D`r hellije Zinter Mätes, dat wor ne jode Mann, dä jof de Kinder Kääzcher un stoch se selver an. Butz, butz wieder butz, dat wor ne jode Mann. Hier wohnt ein reicher Mann, der uns was geben kann. Viel soll er geben, lange soll er leben, selig soll er sterben, das Himmelreich erwerben. Lass uns nicht so lange, lange steh’n, denn wir müssen weiter geh’n, weitergeh’n.

Dieses Sankt-Martins-Lied habe ich schon in meiner Kindheit im Rheinland gesungen, als wir von Tür zu Tür mit unseren Laternen gezogen sind und Süßigkeiten gesammelt haben.

Heute singen es meine Töchter und freuen sich riesig auf das bevorstehende Fest.

Im Kindergarten wurden Laternen gebastelt. Die Große, ein bastelbegeistertes Kunstgenie hat eine sehr ordentliche Laterne mit Blättern gebastelt. Die Kleine, kreativ und freigeistig, hat eine besondere Laterne zu Stande gebracht, die ich erst auf den zweiten Blick als Fuchs identifizieren konnte. Ganz klar, hier ist das St. Martins Fieber ausgebrochen.

St. Martin ist natürlich ein allseits beliebtes Fest auf der Schwelle zur Adventszeit, aber auch ein Fest, dass von Traditionen lebt und dadurch für Kinder sehr nah und greifbar ist. Im Kindergarten ist das Thema "Teilen" aktuell, die Große kam letztens verzweifelt aus dem Kindergarten, weil man doch nicht einfach seine Jacke für die Armen zerschneiden könne.

Ja stimmt, das ist schwierig zu übertragen, aber es ist gut und wichtig, dass sich die Mädchen anhand solcher konkreten Heiligenlegenden mit sich und ihren Mitmenschen beschäftigen. Der heilige Martin ist für die beiden auf seinem Pferd, mit seinem Mantel beim armen Mann eine sehr imposante, eindrückliche Gestalt. Gleichzeitig erleben sie die Traditionen, die hier mit dem Fest verbunden sind. Das weckt Emotionen und nimmt die beiden ganz ein. Auch ich als Mutter bin berührt von meinen eigenen Erinnerungen an das St. Martinsfest in meiner Kindheit.

Ich frage mich, ob das jene Traditionen sind, die gemeint sind, wenn man in Politik und Gesellschaft über christliche Kultur und die Wahrung von Feiertagen spricht? Wo genau besteht die Christlichkeit am St. Martinsfest, denn es wird gerne argumentiert, dass jedes Kind gleich welcher Religion ein Martinsfeuer und einen Laternenumzug erleben kann sowie das Motiv der Nächstenliebe vertragen kann.

Einen Hinweis auf den christlichen Bezug liefert unser katholischer Kindergarten. Vor dem Martinsumzug trifft man sich in der Kirche zu einer Martinsandacht mit anschließender Laternensegnung. Auch das Martinsfeuer wird vom Pfarrer gesegnet, bevor es entzündet wird. Dennoch frage ich mich, neben all dem Brauchtum und der Tradition, was es mit der Heiligkeit des Martin von Tours auf sich hat.

Vielleicht ist es dann auch nicht nötig seine Jacke zu zerschneiden, um ihm nachzueifern. Bei eingehender Beschäftigung stelle ich fest, dass die Teilung des Mantels nur ein klitzekleiner Auszug dessen ist, was das Leben des heiligen Martins ausgemacht hat. Er hat Tote erweckt, Kranke geheilt und andere Wunder vollbracht. Vor allem hat er sich aber nicht angepasst und dem Zeitgeist entsprechend verhalten. Er hat sich als Römischer Soldat zum Christentum bekannt und wurde schließlich Bischof. Durch seine Taten war er Vorbild und hat Zeugnis seines Glaubens abgelegt.

Meine Große atmet auf, als ich mit ihr die Legenden rund um den heiligen Martin lese und sie versteht, dass die Teilung des Mantels als Zeichen zu verstehen ist und nicht 1:1 nachgeahmt werden muss.

Fest steht, der heilige Martin ist in seiner Lebensweise als Vorbild zu sehen und es ist gut unseren eigenen Lebenswandel zu hinterfragen. Besonders die Sorge um den Nächsten, das zeugnisgebende Leben und die geringe Anpassung sind drei Wesensmerkmale seiner Bekehrung zum Christentum. Natürlich ist jeder eingeladen, am St. Martinsfest teilzunehmen, aber es wird nur dann ein christliches Fest, wenn man den Kern der Botschaft in der Mannigfaltigkeit verstanden hat. Sonst wird es ein herbstlicher Laternenumzug zu dessen Anlass man auch mal an arme Menschen denken kann.

Das rheinische Martinslied, welches ich schon aus meiner Kindheit kenne, transportiert den Zusammenhang von Brauchtum und christlicher Botschaft wunderbar. Es erzählt an der Haustür vom Martin, der ein guter Mann war, der den Kindern Kerzen gab und sie selber entzündet hat, es bittet um gute Gaben und dafür, dass der Geber das Himmelreich erwerben möge. Besser kann man das Leben eines Christen nicht zusammenfassen und es ist gut und schön, dass dies jedes Jahr von Tür zu Tür getragen wird mit den gesegneten Laternen.

 

Elisabeth Illig bloggt jeden Montag bei CNA Deutsch. Sie ist Mutter von bald drei Kindern. Die gelernte Erzieherin hat ihr Theologiestudium bewußt unterbrochen, um sich um die Familie zu kümmern.  Eine Übersicht ihrer Beiträge finden Sie hier.

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