25. Mai 2024
In der Erklärung Dignitas infinita wird daran erinnert, dass die unveräußerliche und unantastbare Würde des Menschen die Grundlage der Menschenrechte und -pflichten bildet. Deutlich zurückgewiesen wird dabei die Auffassung, dass die Menschenwürde durch die Würde der Person ersetzt werden könne. Mit Person wird dann der Mensch als vernunftbegabtes Lebewesen verstanden. Der Begriff der Würde wird damit verfälscht.
Vertreter dieser Position leiten „Würde und Rechte aus der Fähigkeit zu Erkenntnis und Freiheit ab, mit der nicht alle Menschen ausgestattet sind“: „Das ungeborene Kind hätte demnach keine persönliche Würde, ebenso wenig wie ein unselbstständig gewordener alter Mensch, oder jemand mit einer geistigen Behinderung.“ Wer solche Auffassungen vertritt, wird dann Abtreibung, assistierten Suizid und Euthanasie billigen oder sogar gutheißen. Dies alles steht dem Evangelium Jesu Christi und der Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte entgegen.
In Erklärung heißt es somit: „Die Kirche besteht im Gegenteil auf der Tatsache, dass die Würde jeder menschlichen Person, gerade weil ihr untrennbar verbunden, ‚jenseits aller Umstände‘ bleibt und ihre Anerkennung in keiner Weise von der Beurteilung der Fähigkeit zu Erkenntnis und zu freiem Handeln einer Person abhängen kann. Andernfalls wäre die Würde nicht als solche dem Menschen innewohnend, unabhängig von seiner Konditionierung und daher einer bedingungslosen Achtung würdig. Nur durch die Anerkennung einer dem Menschen innewohnenden Würde, die niemals verloren gehen kann, ist es möglich, ihr eine unantastbare und sichere Grundlage zuzusichern. Ohne jeden ontologischen Bezug wäre die Anerkennung der Menschenwürde unterschiedlichen und willkürlichen Bewertungen ausgeliefert.“
In gleicher Weise sinnwidrig sind Bestrebungen, die die Menschenwürde mit einer „individualistischen Freiheit“ verknüpfen. Das Dikasterium für die Glaubenslehre stellt fest: „Die Menschenwürde kann jedoch weder auf rein individuellen Maßstäben beruhen noch mit dem psychischen und leiblichen Wohlbefinden des Einzelnen allein identifiziert werden. Vielmehr beruht die Verteidigung der Menschenwürde auf konstitutiven Forderungen der menschlichen Natur, die weder von individueller Willkür noch von gesellschaftlicher Anerkennung abhängen. Die Pflichten, die sich aus der Anerkennung der Würde des anderen ergeben, und die entsprechenden Rechte, die sich daraus ableiten, haben daher einen konkreten und objektiven Inhalt, der auf der gemeinsamen menschlichen Natur beruht. Ohne einen solchen objektiven Bezug ist der Begriff der Würde in der Tat der unterschiedlichsten Willkür und Machtinteressen unterworfen.“
Die Menschenwürde bahnt also mitnichten den Weg zu einer existenzialistischen Selbstbestimmung vermeintlicher Autonomie, sondern steht stets in Verbindung mit der „Zugehörigkeit zur menschlichen Gemeinschaft“ und schließt „Verpflichtungen“ gegenüber anderen Menschen notwendig mit ein. Die Sorge für die Umwelt ist zudem geboten, für den Nächsten, für die Mitgeschöpfe, die ihre je eigene „Gutheit“ besitzen, die es zu hüten und zu pflegen gilt – aber auch auf die Ökologie des Menschen muss geachtet werden. Auch die Beziehung zu Gott soll und muss lebendig sein und gepflegt werden.
Die Meinung, dass der Mensch, der sich von Gott abwendet oder loslöst, freier sei als der Gläubige, wird eindeutig abgelehnt: „Die Freiheit ist ein wunderbares Geschenk Gottes. Selbst wenn uns Gott mit seiner Gnade an sich zieht, tut er dies so, dass unsere Freiheit niemals verletzt wird. Es wäre daher ein großer Irrtum zu glauben, dass wir fern von Gott und seiner Hilfe freier sein können und uns deshalb würdiger fühlen. Losgelöst von ihrem Schöpfer kann unsere Freiheit nur schwächer werden und sich verdunkeln. Dasselbe geschieht, wenn die Freiheit sich als unabhängig von einem anderen Bezugspunkt als sich selbst begreift und jede Beziehung zu einer voraufgehenden Wahrheit als Bedrohung empfindet.“ Zudem gibt es auch keine Form einer „abstrakten Freiheit“.
Zugestanden wird eine Entwicklung im Verständnis von Würde und Freiheit, aber auch die „Gefahren einer entgegengesetzten Entwicklung“ werden wahrgenommen: „Davon zeugt das auch unter christlichem Einfluss – der in zunehmend säkularisierten Gesellschaften weiterhin lebendig ist – wachsende Bestreben, den Rassismus, die Sklaverei und die Ausgrenzung der Frauen, Kinder, Kranken und Behinderten zu beseitigen. Doch dieser mühsame Weg ist noch lange nicht zu Ende.“
Zu den neuen Bedrohungen der Menschenwürde rechnet das Dikasterium für die Glaubenslehre und in besonderer Weise Papst Franziskus die wirkmächtige Gendertheorie, die auch als Wissenschaft auftritt und etliche Positionspapiere des deutschen Synodalen Weges mitbestimmt hat. In der Erklärung Dignitas infinita heißt es dazu eindeutig: „Über sich selbst verfügen zu wollen, wie es die Gender-Theorie vorschreibt, bedeutet ungeachtet dieser grundlegenden Wahrheit des menschlichen Lebens als Gabe nichts anderes, als der uralten Versuchung des Menschen nachzugeben, sich selbst zu Gott zu machen und in Konkurrenz zu dem wahren Gott der Liebe zu treten, den uns das Evangelium offenbart.“
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