.
In einer von den Schweizer Bischöfen veröffentlichten Stellungnahme am 10. September kommentierte Monsignore Valerio Lazzeri, die katholische Kirche sei heute nur ein Teil der komplexen Gesellschaft, in der Katholiken in der Schweiz lebten. "Sie erhebt nicht den Anspruch, ihre Vorstellung von Familie und Ehe allen aufzuzwingen. Sie hat nichts dagegen einzuwenden, dass der Staat gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zunehmend einen angemessenen Rechtsschutz gewährt", so Lazzeri.
"Dennoch kann sie sich nicht der Aufgabe entziehen, ihre Stimme zu dem zu erheben, was ihr am Herzen liegt, das heisst, zu dem, was ihr im Lichte des Wortes Gottes als authentisch menschlich und unveräusserlich erscheint. Ebendies hindert sie daran, die Gesetzesvorlage zu befürworten".
Eine Umdefinierung der zivilrechtlichen Ehe – von Unterstützern als "Öffnung" der Ehe bezeichnet – ist bislang in mehreren westeuropäischen und westlich orientierten Ländern staatlich umgesetzt worden. In Italien, Osteuropa und anderen Regionen sind Forderungen nach einem solchen Schritt nicht erfolgreich gewesen.
Papst Franziskus hat sich für die Einführung eingetragener Lebenspartnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen.
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