26. März 2018
Gestern wurde im Kinderzimmer an der Magnetwand eine Barbie gekreuzigt. Die Mittlere hatte sie mit Magneten gut befestigt, die Große justierte noch ein wenig, um das Bild perfekt zu machen. Ich wickelte derweil die Kleine und sah mit halbem Auge zu. Ich gebe zu, ein wenig geschockt gewesen zu sein und war gleichzeitig froh, dass beide in den katholischen Pfarrkindergarten gehen, damit ich nicht am Montag zum Elterngespräch über gewaltverherrlichendes Verhalten meiner Kinder gebeten werde.
Denn im Kindergarten hatte man angefangen mit den Kindern den Weg auf Ostern zu sehr ernsthaft und bildhaft zu besprechen. Dank eines Ungeziefers waren alle Buchsbäume im Garten des Kindergartens zerfressen, sodass die Erzieherinnen mit den Kindern bunte Palmtücher bemalt haben. Dunkle Kreuze, Blut, Dornen…besonders die Jungs hatten sich alle Mühe gegeben die Tücher themagetreu zu bemalen. Unsere Töchter hatten zum Glück den fröhlichen Anlass „Palmsonntag“ umgesetzt und Prinzessinnen, Regenbogen und Sonnen gemalt.
Dennoch hing nun die gekreuzigte Barbie im Kinderzimmer und mir wurde wieder einmal deutlich wie extrem die Fastenzeit, die Karwoche und dann Ostern zwischen Fröhlichkeit und Trauer schwanken. Letztes Jahr habe ich die Große mit in die Karfreitagsliturgie genommen. Zur Kreuzverehrung hatten wir Blumen dabei und der Ablauf mit Niederknien und orgelfreiem Gesang fesselte die Aufmerksamkeit meiner Tochter. Eine Freundin befand die Entscheidung meine Tochter mitzunehmen, unangemessen und nicht kindgerecht. „Viel zu brutal“, sagte sie.
Ja, brutal und traurig ist es, aber kann man auch als Kind nicht Ostern erst begreifen, wenn man Karfreitag erlebt hat? Ich finde die Liturgie mit der Kreuzverehrung, der Ruhe im Gesang und dem Lesen des Evangeliums, sehr intensiv und erlebbar für Kinder mit allen Sinnen. Überhaupt leben Liturgie und Glaube doch von den Sinnen.
Als wir vor einigen Jahren in unser Haus gezogen sind, war ich das erste Mal an Gründonnerstag in unserer neuen Pfarrkirche. In Sichtweite, nur ca 1 km entfernt liegt die Hauptkirche unserer Stadt. Hierhin wurde nun im Dunkeln in einer stillen Prozession das Allerheiligste getragen und zur Anbetung ausgestellt. Noch nie habe ich die Kartage so intensiv und bewusst erlebt, wie in diesem Jahr. Ich überlege trotz später Uhrzeit in diesem Jahr auch unsere Große mitzunehmen, da ich dieses Erleben auch ihr ermöglichen möchte.
Bleibt noch immer die Frage nach der Brutalität. Ja, der Tod am Kreuz, die Verhöhnung durch die Soldaten, der Stich in die Seite sind alles Details, die ich nur vorsichtig und gefiltert an die Kinder weitergebe. Andererseits denke ich auch an Märchen, die in ihrem dramaturgischen Aufbau ähnlich zu der Osterzeit sind und eine Abfolge an Brutalitäten schlechthin sind. Nun ist die Brutalität aber nicht Kern der Osterbotschaft, sodass ich denke, dass man auch darüber hinweg gehen kann und sich auf das Wesentliche konzentrieren sollte. Jesus Christus hat sich für uns am Kreuz hingegeben, das Kreuz ist somit zum Symbol der Liebe Gottes zu den Menschen geworden. Er ist auferstanden und hat den Tod besiegt.
Auch Kinder können und sollen diese Botschaft hören und verstehen. Scheinbar hat Jesus am Kreuz Eindruck auf sie gemacht, sonst hätten sie sicher nicht die Barbie an die Magnettafel gehängt. Dennoch haben sie weniger eine brutale Actiongeschichte daraus gemacht, sondern die zwischenmenschlichen Aspekte rund um Maria, seiner Mutter, Jesus dem Sohn und Johannes dem lieben Freund miteinander in ihr Spiel eingeflochten. Das zeigt mir, dass sie den Kern der österlichen Tage begriffen haben und ich mir keine Sorge machen muss, um ihren Seelenfrieden.
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