13. Mai 2019
Wer Geschwister hat der weiß, dass Liebe und Streit eng beieinander liegen. Man spielt gerne zusammen, es ist langweilig ohne Spielgefährten und manchmal wünscht man sich allesamt auf den Mond und möchte einfach nur seine Ruhe haben und alle Barbies für sich alleine.
Was Geschwister bei diesen Auseinandersetzungen und besonders im alltäglichen Zusammensein lernen, ist Gefühle zu zeigen und für sich und seine Position einzustehen. Anfangs lösen Kinder Konflikte im jungen Alter über das "Recht des Stärkeren", ein Erziehungsziel von Eltern sollte sein, dass die Kinder immer besser dazu befähigt werden, sich verbal den Konflikten zu stellen und gemeinsam kooperativ und einander zugewandt Lösungen und Kompromisse zu finden. Gleichzeitig dürfen Kinder aber auch "Nein" sagen und müssen sicher nicht immer alles teilen und ständig zu Kompromissen bereit sein. Es ist OK zu seinen Enttäuschungen zu stehen und sich vielleicht auch mal für eine Weile aus dem Weg zu gehen.
Impulskontrolle ist das Stichwort, denn wer immer nur impulsiv handelt, der ist nicht konfliktfähig. Wer aber Wut im Bauch hat, der muss irgendwo hin mit diesem Gefühl und manchmal hilft es dann auch zu schreien oder wütend aufzustampfen. Als Mutter kenne ich diese Momente auch von mir selber, aber es ist eben immer auch wichtig Kinder zu begleiten und sie anzuleiten, dass sie ihre Gefühle verbalisieren können.
So erzählte uns die Erzieherin beim Abschlussgespräch zur Einschulung der Ältesten, dass sie das sehr gut könne und man eben merke, dass sie Geschwister habe, mit denen sie das "übe". Ihre Freundin hatte unvermittelt den Maltisch und somit die gemeinsame Malaktion verlassen und ließ unsere Tochter verdattert zurück. Sie war empört und ging zu ihrer Erzieherin, um sich Rat zu holen, da sie sich alleine gelassen fühlte und es nicht in Ordnung fand, dass ihre Freundin einfach gegangen war. Sie wurde von ihrer Erzieherin darin bestärkt ihrer Freundin genau das zu sagen. Also ging sie hin und bat sie wieder mit zu kommen, um die Situation zu klären und dann sagte sie ihr, wie sie sich gefühlt hat, als sie einfach sitzen gelassen wurde und sagte, dass sie außerdem nicht alleine aufräumen wolle.
Ohne mit den Mädchen permanent an diesem Thema zu arbeiten, war offenbar etwas bei ihr hängen geblieben, was mich sehr zufrieden und stolz machte. Es erfordert ja durchaus viel Mut über die eigenen Gefühle und die Enttäuschung zu sprechen und in diesem Fall, trotz der Zurückweisung, die sie durch die Freundin erfahren hatte, die sich einfach einem anderen Spiel angeschlossen hatte.
Meiner Nichte, die so alt ist wie unsere Jüngste und die wegen der Berufstätigkeit meiner Schwägerin nun die Vormittage bei uns verbringt, fällt diese Auseinandersetzung noch sichtlich schwer. Natürlich sind die beiden auch erst 1 ½ Jahre alt, aber man merkt unserer Jüngsten, im Vergleich zu ihrer Cousine, deutlich an, dass sie die Auseinandersetzung gewöhnt ist und gelernt hat für sich einzustehen und nicht sonderlich empfindlich auf Zurückweisung oder Konflikte zu reagieren.
Tatsächlich hat sie sich bei ihren älteren Schwestern abgeschaut, dass Probleme weniger körperlich, als vielmehr verbal gelöst werden. So ist ihr "Nein" sehr laut und ausdrucksstark und Standpauken halten kann sie auch schon, sogar mit Untermalung von Gesten. Man versteht zwar nichts, aber der Tonfall macht deutlich, dass ihr etwas nicht passt.
Ihre Cousine steht also oft da, kann mittlerweile wenigstens die Schimpftiraden ohne Tränen ertragen, hat dem aber nichts entgegenzusetzen. Ich versuche eine Mischung aus Einmischung und Anleitung zu finden. Unsere Tochter muss lernen, sich etwas zurück zu nehmen und mit ihrem Temperament zu haushalten, die Cousine muss lernen "Nein" zu sagen und Konflikte auszuhalten.
Eine Glanzleistung gegenseitiger Empathie geschah vor einigen Tagen, als die Cousine wohl ihren Mut entdeckt hatte und unserer Tochter die Trinkflasche weggenommen hat. Sie marschierte zielstrebig davon und die Tochter hinterher. "Nein, Nein" rief sie mit ausgestrecktem Arm und immer wieder "Bitte, Bitte", um sie zu bewegen, die Flasche wieder zurück zu geben. Schließlich war sie wirklich sauer, war aber noch nicht so weit der Cousine eins überzubraten und dachte noch über eine Lösung nach, nahm dann die Flasche ihrer Cousine und bot ihr diese zum Tausch an. Es klappte, beide prosteten sich sogar noch zu und hatten selbstständig ohne Schlägerei, die unter 1 ½ jährigen nicht unüblich gewesen wäre, das Problem gelöst.
Besonders von uns Erwachsenen erfordern Konfliktsituationen ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, da es eben nicht immer gut ist, sich einzumischen, sondern auch Vertrauen in die Fähigkeiten der Kinder zu setzen, Konflikte selbstständig lösen zu können.
Zum Streiten gehört eben viel dazu: Erkennen und Zulassen der eigenen Gefühle, Mut und Stärke, Kommunikation und nicht zuletzt Lösungsbereitschaft, Empathie und Versöhnung!
Das Blog "Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter" mit Elisabeth Illig erscheint jeden Montag bei CNA Deutsch. Alle bisherigen Blogposts finden Sie hier im Überblick.
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