Vatikanstadt - Mittwoch, 1. März 2017, 17:17 Uhr.
Die heute beginnenden 40 Tage der Fastenzeit sind eine Gelegenheit, wieder durchzuatmen und sich darauf zu besinnen, worum es geht: Nicht das eigene Leben zu "banalisieren", sondern sich Gott und seinem Willen zu fügen, und dadurch dem Guten Raum zu geben. Daran hat Papst Franziskus in seiner Predigt zum Aschermittwoch in der Basilika der Heiligen Sabina auf dem Aventin erinnert.
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CNA dokumentiert den Wortlaut der Predigt, wie ihn das Presse-Amt des Heiligen Stuhl zur Verfügung gestellt hat:
"Kehrt um zu mir von ganzem Herzen, […] kehrt um zum Herrn" (Joël 2,12.13): Das ist der Ruf, mit dem sich der Prophet Joël im Namen des Herrn an das Volk wendet. Keiner konnte sich ausgenommen fühlen: "Versammelt die Alten, holt die Kinder zusammen, auch die Säuglinge; […] Bräutigam […] und Braut" (V. 16). Das ganze gläubige Volk ist aufgerufen, sich auf den Weg zu machen und seinen Gott anzubeten, "denn er ist gnädig und barmherzig, langmütig und reich an Huld" (V. 13). Auch wir wollen diesem Aufruf Gehör verschaffen; wir wollen zurückkehren zum erbarmungsvollen Herzen des Vaters. In dieser Gnadenzeit, die wir heute beginnen, richten wir wieder unseren Blick auf seine Barmherzigkeit. Die Fastenzeit ist ein Weg: Sie führt uns zum Sieg der Barmherzigkeit über alles, was uns zu erdrücken sucht oder was uns zu irgend einer Sache machen will, die nicht unserer Würde als Kinder Gottes entspricht.
Die Fastenzeit ist die Straße von der Knechtschaft in die Freiheit, vom Leiden zur Freude, vom Tod zum Leben. Das Zeichen der Asche, mit dem wir uns auf den Weg machen, erinnert uns an unsere ursprüngliche Situation: Wir sind von der Erde genommen, wir sind Staub. Ja, aber Staub in den liebenden Händen Gottes, der seinen Lebensgeist über jeden von uns blies und dies auch weiter tun will. Er will fortfahren, uns diesen Lebensatem zu geben, der uns vor anderen Weisen des Atemholens bewahrt: der Beklemmung, die durch unsere Egoismen hervorgerufen wird; dem Um-Luft-Ringen, das durch kläglichen Ehrgeiz und stumme Teilnahmslosigkeit hervorgerufen wird; der Atemnot, die den Geist erstickt, den Horizont verengt, den Herzschlag einschlafen lässt. Der Lebensatem Gottes rettet uns vor dieser Luftnot, die unseren Glauben auslöscht, unsere Nächstenliebe erkalten lässt und unsere Hoffnung vernichtet. Die Fastenzeit leben heißt nach diesem Lebensatem lechzen, den unser Vater uns unaufhörlich im Schmutz unserer Geschichte darbietet. Der Lebensatem Gottes befreit uns von jener Luftnot, die uns so oft nicht bewusst ist und die wir in unserer Gewohnheit sogar als "normal" ansehen, auch wenn ihre Wirkungen zu spüren sind. Sie scheint uns "normal", weil wir uns daran gewöhnt haben, Luft zu atmen, wo die Hoffnung dünn geworden ist; Luft, die von Traurigkeit und Resignation belastet ist; Luft, die voll Angst und Feindseligkeit stickig ist. Die Fastenzeit ist die Zeit, nein zu sagen. Nein zur Erstickung des Geistes wegen der Luftverschmutzung, die durch die Teilnahmslosigkeit verursacht wird oder durch die Nachlässigkeit, zu denken, dass das Leben des Anderen mich nichts angeht. Nein zur Erstickung des Geistes wegen jedes Versuchs, das Leben zu banalisieren, besonders bei denen, die am eigenen Fleisch die Last großer Oberflächlichkeit tragen. Die Fastenzeit will nein sagen zur giftigen Luftverschmutzung der leeren Worte und des sinnlosen Redens, der rüden und vorschnellen Kritik, der allzu simplen Rezepte, die die Vielschichtigkeit der Probleme der Menschen nicht zu erfassen vermögen, besonders derjenigen, die am meisten leiden.
Die Fastenzeit ist die Zeit, nein zu sagen; nein zur Beklemmung durch ein Beten, das unser Gewissen ruhig stellt, und durch ein Almosengeben, das uns falsche Befriedigung schenkt; nein zur Atemnot durch ein Fasten, das uns das Gefühl gibt, dass alles in Ordnung ist. Die Fastenzeit ist die Zeit, nein zu sagen zur Erstickung, die von missverstandener Innerlichkeit herrührt, die ausschließt und zu Gott gelangen will, indem sie den Wunden Christi in den Wunden seiner Brüder und Schwestern ausweicht. Dies sind jene Formen von Spiritualität, die den Glauben zu einer Ghetto- und Ausschließungskultur machen. Die Fastenzeit ist eine Zeit des Erinnerns. Sie ist die Zeit, nachzudenken und sich zu fragen: Was wäre mit uns, wenn Gott uns die Türen versperrt hätte? Was wäre mit uns ohne seine Barmherzigkeit, die nicht müde wird, uns zu verzeihen, und uns immer die Möglichkeit gibt, immer wieder neu anzufangen? Die Fastenzeit ist die Zeit, sich zu fragen: Wo wären wir ohne den Beistand so vieler stiller Gesichter, die uns auf tausendfache Weise die Hand hingestreckt und uns mit ganz konkreten Taten wieder Hoffnung geschenkt, uns geholfen haben, wieder neu anzufangen?
Die Fastenzeit ist die Zeit, um wieder durchzuatmen. Sie ist die Zeit, um das Herz dem Atem des Einzigen zu öffnen, der fähig ist, unseren Staub in Menschsein zu verwandeln. Es ist nicht die Zeit, um sich die Kleider zu zerreißen angesichts des Bösen, das uns umgibt; es geht vielmehr darum, in unserem Leben all dem Guten, das wir wirken können, Raum zu geben, indem wir uns dessen entledigen, was uns isoliert, uns verschließt und uns lähmt. Die Fastenzeit ist die Zeit des Mitfühlens, um mit dem Psalmisten zu sprechen: Herr, gib uns wieder die Freude deines Heils, rüste uns aus mit dem Geist der Großmut, damit wir mit unserem Leben dein Lob verkünden (vgl. Ps 51,14.17) und unser Staub – kraft deines Lebensatems – zu einem in dich "verliebten Staub" wird.