Christoph Ohly verspricht „inhaltlich bereicherndes“ Programm bei Ratzinger-Tagung in Rom

Christoph Ohly
screenshot / YouTube / MAKA - Vernunft & Glaube

Am Samstag findet das diesjährige Romtreffen des Schülerkreises bzw. des Neuen Schülerkreises von Joseph Ratzinger bzw. Papst Benedikt XVI. statt. Radio Horeb und EWTN übertragen live. CNA Deutsch sprach mit dem Priester und Kirchenrechtler Christoph Ohly, dem ersten Vorsitzenden des Neuen Schülerkreise, über die Veranstaltung.

Am 23. September findet das diesjährige Romtreffen des Schülerkreises bzw. des Neuen Schülerkreises von Joseph Ratzinger bzw. Papst Benedikt XVI. statt. Es ist das erste Treffen nach dem Tod des Papstes am 31. Dezember 2022. Was ist in diesem Jahr anders als sonst?

Der Heimgang von Papst Benedikt XVI. stellt für die seit Jahren zunächst in Castel Gandolfo und dann in Rom stattfindenden Treffen der beiden Schülerkreise in gewisser Weise eine Zäsur dar. Nach dem Amtsverzicht im Jahr 2013 hat der emeritierte Papst ja nicht mehr persönlich an den Arbeitstreffen der Schülerkreise teilgenommen, wohl aber in enger Absprache mit den Verantwortlichen – hier vor allem mit Kardinal Kurt Koch als dem von ihm persönlich bestellten Protektor der beiden Schülerkreise – die Themen und den inhaltlichen Verlauf dieser jährlichen Treffen aufmerksam verfolgt und sich in persönlichen Begegnungen davon berichten lassen.

Insbesondere bei dem seit 2019 jährlich stattfindenden öffentlichen Symposium ist er mit Hilfe der Radio- und Fernsehübertragung immer auch dabei gewesen. Das wird ab diesem Jahr nun nicht mehr so sein. Doch sind wir in der Zuversicht unseres Glaubens davon überzeugt, dass er auf andere Weise gegenwärtig ist und unser Bemühen begleitet, sein theologisches Denken vor dem Hintergrund aktueller Fragestellungen zu bedenken und zu vermitteln.

Die römischen Tage der Schülerkreise werden in diesem Jahr neben der inhaltlichen Arbeit und ihrem geistlichen Rahmen von Gebet und Eucharistiefeiern sicher auch besonders der persönlichen Begegnung und des Austausches dienen. Viele Teilnehmer sehen sich nach dem Heimgang von Papst Benedikt XVI. zum ersten Mal wieder.

Es hat den Anschein, als sollten beim Romtreffen große Themenbereiche, die Benedikt XVI. bearbeitet hat, überblicksartig vorgestellt werden, etwa Liturgie oder Kirche. Was steht alles auf dem Programm?

Ja, das ist richtig. Im Blick auf das diesjährige Symposium lag es nah, sich im ersten Jahr nach dem Heimgang von Papst Benedikt XVI. der grundlegenden Thematik seines theologischen Werkes zu widmen.

Unter dem Titel „Mitarbeiter der Wahrheit sein“, der an den bischöflichen Wahlspruch von Joseph Ratzinger erinnert (vgl. 3 Joh 1,8), sollen jene großen Leitlinien sichtbar werden, die auch für die jeweiligen Einzelthemen der künftigen Symposien zum Bezugspunkt werden können. Damit wird sozusagen ein Prospekt unserer zukünftigen Arbeit als Schülerkreise gezeichnet und der Auftrag erkennbar gemacht, der sich im Untertitel des Symposiums ausdrückt: „Das reiche Erbe von Papst Benedikt XVI. in die Zukunft tragen“.

Mehr in Gespräch

Was steht konkret auf dem Programm? Nach den internen Begegnungen, in denen wir uns durch Vorträge und Diskussionen fachlich austauschen, wird sich das öffentliche Symposium der Thematik durch einen Hauptvortrag und vier Kurzvorträge stellen.

Ich bin sehr dankbar, dass wir für den Hauptvortrag Kardinal Koch gewinnen konnten. Er ist ein herausragender Kenner der Theologie von Joseph Ratzinger und wird unter dem Titel „Mitdenken mit dem Glauben der Kirche“ die Grundzüge des theologischen Denkens von Papst Benedikt XVI. darlegen. Das Leitwort des „Glaubens“ findet sich dann wiederum in den vier Kurzvorträgen wieder, welche die Leitlinien des Hauptvortrags aufnehmen und im Licht der vier Konstitutionen des Zweiten Vatikanischen Konzils vertiefen. Deren Themen sind für das theologische Denken von Joseph Ratzinger maßgebend: Gott – Liturgie – Kirche – Gesellschaft.

Da ist zunächst die Offenbarungskonstitution „Dei Verbum“. Professor Ralph Weimann aus Rom wird über die Wahrheit des Glaubens an Gott sprechen, der sich den Menschen in höchster Weise in Jesus Christus geoffenbart hat. Dr. Sven Conrad FSSP behandelt im Anschluss an die Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ im zweiten Kurzvortrag unter dem benediktinischen Leitwort „Dem Gottesdienst nichts vorziehen“ die Theologie der Liturgie, in der die Schönheit des Glaubens sichtbar wird. Der Abt des Stiftes Heiligenkreuz, Dr. Maximilian Heim OCist, nimmt sich sodann im Licht der Kirchenkonstitution „Lumen Gentium“ des Themas der Kirche als Gemeinschaft des Glaubens an, die, so Joseph Ratzinger, als „Volk Gottes vom Leib Christi her“ charakterisiert ist. Und schließlich wird Prälat Dr. Markus Graulich SDB aus Rom im Kontext der Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ zur Ausstrahlung des Glaubens in die Gesellschaft sprechen und hier insbesondere die Bedeutung des christlichen Glaubens für Recht und Gerechtigkeit entfalten.

Die bisher obligatorische Podiumsdiskussion der Referenten entfällt in diesem Jahr. Doch bietet das Symposium stattdessen einen weiteren inhaltlichen Höhepunkt. Unter dem Leitwort „Lebenspraxis des Glaubens: Biographie“ kommt es zu einer Begegnung mit Erzbischof Dr. Georg Gänswein, der im Gespräch, das von Professor Stefanos Athanasiou aus München moderiert wird, biographische Züge gelebten Glaubens bei Joseph Ratzinger erörtern wird.

Ich bin davon überzeugt, dass wir mit alledem ein inhaltlich bereicherndes und zugleich persönlich bewegendes Programm erwarten dürfen! Und auch in diesem Jahr wird es dankenswerterweise wieder so sein, dass jeder Interessierte nicht nur vor Ort am Symposium im römischen Augustinianum teilnehmen kann (hierzu ist eine Anmeldung über die Homepage des Neuen Schülerkreis sinnvoll und erbeten). Es besteht ebenso die Möglichkeit, die Veranstaltung über Radio Horeb und über EWTN live mitzuverfolgen, unter anderem auch in englischer und spanischer Sprache.

Die Referenten der Tagung stammen allesamt aus dem deutschen Sprachraum. Wie wird Ratzinger darüber hinaus rezipiert?

Die Tatsache, dass alle Referenten aus dem deutschsprachigen Raum stammen, verweist zunächst darauf, dass der Neue Schülerkreis mehrheitlich deutschsprachig geprägt ist. Nicht zu vergessen ist aber seine auch internationale und mehrsprachige – oder besser gesagt: weltkirchliche und ökumenische – Zusammensetzung, die sich in anderen Zusammenhängen auch an der Präsenz von fremdsprachigen Referenten zeigt.

Von daher können wir durch die verschiedenen Kontakte in die Kontinente und Sprachräume der Welt hinein ohne Zweifel feststellen, dass es ein großes Interesse an der Theologie von Papst Benedikt XVI. gibt. Das zeigt sich nicht zuletzt an der mehrsprachigen Ausgabe seiner Gesammelten Schriften, an wissenschaftlichen Qualifikationsarbeiten, die sich Themen aus seinem Denken widmen, sowie zahlreichen Publikationen und Tagungen, die ganz im Zeichen der Vertiefung und Vermittlung seines Denkens stehen.

Erkennbar werden das Interesse und die Rezeption ganz praktisch aber auch an der Nutzung der Website www.benedictusxvi.org, die derzeit in deutscher und englischer Fassung vorliegt, auf Zukunft aber auch sicher in anderen Weltsprachen zugänglich gemacht werden wird.

Was prophezeien Sie für die Zukunft – wird das Interesse an der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Benedikt XVI. zunehmen?

Ich bin in der Tat davon überzeugt, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Person und dem Werk von Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. als eines der prägenden Theologen des 20. und 21. Jahrhunderts eine große Zukunft haben wird. Es ist ja so, dass Kirchenväter, Theologen und Heilige der Kirchengeschichte immer wieder in ihren Schritten neu entdeckt und ihre Gedanken im Licht veränderter Kontexte von Neuem erschlossen und fruchtbar gemacht wurden und werden. Das gilt für das Jetzt, aber auch für die Zukunft, in der Generationen von Theologen und Gläubigen auch und gerade in der Person und im Werk des verstorbenen Papstes Großartiges und Wegweisendes auffinden werden.

Sie sind Rektor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie. Sollte man sich dort offensiv mit dem Werk von Joseph Ratzinger befassen – oder geschieht das vielleicht sogar schon?

Kennzeichen unseres theologischen Lehrens, Lernens und Forschens an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) ist unter anderem die dialogische und kritische Begegnung mit dem Denken großer Philosophen und Theologen, unter denen in zeitgenössischer Perspektive Joseph Ratzinger einen wichtigen Platz einnimmt.

Dabei ist es beispielsweise mir persönlich ein Anliegen, meine eigene Disziplin (Kirchenrecht) in ihrer interdisziplinären Ausrichtung zu verstehen, zu erforschen und zu lehren. Nur so kann das Kirchenrecht auch in seiner theologischen Grundlegung erschlossen und dadurch zugleich eine Theologie des Kirchenrechts gewonnen und herausgestellt werden. In dieser Hinsicht stellt für mich das theologische Denken von Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. seit vielen Jahren einen wichtigen Bezugspunkt dar. Seine theologischen Einsichten können auch mit den Normen des Rechts nicht nur ins Gespräch gebracht werden, sondern vielmehr miteinander verwoben werden. Dieser innere Bezug macht es möglich, Normen im Gesamt des Glaubens der Kirche verstehen zu lernen. So stehe ich dabei natürlich in einem intensiven Gespräch mit dem Kollegen der Dogmatik, Professor Manuel Schlögl, der ja ebenfalls Mitglied des Neuen Schülerkreises ist und als ausgewiesener Fachmann in Bezug auf Person und Werk von Joseph Ratzinger gilt.

Für das kommende Jahr ist an der Hochschule eine Tagung geplant, die sich den sozialethischen Implikationen im Denken von Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. widmen wird.

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