Rom - Donnerstag, 28. September 2023, 10:00 Uhr.
Eine Ordensschwester, die vor drei Jahrzehnten eine Gemeinschaft mit dem ehemaligen Jesuiten und mutmaßlichen Missbrauchstäter Marko Rupnik gegründet hatte, wurde im Juni still und leise aus der aus der Leitung der Kommunität entfernt. Außerdem wurde ihr für drei Jahre der Kontakt zu aktuellen oder ehemaligen Schwestern verboten und sie wurde angewiesen, monatliche Pilgerreisen zu unternehmen, um für Rupniks Opfer zu beten.
Schwester Ivanka Hosta, seit 1994 Generaloberin der Loyola-Gemeinschaft, hält sich in einem Kloster in Braga in Nordportugal auf, nachdem die Diözese Rom eine Untersuchung über ihre Leitung der Ordensgemeinschaft abgeschlossen hat, wie die portugiesische religiöse Nachrichtenagentur Sete Margens berichtet.
Hosta gründete die Gemeinschaft von Ordensfrauen zusammen mit Rupnik in Ljubljana, Slowenien, in den frühen 1990er-Jahren, obwohl sich die Wege der beiden 1993 auf dramatische Weise trennten.
Laut einem Dekret, das der römische Weihbischof Daniele Libanori SJ am 21. Juni an Hosta schickte und das Sete Margens vorliegt, wurde Hosta untersagt, ein Amt oder eine Funktion in der Gemeinschaft zu bekleiden oder eine geistliche Leitung auszuüben.
Libanori erteilte Hosta einen "formellen Verweis", weil sie "einen Leitungsstil ausübte, der der Würde und den Rechten jedes einzelnen Mitglieds der Gemeinschaft abträglich war", berichtete Sete Margens am 24. September.
Die ehemalige Ordensoberin wurde außerdem angewiesen, drei Jahre lang keinen Kontakt zu gegenwärtigen oder früheren Mitgliedern der Loyola-Gemeinschaft zu haben und als "äußere Buße" ein Jahr lang monatlich zu einem Marienwallfahrtsort zu pilgern, um "für die Opfer des Verhaltens von Pater Marko Ivan Rupnik und für alle Ordensleute der Loyola-Gemeinschaft" zu beten, denen sie Schaden zugefügt haben soll.
In einem von Sete Margens geteilten Auszug aus dem Dekret sagt Libanori, dass er bei seiner Untersuchung der Loyola-Gemeinschaft "Anomalien" in der Verwaltung des Instituts entdeckt habe.
Eine Quelle innerhalb der Gemeinschaft bestätigte gegenüber CNA, der englischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch, die Existenz des Dekrets. Die Quelle bezweifelte auch, dass das Dekret vollständig umgesetzt wird, da Hosta gegen die Maßnahmen beim Vatikan hätte Berufung einlegen können.
Die ungewöhnlichen Disziplinarmaßnahmen gegen Hosta werfen Fragen zu den Schlussfolgerungen der Untersuchung der Loyola-Gemeinschaft durch die Diözese Rom auf, einschließlich der Frage, warum Hosta zur Buße für Rupniks Opfer verdonnert wurde, und stehen in krassem Gegensatz zu einer kürzlichen Erklärung der Diözese Rom, die Rupniks Kunstzentrum entlastet.
Libanori hatte die Vorwürfe des sexuellen und spirituellen Missbrauchs von Ordensschwestern durch Rupnik erstmals 2019 aufgedeckt, als er aufgrund von Beschwerden über Hosta zur Untersuchung der Loyola-Gemeinschaft in Slowenien entsandt wurde.
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Der römische Weihbischof sagte in einem Brief, den er im Dezember 2022 an italienische Priester schickte und der der Associated Press vorliegt, dass die Behauptungen über Rupnik wahr seien.
Rupnik, ein ehemaliger Freund und Mitarbeiter von Hosta, war bis zu seinem Austritt aus der Ordensgemeinschaft im September 1993 als Kaplan der Loyola-Gemeinschaft tätig.
Mehrere Schwestern verließen mit Rupnik die Gemeinschaft und folgten ihm nach Rom, wo er später seine Kunst- und Theologieschule, das Aletti-Zentrum, eröffnete.
Während Libanoris Untersuchung der Loyola-Gemeinschaft anscheinend ernsthafte Probleme aufgedeckt hat, die strenge Disziplinarmaßnahmen gegen die ehemalige Ordensoberin rechtfertigen, ergab eine kürzlich durchgeführte kanonische Untersuchung der Diözese Rom zu Rupniks Aletti-Zentrum, dass es "ein gesundes Gemeinschaftsleben" gebe, "das frei von besonders ernsten Problemen ist".
Rupnik, der im Juni aus den Jesuiten ausgeschlossen wurde, nachdem er des geistlichen, psychologischen und sexuellen Missbrauchs über mehr als drei Jahrzehnte beschuldigt worden war, lebte von 1995 bis 2020 im Aletti-Zentrum und war dort als Direktor tätig.
Der Priesterkünstler wurde beschuldigt, sexuelle Handlungen mit geweihten Frauen in dem Zentrum vorgenommen zu haben.
In einem offenen Brief, der am 19. September veröffentlicht wurde, sagten ehemalige Mitglieder der Loyola-Gemeinschaft, sie seien "sprachlos" über den abschließenden Bericht der Diözese zu ihrer kanonischen Untersuchung des Aletti-Zentrums.
"Alles, was [die Opfer] erhalten haben und weiterhin erhalten, ist Schweigen", heißt es in dem Brief. "Die Opfer des Machtmissbrauchs von Ivanka Hosta (die 30 Jahre lang Rupniks ruchlose Taten deckte und diejenigen geistig versklavte, die sich seinen Racheplänen widersetzten) warten seit mehr als einem Jahr auf eine endgültige, klare, mütterliche Antwort."
Übersetzt und redigiert aus dem Original von Catholic News Agency (CNA), der englischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.