Rom - Freitag, 25. Oktober 2019, 16:19 Uhr.
Jahrhunderte lang war es die Sommerresidenz der Päpste, nun ist der Apostolische Palast von Castel Gandolfo zugänglich für die Öffentlichkeit. Den Besucher erwartet neben frommer Schönheit auch ein Ort mit bewegter, ja, bewegender Geschichte.
Besucher können nun sehen, wo – während des Zweiten Weltkriegs – rund 50 Babies zur Welt kamen, und Räume, in denen mehrere Päpste starben.
"Wer über die Schwelle des Apostolischen Palastes von Castel Gandolfo tritt, dem begegnet echte Schönheit", sagt der Direktor der Vatikanischen Museen, Antonio Paolucci.
"Von der großen Terrasse aus werden sie darunter liegen das blaue Auge des Sees und ringsherum die Berge sehen, bedeckt mit intakten Wäldern", sagte er.
"Beim Durchqueren des Apostolischen Apartments werden sie das Summen der Geschichte verspüren und an die Gefühle und das Staunen, aber auch an die Dankbarkeit, die jeder Besucher empfinden wird für dieses unerwartete Geschenk des Papstes".
Touren der Päpstlichen Villa werden von den Vatikanischen Museen organisiert. Auf deren Website sind auch die Karten erhältlich, die Besucher brauchen, wenn sie das seit dem gestrigen Samstag geöffenete Gebäude sehen wollen.
Palast, Rückzugsort, Landwirtschaft, Flüchtlingsunterkunft
Die als "Barberini-Gärten" bekannten Parkanlagen der Residenz können bereits seit 2014 besichtigt werden – eine Maßnahme der Stadt, um die Einnahmen der Kommune aufzubessern.
Nicht nur für Papst Benedikt XVI. war die Villa, die dem Heiligen Stuhl im Lateranpakt von 1929 zugesprochen wurde, ein beliebter Rückzugsort während der Sommerwochen.
Den Päpsten diente Castel Gandolfo schon seit dem 17. Jahrhundert als Residenz, nachdem Papst Urban VIII. die Anlage aufwändig restaurieren liess. Pius XI. ließ eine kleine Landwirtschaft anlegen, die Eier, Milch, Öl, Gemüse und Honig für örtliche Mitarbeiter herstellt. Diese werden auch im Supermarkt des Vatikans verkauft.
Erst seit dem Amtsantritt von Franziskus steht die Residenz leer: Der argentinische Papst verbringt die Sommermonate lieber in Rom.
Nach dem historischen Rücktritt Benedikts im Jahr 2013 beteten Franziskus und er gemeinsam in der Privatkappel des Castels: Es war das erste Mal in der Geschichte der Kirche, dass ein Papst und sein Nachfolger gemeinsam beteten.
Zu sehen bekommen Touristen unter anderem die Schweizer Halle, wo die Leibwache der Päpste Wache schob. Tatsächlich war Papst Pius XII. während der letzten Kriegsjahre praktisch Gefangener des Vatikans. Als er hörte, dass um Castel Gandolfo herum viele Menschen wegen der schweren Kämpfe im Januar 1944 auf der Flucht waren, öffnete er sofort die Tore der Residenz. Rund 12.000 Menschen fanden dort Unterschlupf, ohne sich ausweisen zu müssen. Viele Juden aus Rom kamen hier in Sicherheit.
Besuchern Castel Gandolfos werden natürlich auch die päpstlichen Unterkünfte gezeigt, darunter Bibliothek, Thronraum, Arbeitszimmer – und sogar das Schlafzimmer, in dem Pius XII. im Jahr 1958 verstarb, sowie zwei Jahrzehnte darauf Papst Paul VI. In den Kriegsmonaten wurde es als Kreißsaal verwendet: Gut 50 Babies kamen im päpstlichen Schlafzimmer zur Welt. Bis heute werden sie augenzwinkernd "die Kinder des Papstes" genannt.
An einem Schreibtisch steht immer noch eine kleine bayerische Fahne, die an den letzten Papst erinnert, der hier wohnte: Benedikt XVI.
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Eine frühere Fassung dieser Reportage erschien am 23. Oktober 2016.
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— CNA Deutsch (@CNAdeutsch) May 20, 2016