Hildesheim - Montag, 13. Mai 2024, 16:00 Uhr.
Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 75-jährigen Jubiläum des Grundgesetzes haben die katholischen Bischöfe von Niedersachsen und Bremen sowie die leitenden Verantwortlichen der protestantischen Landeskirchen eine gemeinsame ökumenische Erklärung mit dem Titel „Engagiert, kritisch und konsequent“ zur Stärkung der Demokratie unterzeichnet.
„Wir stehen engagiert, kritisch und konsequent für die Demokratie ein und steigern gegenwärtig unseren Einsatz für die Stärkung der Demokratie auf den verschiedenen Ebenen kirchlichen Lebens“, heißt es in der ökumenischen Erklärung.
Darüber hinaus bekräftigen die Verfasser ihre „tiefe Überzeugung“, wonach die Demokratie als Staatsform am besten geeignet sei, die „unantastbare Würde des Menschen anzuerkennen und zu achten und ein Leben in Freiheit zu schützen“.
Des Weiteren nehmen die Unterzeichner am „Dialog um die Auslegung des Grundgesetzes“ teil, beispielsweise wenn es um das „Eintreten gegen den Antisemitismus“ geht, aber auch „bei der Umsetzung des Asylrechts, beim Einsatz für Frieden, den Schutz des Lebens und der nichtmenschlichen Umwelt“.
Als Begründung werden veränderte Fragestellungen sowie sich wandelnde gesellschaftliche Überzeugungen angeführt: „Wir wollen, dass Menschen hier in Recht und Freiheit leben können. Dabei unterscheiden wir nicht zwischen Menschen nach ihrer Herkunft, sondern sehen alle Menschen als Geschöpfe Gottes an, denen die Menschenwürde gleichwertig zukommt.“
„Mit Sorge“ blicken die Unterzeichner der Erklärung auf die „Bestrebungen, die Demokratie auszuhöhlen“. Allen extremistischen Bestrebungen werde deswegen eine „klare Absage“ erteilt.
Im Fokus stehe dabei der „wachsende Rechtsextremismus“: „Wir halten völkischen Nationalismus und Christentum für unvereinbar. Deshalb sind rechtsextreme Parteien für Christinnen und Christen nicht wählbar.“
Mit Blick auf die bevorstehenden Europawahlen im Juni bittet die Erklärung alle Christen, „zu prüfen, welche Parteien extremistische Positionen und eine ‚gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit‘“ vertreten.
Konkret gehe es um Parteien, die „neben Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Antiziganismus, Sexismus, Homophobie oder Queerfeindlichkeit auch die Abwertung von Menschen mit Behinderungen oder von wohnungslosen Menschen“ propagierten. Dies widerspreche dem christlichen Verständnis von „der Würde aller von Gott geschaffenen Menschen“.
„Es ist an uns Christinnen und Christen, die Werte zu leben, auf denen unser Grundgesetz basiert. Es ist unser Ziel, daran als christliche Kirchen in Niedersachsen und Bremen mitzuwirken“, schließt die Erklärung.
Gottesbezug in der Präambel des Grundgesetzes
Der Leiter des Katholischen Büros Niedersachsens, Prälat Felix Bernard, ging auf die Bedeutung der Präambel des Grundgesetzes ein: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen hat sich das deutsche Volk dieses Grundgesetz gegeben.“
Er wies darauf hin, dass die Verfasser des Grundgesetzes „größtenteils Christen“ waren, die „einen christlichen Gott“ vor Augen hatten. So war einer der wichtigsten Väter des Grundgesetzes, der spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer, praktizierender Katholik.
„Der Gottesbezug soll die Menschen vor Hybris, Machtmissbrauch und Menschenverachtung bewahren“, so Bernard. Auch Artikel 1 des Grundgesetzes beruhe auf „christlichen Wurzeln“, mit dem theologischen Gedanken dahinter, dass „der Mensch als Ebenbild Gottes unantastbar ist“.
Als Beispiel nannte er Artikel 2 des Grundgesetzes, der „grundsätzlich das Lebensrecht von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod schützt“. In der Praxis werden mehr als 100.000 Kinder pro Jahr im Mutterleib getötet.