Redaktion - Dienstag, 26. März 2024, 9:45 Uhr.
Im Vatikan wird am fünften Fastensonntag eine außergewöhnliche Liturgie im Petersdom gefeiert: Die Gläubigen bekommen eine Reliquie zu sehen, die als „Schweißtuch der Veronika“ bekannt ist. Diese Reliquie ist eng mit dem Kreuzweg verbunden und stellt den Moment dar, in dem eine Frau namens Veronika vom Antlitz Jesu Schweiß und Blut wischt.
Der Überlieferung nach trägt dieses Tuch das wahre Abbild des Antlitzes Christi und wird im Petersdom aufbewahrt, auch wenn es in verschiedenen Formen verehrt wird, wie ein bekannter Experte zum Thema, der Autor Paul Badde, gegenüber CNA Deutsch erklärt hat: Es ist „ein einzigartig transparentes Tuchbild Christi, das im Lauf der Geschichte viele Namen hatte. Darunter ist der Name Veronika gewissermaßen eine Allegorie, die sich aus den lateinisch-griechischen Bestandteilen Vera Ikon (Wahres Bild) zusammensetzt.“
Bemerkenswert ist nicht nur das heilige Schweißtuch sondern auch seine Geschichte, so Badde. Schon vor 800 Jahren trugen es ein Papst als Vultus Misericordiae, also als „Gesicht der Barmherzigkeit“ an den Ort eines der ältesten Krankenhäuser der Welt: dem Santo Spirito.
Auch das Tuch selbst trägt den Namen Veronika. Zusammen mit einer echten Kreuzreliquie und der Reliquie der Heiligen Lanze des Longinus nimmt es einen wichtigen Platz im Petersdom ein.
Historische Ursprünge des Schweißtuchs der Veronika
Die genauen Ursprünge der Reliquie sind zwar ungewiss, aber historische Aufzeichnungen belegen, dass sie mindestens seit dem 14. Jahrhundert bekannt ist. Sogar noch früher, im achten Jahrhundert, gab es Hinweise auf eine der heiligen Veronika geweihte Kapelle innerhalb des konstantinischen Petersdoms.
Im Jahr 1207 hob Papst Innozenz III. die Bedeutung des Schweißtuchs der Veronika hervor, indem er das Tuch öffentlich ausstellte und ein Gebet zu seinen Ehren verfasste. Dieses Ereignis markierte den Beginn einer jährlichen Prozession, die Pilger aus nah und fern anzog.
Die Reliquie inspirierte Papst Bonifatius VIII. dazu, 1300 das erste Jubiläumsjahr auszurufen, in dem das Schweißtuch der Veronika für die Pilger als eines der „Wunder der Stadt Rom“ in den Mittelpunkt gerückt wurde. Dante gehörte zu den Pilgern des Jubiläumsjahres 1300 und schrieb über den Schweißtuch in Canto XXXI seines Werks Paradiso.
Erzbischof Georg Gänswein, Foto: Daniel Ibáñez / CNA Deutsch
Erzbischof Georg Gänswein brachte im Jahr 2016 das „Gesicht der Barmherzigkeit“ von Manoppello – das dort aufbewahrte Tuch wird von vielen als Schweißtuch der Veronika gesehen – nach Rom und predigte über dieses Antlitz, wie CNA Deutsch berichtete. Zehn Jahre zuvor sagte Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch in Manoppello – im Jahr 2006: „Wir alle sind auf der Suche nach dem Antlitz unseres Herrn, um in ihm einen Weg für unser Leben zu finden“.
Passionssonntag im Inneren des Petersdoms
Das Schicksal der Reliquie war lange Zeit ungewiss, vor allem in Zeiten des Aufruhrs, wie der Plünderung Roms im Jahr 1527. Das Tuch überlebte jedoch alle Wirren und wurde im 17. Jahrhundert im neuen Petersdom entdeckt, wo es versteckt worden war.
Am fünften Sonntag der Fastenzeit versammeln sich die Kanoniker des Petersdoms mit dem Erzpriester der Basilika und den konzelebrierenden Priestern und den anderen Geistlichen.
Der Zelebrant beginnt mit dem Eröffnungsgebet und entzündet das Prozessionskreuz. Der Chor singt die Litanei der Heiligen und intoniert dreimal „Heiliger Petrus, bitte für uns“ zu Ehren der „Station“, die an diesem Fastensonntag gehalten wird.
Der Passionssonntag im Petersdom. Foto: Daniel Ibáñez / CNA Deutsch
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Jeden Tag in der Fastenzeit pilgert die römische Kirche zu einem anderen Grab – einer anderen Station – eines Märtyrers.
Nach der dritten Intonation zum heiligen Petrus beginnt die Prozession im Petersdom. Den Ministranten folgen die konzelebrierenden Priester, die Domherren und schließlich der Zelebrant. Die Prozession führt durch das längste jemals gebaute Kirchenschiff.
Die Anwesenden, sowohl die Nonnen als auch die Gläubigen, schließen sich der Prozession an und singen weiter die Heiligen-Litanei. Sie gipfelt im Bereich des Altars des Stuhls für die Heilige Messe.
Nach der Messe entfaltet sich ein besonderer Moment, wenn die Ministranten und Diener um den Hochaltar herumgehen, während der lateinische Hymnus Vexilla Regis vom Chor gesungen wird, der das Kreuz Christi für unsere Erlösung preist.
Aufgrund der Arbeiten am Baldachin von St. Peter ging die Prozession in diesem Jahr um den Baldachin des Altars herum und hielt vor der Statue des Apostels Andreas, dem Bruder des Heiligen Petrus, inne.
Die Kleriker nehmen ihre Kopfbedeckungen ab und wenden sich alle der Kapelle zu, die sich über der Statue der heiligen Veronika befindet. Der Kanoniker spricht ein Gebet, um die Reliquie der „Ikone, die das Schweißtuch der Veronika sein soll“, zu enthüllen.
Statue der heiligen Veronika im Petersdom. Foto: Daniel Ibáñez / CNA Deutsch
Dann macht er sich auf den Weg, um die Ikone zu holen, begleitet von zwei weiteren Kanonikern. Die Glocken läuten, als die Reliquie aus der Kapelle kommt, und sie zeigen die Ikone zur Verehrung der Anwesenden in alle Richtungen, vom Weihrauch umwölkt.
Die Glocken läuten ein weiteres Mal, wenn die Ikone zurück in ihre Kapelle gebracht wird. Schließlich begeben sich die Ministranten in die Sakristei der Basilika. Damit ist die Stationsliturgie beendet.
Enthüllung des Schweißtuchs der Veronika. Foto: Daniel Ibáñez / CNA Deutsch
Der Passionssonntag – Dominica de passione – hat eine wichtige symbolische Bedeutung, da er zwei Sonntage vor Ostern stattfindet.
In den Kirchen werden die Kruzifixe und Kreuze bis zur Osternacht verhüllt. Der Petersdom bietet jedoch ein besonderes Privileg: Wenn alle Darstellungen verhüllt sind, können Römer und Pilger noch einmal einen Blick auf diese Ikone im Petersdom werfen und das Antlitz Christi erblicken.
Veröffentlicht in deutscher Sprache exklusiv für CNA Deutsch mit freundlicher Genehmigung von www.ChurchPOP.com – eine Weiterverwertung dieses Artikels durch Dritte ist vom Copyright-Halter nicht gestattet.
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