30. Mai 2020
Unser Vertrauen wächst, wenn Zeitgenossen sich besonnen äußern und überlegt agieren. Der polnische Pädagoge Janusz Korczak legte im 20. Jahrhundert Grundsätze zur Erziehung dar – auf Deutsch unter dem Titel "Wie man ein Kind lieben soll" erschienen und noch immer lesenswert –, in denen sichtbar wird, wie unverzichtbar Menschenfreundlichkeit und Güte für ein gedeihliches Wachstum und den Reifeprozess eines Kindes sind. Nicht martialische Strenge oder farbige Metaphern erweisen sich als wohltuend, sondern eine gewisse Behutsamkeit im Ausdruck und bei der Wortwahl. Wenn wir Wege zueinander finden und miteinander unterwegs sein möchten, formulieren wir achtsam, sensibel und respektvoll.
Der Limburger Bischof Dr. Georg Bätzing wählte in der Zeitschrift "Publik-Forum" eine eigene, plastische Sprache, als er sich am 28. Mai 2020 zur Situation der Kirche in dieser Zeit und insbesondere auch zu der Fortsetzung des "Synodalen Weges" äußerte. Wer möchte, kann das nachlesen. Der Limburger Bischof brachte eine Reihe seiner persönlichen Meinungen zur Sprache, die auch viel über die Signatur der Zeit aussagen. Dies reicht hin bis zu dem Ansinnen, dass die römisch-katholische Kirche überhaupt über die Resultate des "Synodalen Weges", die in dem Interview manchmal fast schon vorformuliert zu sein scheinen, beraten und weltkirchliche Verfügungen treffen könne.
Mich hat besonders der Sprachgebrauch in diesem Interview erstaunt. Ich gebe nur ein einziges Beispiel. Bischof Dr. Bätzing sagt: "Die Verringerung der »Ressource Priester« muss kein Schaden sein für die Lebendigkeit der Kirche." Der "Duden" kennt zwei Bedeutungen für diesen Begriff: "natürlich vorhandener Bestand von etwas, was für einen bestimmten Zweck, besonders zur Ernährung der Menschen und zur wirtschaftlichen Produktion, [ständig] benötigt wird" und "Bestand an Geldmitteln, Geldquelle, auf die jemand zurückgreifen kann". Wer mit dem ökonomischen Denken vertraut ist, kennt vielleicht den Begriff "Human Ressources" – Menschen, die unverzichtbar für ein Unternehmen sind, die sich dann aber auch einsetzen lassen oder eingesetzt werden, um den Erfolg der Firma zu mehren. Wenn diese "Human Resources" entbehrlich werden, dann droht ihnen die Entlassung. Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz versucht offenbar, eine Situation – den Priestermangel – zu beschreiben und positiv aufzunehmen. Mir scheint, das gelingt ihm nur sehr unzureichend. Für Priesterberufungen zu beten ist übrigens immer noch erlaubt.
Bätzings Wortwahl gibt aber sicherlich nicht nur mir Rätsel auf. Wir wissen nicht nur alle, dass der priesterliche Dienst und das Amt des Priesters für die katholische Kirche unverzichtbar sind, sondern wir kennen auch zahllose Geistliche, die mit ganzem Herzen einstehen für die Kirche des Herrn, die seelsorgerisch aufopferungsvoll tätig sind und treu ihren Dienst tun, bis ans Ende ihres Lebens. Eine unsensible Wortwahl – wie "Ressource Priester" – macht einfach traurig.
Unverständlich sind auch die neuen Maßgaben des Präsidiums des Synodalen Weges. Dieses hat autoritativ eingegriffen, als das Format der Sitzungen modifiziert wurde. Bischof Dr. Rudolf Voderholzer hat diese Praxis umgehend völlig zu Recht kritisiert: "Wenn schon ein partizipatives Verfahren durchgeführt werden soll, dann kann sich das Präsidium nicht hierarchische Alleingänge erlauben." Sonst wird die freimütige Diskussion zur Farce, und die Partizipation erweist sich als Fiktion. Der Regensburger Bischof erklärte weiter: "Ich bin der Überzeugung, dass es nicht mit dem Wesen einer 'synodalen Kirche' vereinbar ist, wenn von der Spitze ausgehend, ohne allgemeine Konsultation, autoritär Alleingänge praktiziert werden, die alle anderen vor vollendete Tatsachen stellen."
Ich möchte mir den Begriff "Ressource" ungern zu eigen machen – aber da es hier auch um ökonomische Belange geht, nutze ich das Wort: Muss die Kirche in Deutschland für den "Synodalen Weg" wirklich Ressourcen, nämlich Kirchensteuermittel, zur Verfügung stellen? Aufgrund der Corona-Pandemie und der mit ihr verbundenen ökonomischen Krise werden in Bistümern wegen künftiger Steuerausfälle Haushaltssperren und Sparmaßnahmen angekündigt. Finanzielle Engpässe sind absehbar: Warum verzichten wir dann nicht einfach auf den "Synodalen Weg"? Wissen Sie, wie viel dieser die Kirche hierzulande kostet? Damit kein Missverständnis entsteht: Ich wünsche mir nichts mehr als eine christozentrische Erneuerung der Kirche, wie dies Papst Franziskus den Katholiken in Deutschland in seinem Brief vom 29. Juni 2019 dringend ans Herz gelegt hat, aber ich habe den begründeten Zweifel, dass der "Synodale Weg" dazu beitragen wird.
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