Erfurt - Freitag, 15. September 2023, 15:30 Uhr.
Die „Arbeitsgemeinschaft Katholische Dogmatik und Fundamentaltheologie im deutschsprachigen Raum“ hat in einem offenen Brief an den neuen Präfekt des Dikasterium für die Glaubenslehre, Erzbischof Víctor Manuel Fernández, „kirchliche Spielräume“ gefordert, „damit Theologie ein ‚kulturelles Laboratorium‘ (Veritatis gaudium, Nr. 3) bilden kann“.
Das von der Erfurter Dogmatikerin Julia Knop und dem Salzburger Fundamentaltheologen Gregor Maria Hoff unterzeichnete Schreiben ist auf Dienstag datiert und wurde am Donnerstag veröffentlicht.
„Sie selbst sprechen davon, dass Sie das Dikasterium für die Glaubenslehre am Beginn einer ‚neuen Etappe‘ sehen“, so Knop und Hoff für die Arbeitsgemeinschaft. „Das erfüllt uns mit Zuversicht. Wir setzen auf theologische Gesprächsbereitschaft wie -fähigkeit in den wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und kirchlichen Kontexten, in denen es gilt, den christlichen Glauben in seinen globalen Zusammenhängen zu verantworten und aktiv einzubringen.“
„Das Prooemium von Veritatis gaudium hat die Türen weit geöffnet, um Theologie als einen offenen Diskurs in kirchlicher Verantwortung zu entwickeln“, hieß es in dem offenen Brief. „Nur so findet katholische Theologie in unseren Wissensgesellschaften den Respekt und die Resonanz, die sie für ihre Arbeit braucht. Das setzt intellektuelle Freiheit voraus, um Theologie entwickeln zu können.“
Eine solche „intellektuelle Freiheit“ vertrage sich indes „nicht mit disziplinarischen Eingriffen. Wir bitten deshalb auch darum, die Nihil obstat-Verfahren transparenter zu gestalten, die Abläufe zu beschleunigen und wechselseitig eine kirchliche Kultur des Vertrauens zu pflegen.“
„Wir sind davon überzeugt, dass dies unsere Kirche in ihrem synodalen Aufbruch stärkt und das für uns Theologinnen und Theologen im deutschsprachigen Raum so wichtige Kooperationsverhältnis von Kirche und Staat stabilisiert“, argumentierte die „Arbeitsgemeinschaft Katholische Dogmatik und Fundamentaltheologie im deutschsprachigen Raum“.
Fernández selbst steht seit seiner Ernennung als Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre unter manchen Katholiken in der Kritik. So sagte er etwa vor rund zwei Monaten mit Blick auf die Segnung homosexueller Verbindungen: „Es gibt biblische Texte, die man nicht ‚materiell‘ auslegen sollte, ich meine nicht ‚wörtlich‘. Die Kirche hat seit langem die Notwendigkeit einer Hermeneutik verstanden, die sie in ihrem historischen Kontext interpretiert. Das bedeutet nicht, dass sie ihren Inhalt verlieren, sondern vielmehr, dass sie nicht völlig für bare Münze genommen werden sollten. Andernfalls müssten wir zum Beispiel das Gebot des Paulus befolgen, dass Frauen ihr Haupt bedecken sollen.“
Gefragt, ob ein tieferes Verständnis der kirchlichen Lehre auch von einer „Überwindung der Homosexualität als ‚objektiv ungeordnet‘“ ausgehe, „einer Definition im Katechismus, die weiterhin diejenigen verletzt, die in einem nicht gewählten sexuellen Zustand leben, und auch ihre Familien“, sagte Fernández damals: „Dies ist ein Problem der theologischen Sprache, die manchmal die Wirkung ignoriert, die sie in den Herzen der Menschen haben kann, als ob sie gleichgültig gegenüber dem Schmerz wäre, den sie verursacht. Aber, wie Sie wissen, ist das nicht der Fall bei Papst Franziskus, der zweifellos eine andere Sprache verwenden würde.“