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Schwester Gloria: "Den Glauben mit dem Zeugnis des Lebens verteidigen"

Schwester Gloria Cecilia Narváez in ihrem Heimatkloster in Kolumbien.

„Sei immer gelassen, Gloria, sei immer gelassen.“ Vier Jahre und acht Monate lang habe dieser Rat ihrer Mutter ihr Kraft gegeben, betont Schwester Gloria Cecilia Narváez im Gespräch mit dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“. Als die Mutter vor einem Jahr starb, konnte sie nicht von ihr Abschied nehmen. Damals war Schwester Gloria noch eine Geisel. Islamistische Terroristen hatten sie im Februar 2017 in Karangasso im Südosten von Mali verschleppt. Vier Jahre und acht Monate des Martyriums begannen.

Die Folgen von Hunger und Misshandlung sind der 59-Jährigen noch immer anzusehen, als Mitarbeiter von „Kirche in Not“ sie in ihrer Heimat Pasto in Kolumbien besuchen. Am 9. Oktober 2021 war Schwester Gloria, Mitglied der Franziskanerinnen von der Unbefleckten Jungfrau Maria, überraschend freigelassen worden; Medienberichten zufolge waren mehrere Geheimdienste darin involviert. Bilder zeigen die ausgemergelte, aber lächelnde Ordensfrau, wie sie nur einen Tag später in Rom von Papst Franziskus empfangen wird.

„Geiselhaft war eine Gelegenheit, die Gott mir gab“

Auf die lange Zeit ihrer Entführung blickt Schwester Gloria mit erstaunlicher Gelassenheit zurück. Sie habe viel über ihre Berufung nachgedacht: „Es war eine Gelegenheit, die Gott mir gab, um mein Leben zu sehen und ihm Antwort zu geben. Wie könnte ich Dich nicht loben, mein Gott, weil Du mich angesichts von Beleidigungen und Misshandlungen mit Frieden erfüllt hast?“

Oft sei sie grundlos geschlagen worden, berichtet Schwester Gloria. Auch wenn ihre Wächter sie beten sahen, seien sie auf sie losgegangen. Aber auch dann habe sie gedacht: „Mein Gott, es ist hart, angekettet zu sein und geschlagen zu werden. Aber ich lebe diesen Augenblick so, wie Du in mir schenkst. Und trotz allem möchte ich nicht, dass einer der Entführer zu Schaden kommt.“

Ihre Entführer identifizierte Schwester Gloria als Angehörige der „Dschamāʿat Nusrat al-Islām wa-l-Muslimīn“, einer militanten islamistischen Gruppe in Westafrika und im Maghreb. Das ging aus einer handschriftlichen Notiz der Ordensfrau im Juli 2021 hervor, die über das Rote Kreuz ihren Bruder in Kolumbien erreichte – eines der Lebenszeichen während ihrer fast fünfjährigen Geiselhaft.

Im Tausch mit Mitschwester als Geisel angeboten

Schon deren Beginn spricht vom Mut der Ordensfrau: Schwester Gloria hatte sich den Entführern freiwillig als Geisel angeboten – im Tausch mit einer jüngeren Mitschwester. An jenem 7. Februar 2017 hatten bewaffnete Männer die Niederlassung der Ordensfrauen überfallen. Schwester Gloria hatte zu diesem Zeitpunkt bereits über zwölf Jahre in Mali gearbeitet, vorwiegend im Norden des Landes. Ihre Gemeinschaft betreibt dort ein Waisenhaus, erteilt Unterricht für über 700 Frauen und kümmert sich um Mütter mit ihren Kindern. Die Mehrheit von ihnen sind Musliminnen; Christen in Mali sind eine Minderheit von höchstens 2,5 Prozent der Bevölkerung.

Schwester Gloria spricht mit Hochachtung von ihren muslimischen Nachbarn: „Es gab keine verschlossenen Türen, keine Mauern.“ An den Veranstaltungen des Klosters hätten auch immer wieder muslimische Dorfvorsteher teilgenommen. Am Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan seien die Ordensfrauen oft zu Festen eingeladen worden, man habe sich immer sehr nahegestanden. Der Terror, der von islamistischen Splittergruppen ausgeht und mittlerweile zahlreiche Länder der Sahelzone erfasst hat, trifft die gesamte Bevölkerung; Christen oft mit besonderer Härte, da sie den Extremisten als „westlich“ gelten und deshalb besonders verhasst sind.

Mutig Beleidigungen und Misshandlungen entgegengetreten

Schwester Gloria wurde zusammen mit einer muslimischen und einer protestantischen Frau gefangen gehalten. „Die Entführer verlangten von mir, dass ich Sätze aus muslimischen Gebeten nachspreche. Aber ich habe immer wieder betont, dass ich im katholischen Glauben geboren und aufgewachsen bin, und dass ich um keinen Preis tauschen würde, selbst wenn es mich das Leben kostet.“ Mehrmals sei sie dem Tod nah gewesen.

Dennoch hat ihre mutige Haltung einzelnen Entführern augenscheinlich Respekt abgenötigt. Mit gebrochener Stimme erzählt Schwester Gloria: „Einmal schlug und beschimpfte mich ein Wächter: ,Mal sehen, ob dein Gott dich hier rausholt’. Er sagte viele hässliche Dinge zu mir.“ Seine Gesinnungsgenossen hätten lachend zugesehen. Doch Schwester Gloria habe ihren Misshandler angesprochen: „Haben Sie bitte mehr Respekt vor unserem Gott; er ist unser Schöpfer, und es tut mir wirklich weh, dass Sie so über ihn reden.“ Daraufhin hätten sich die Männer nur still angestarrt. Schließlich habe einer von ihnen gesagt: „Sie hat recht, rede nicht so über ihren Gott.“

Kein Zweifel an Rückkehr in die Mission

Mehrfach habe sie während ihrer Haft göttliche Wunder erlebt, ist Schwester Gloria überzeugt: So zum Beispiel habe sie eine giftige Schlange mehrfach umkreist, sei aber nicht nähergekommen. Als einer ihrer Entführer ihr die Pulsadern aufschlitzen wollte, habe sich plötzlich ein anderer vor sie gestellt.

Kürzlich habe ihr ein malischer Priester erzählt, dass der Glaube seiner Gemeinde durch das Vorbild von Schwester Gloria gestärkt worden sei. So habe ihre lange Haftzeit doch einen tiefen Sinn gehabt, ist sich die Ordensfrau im Gespräch mit „Kirche in Not“ sicher: „Wir müssen den Glauben mit dem Zeugnis des Lebens verteidigen.“ Dass ihr Zeugnis und ihr Einsatz sie so bald wie möglich wieder in den Missionseinsatz führen soll, daran zweifelt Schwester Gloria keinen Augenblick. Mit einem Wort ihrer Ordensgründerin betont sie ihre Berufung, „unsere Gemeinden zu einem Stückchen Himmel zu machen“ – trotz oder gerade durch das erfahrene Leid in Geiselhaft.

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