10. Dezember 2022
Die Welt braucht einen Retter: Krieg, Inflation und Teuerung schreiten voran; eine vermeintlich „letzte Generation“ glaubt eine „Klimakatastrophe“ nicht mehr abwenden zu können und klebt sich verzweifelt an allem fest, was ohnehin vergänglich ist: am Irdischen und Materiellen.
Mehr sinnlose Verzweiflung hat man selten gesehen. Echte Krisenherde gibt es zudem viele; einen Retter allerdings nicht, in den USA so wenig wie in Europa; ein „Klimaretter“ ist schon gar nicht in Sicht.
Kurz und gut: Zu Weihnachten 2022 steht die Welt einmal mehr vor dem Abgrund, doch niemand scheint ihr die letzte und höchste Wahrheit auszurichten: Wir gehen eben nicht auf eine Klimakatastrophe oder einen atomaren Untergang zu, sondern nur auf JESUS CHRISTUS; auf nichts und niemand sonst. Wenn wir Christen nicht daran glauben, brauchen wir – verzeihen Sie, verehrte Leser – an gar nichts mehr zu glauben; dann schwappt die Welle der Entchristlichung in der Weise über uns hinweg, wie sie längst das Weihnachtsfest mit sich gerissen hat: Ohnehin verbindet die nachchristliche Gesellschaft damit nur noch eine feuchtfröhliche Gefühlsduselei. Die alles entscheidende Botschaft ist längst vergessen, die einst die Engel der ganzen Welt verkündeten: „Heute ist euch der Retter geboren, Christus, der Herr“ (Lk 2,11). – Ja, nur Christus kann die Welt vor dem Abgrund retten und nur deshalb ist er überhaupt Mensch geworden. Einen anderen Retter gibt es nicht und nur der menschgewordene Gottessohn ist der König der ganzen Welt.
Aus diesem Grund wird das Jesuskind seit Jahrhunderten als „kleiner König“ verehrt, mit Krone, Zepter und königlichem Mantel. Unzählige Heilige zählten zu seinen Verehrern. Von der Heiligen Theresia von Avila ist beispielsweise bekannt, dass sie auf ihren Reisen immer eine Figur des Jesuskindes bei sich trug, und überall, wo sie ein Kloster stiftete, führte sie dann die Verehrung des göttlichen Kindes ein. Vermutlich geht auch die berühmteste Darstellung des Jesuskindes auf diese große Heilige zurück: das „gnadenreiche Prager Jesulein“.
Dieses weltweit verehrte Gnadenbild, das sich in der Prager Karmelitenkirche befindet, gehört ebenfalls zum Typus des „kleinen Königs“. Dementsprechend zählen Krone und Reichsapfel zu seinen charakteristischen Attributen. Darüber hinaus verfügt es über eine reiche, königliche Garderobe.
Doch erst wenn das Jesulein seiner kostbaren Gewänder entkleidet ist, zeigt es sich in seiner ergreifenden, ursprünglichen Einfachheit: Die anmutige Figur eines dunkelblonden Knaben ist nur aus Wachs um einen Holzkern geformt und wirkt dadurch so zart und fragil, wie es eben alle kleinen Kinder sind.
In den Wirren des dreißigjährigen Krieges erlebte das Jesulein eine regelrechte Passion: Protestantische Soldaten rissen es vom Altar herab, hieben ihm die wächsernen Hände ab und warfen es zerbrochen in den Schmutz. Was Jesaja mit Blick auf den Messias vom leidenden Gottesknecht sagt, spiegelt so das zerschundene Bildnis des Jesuskinds wider: „Verachtet war er, ein Mann der Schmerzen, mit Krankheit vertraut“ (Jes. 53,4).
Doch so klein und hilflos das Kind von Bethlehem scheint, so allmächtig ist es eben auch. Bald nach dem Ende des Krieges fand das wiederhergestellte Jesulein auf seinen angestammten Altar zurück und wurde dort zur Zuflucht aller Bedrängten. Bis heute legen unzählige Votivtafeln davon Zeugnis ab, wie viele Menschen vor ihm Trost und Hilfe erfahren haben. Für die Leidenden, die Verunsicherten und für alle, die um die Ängste des Lebens wie des Sterbens wissen, geht so gerade vom Prager Jesulein ein besonderer Trost aus.
Wer es anblickt, dem wird auffallen, dass es seine rechte Hand zum Segen erhoben hat, während es in der linken den Reichsapfel trägt.
Als Herrschaftsinsignie symbolisiert der Reichsapfel traditionell den Machtanspruch des Monarchen. Doch der „kleine König“ ist viel mehr als ein irdischer Monarch; er ist der König der Könige, dem „alle Macht gegeben ist im Himmel und auf der Erde“ (Mt 23,18). Als solcher regiert er nicht nur das Universum, sondern hält auch das Schicksal jedes Einzelnen in seiner Hand: „Verkauft man nicht fünf Spatzen für ein paar Pfennig? Und doch vergisst Gott nicht einen von ihnen. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Fürchtet euch nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen“ (Lk 12,6f.)
Letztlich haben uns nicht das Klima oder Kriege in der Hand, auch nicht unsere Ängste und noch nicht einmal der Tod, sondern nur Jesus Christus, unser König. „Fürchtet Euch nicht!“ Dies ist die erlösende Botschaft des Jesuskinds, vor dem wir mit letzter Gewissheit beten dürfen: „Deine rechte Hand hält mich fest (Ps. 63,9). Nur Du bist mein Retter und der Retter der ganzen Welt.“
Natürlich könnte man spätestens hier einwenden, die Verehrung des göttlichen Kindes sei nicht mehr zeitgemäß und passe nicht zur heutigen „Frömmigkeit“. Erfreulicherweise ist das Gegenteil der Fall: Die Nachfrage nach Statuen des Prager Jesuskindes ist während der Pandemie so enorm gestiegen, dass es zeitweise zu beträchtlichen Lieferengpässen kam. Von einem vermeintlich kitschigen Kult fehlt jede Spur: Wer mit Weihnachten ernst macht und die Menschwerdung Gottes verehrt, muss zuallererst um Vergebung bitten, heute wohl mehr denn je: Für alle Unmenschlichkeit auf Erden und besonders für den millionenfachen Mord an den Ungeborenen. Vor allem der zeigt überdeutlich an, wie sehr eine Welt vor dem Abgrund ihres göttlichen Retters bedarf.
Der Autor, Dr. Joachim Heimerl, ist Priester und Oberstudienrat.
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