Redaktion - Dienstag, 30. Juli 2024, 12:00 Uhr.
Der Professor für Liturgiewissenschaft an der Universität Trier, Marco Benini, hat in einem Interview mit „katholisch.de“ festgestellt, dass die Verehrung der Herzreliquie des seligen Carlo Acutis „eine eher konservative Haltung innerhalb der Kirche anspricht“.
Derzeit befindet sich die Herzreliquie des Seligen, der demnächst heiliggesprochen werden soll, auf einer Pilgerreise durch Europa. Nach Stationen in München und Köln ging es auch nach Hamburg.
„Schon allein, dass er eine Internetseite erstellt hat, auf der zahlreiche eucharistische Wunder aufgelistet und beschrieben werden, spricht dafür. Doch ich glaube, dass für alle Christen die Eucharistie zentral sein sollte. Für mich selbst ist die Feier der Eucharistie zentral und die Gegenwart Christi das eigentliche Wunder – nicht die aufgelisteten Wunder“, führte Benini aus.
Gleichzeitig hielt der Professor fest, dass „zu seiner Verehrung […] nicht jeder gehen“ müsse: „Ich würde mir davon selbst keinen extra Zuwachs meiner Frömmigkeit versprechen.“ Die Verehrung der Herzreliquie von Carlo Acutis sei „kein Gradmesser für den Glauben“, so Benini.
Allein Gott mache uns heilig: „Unabhängig von jeder Heiligsprechung sind alle Menschen berufen, heilig zu werden und einmal nach dem Tod als seine geliebten Kinder ganz bei ihm zu sein.“
Benini sagte, er vergleiche bei Taufgesprächen die Heiligen mit Großeltern, die nach ihrem Tod für uns beten würden. Diese Liebe sei ein „Beziehungsband, das zwischen Erde und Himmel bestehen bleibt“. Unter Heiligen verstehe er Menschen, die „durch ihr Verhalten zu Lebzeiten vorbildhaft hervor“ ragten.
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Das Leben des Carlo Acutis zeige jedoch, dass Heiligkeit auf kein bestimmtes Lebensalter festgelegt sei: „Schon Jugendliche können heilig sein. Carlo Acutis kann für Menschen von heute ein Vorbild sein, denn er ist ein Zeitgenosse von uns gewesen.“
Eine ähnliche Kritik an Reliquienverehrung hatte letzte Woche schon der Religionssoziologe Michael Ebertz geäußert, der in einem Interview mit dem Sender Domradio gesagt hat, dass diese Form der Reliquienverehrung einem speziellen „Milieu“ zuzuordnen sei. Konkret meine er damit den „traditionellen Katholizismus“.
Ebertz ging jedoch noch weiter und nannte den Reliquienkult eine Verehrung „zerstückelter Leichenteile“, welche man prinzipiell auch im „profanen Bereich“ sehen könne, wie bei der Verehrung von „Popstars“ oder „Fußballstars“: „Da trifft sich Religiöses und Profanes.“
Die Verehrung der Herz-Reliquie von Acutis würde laut Ebertz eine „Spaltung zwischen traditionsaffiner Frömmigkeit und liberalen, intellektuellen Katholiken“ schaffen: „Ja, die Spaltung haben wir - nicht erst heute. […] Aber an solchen Inszenierungen wird sie natürlich zugespitzt. […] Denken Sie an Lourdes oder an Fatima. Dort versammeln sich auch bestimmte Fraktionen des Katholizismus und pflegen ihre Frömmigkeit“.
Eine andere Perspektive auf die Reliquienverehrung warf der Kirchenhistoriker und Archäologe Stefan Heid in einem Beitrag bei dem internationalen Magazin Communio.
„Die Verehrung von Reliquien an und für sich ist so alt wie das Neue Testament“, erklärte der Rektor des Päpstlichen Instituts für Christliche Archäologie. Schon in der Apostelgeschichte und bei Augustinus sei von Reliquienverehrung die Rede. Zentral sei es, die Reliquien mit „dem eucharistischen Kult zu verbinden“, zum Beispiel indem sie auf Altären aufgestellt werden.