Jerusalem - Mittwoch, 10. Mai 2017, 11:43 Uhr.
Professor Shmuel Pietrokovski und Dr. Moran Gershon, beide Forscher am Weizmann Institute of Science, haben entdeckt, dass circa 6.500 menschliche proteinkodierende Gene im weiblichen und im männlichen Geschlecht unterschiedlich reagieren.
Die Entdeckung widerlegt grundlegende Behauptungen der Gender-Ideologie. Deren Grund-Annahme ist, dass der Unterschied zwischen Mann und Frau ein soziales beziehungsweise kulturelles Konstrukt sei. Wie die neuen Forschungsergebnisse belegen, ist die - ohnehin umstrittene - Ideologie wissenschaftlich nicht haltbar.
In einem kürzlich veröffentlichten Artikel ihres Institutes erklären die Wissenschaftler, dass sie im Rahmen des Forschungs-Projekts "GTEx" eine großflächig angelegte Studie zur menschlichen Genexpression abgschlossen haben, in der zahlreiche Organe und Gewebeteile aus dem Körper von rund 550 erwachsenen Spendern erforscht wurden.
"Dieses Projekt hat es zum ersten Mal erlaubt, eine komplette Karte der genetischen Struktur der unterschiedlichen menschlichen Geschlechter zu erstellen", erläuterten sie.
Beide Forscher haben mehr als 20.000 proteinkodierende Gene untersucht, sie nach Geschlecht klassifiziert und Unterschiede in der Aktion eines jeden identifiziert.
Dabei haben sie ungefähr "6.500 Gene identifiziert mit Aktivitäten, die mindestens in einem Teil auf das eine oder andere Geschlecht bezogen waren."
"Sie haben zum Beispiel Gene gefunden, die in der Haut der Männer – im Vergleich zur Haut der Frauen - äußerst aktiv sind und stellten fest, dass sie mit dem Wachstum der Körperbehaarung in Verbindung stehen. Gene für das Muskelwachstum sind bei Männern ebenfalls aktiver, bei Frauen werden dafür die an der Fettspeicherung beteiligten Gene stärker abgelesen."
Die detaillierte Karte dieser Gene, die in der wissenschaftlichen Zeitschrift BMC Biology veröffentlicht wurde, erbringt Beweise, dass Mann und Frau "eine Art getrennte Evolution" erlebt haben, die sie aber auch miteinander verbindet und ergänzt.
Fruchtbarkeitsforschung war Ausgangspunkt
Vor einigen Jahren hatten sich Professor Shmuel Pietrokovski und Dr. Moran Gershoni gefragt, warum es eine gemeinsame Prävalenz bei einigen menschlichen Krankheiten gebe.
Sie stellten fest, dass die Mutationen, die die Fruchtbarkeit betreffen, relativ weit verbreitet waren, wobei circa "15 Prozent der Paare, die ein Kind bekommen wollten, als unfruchtbar definiert wurden."
Der "gesunde Menschenverstand" sagte den Wissenschaftlern, dass diese Mutationen, die "durch die Reduktion der Anzahl der Kinder direkt die Fortpflanzung und das Überleben der Spezies betreffen, schnell durch natürliche Selektion eliminiert worden sein müssen."
In der Studie bewiesen die Experten, dass die Mutationen in den spezifischen Genen zur Spermienproduktion genau deshalb weiter bestehen bleiben, "weil diese Gene sich nur im Mann ausdrücken."
"Eine Mutation, die nur für eine Hälfte der Bevölkerung problematisch ist, egal wie schädlich sie sein mag, wird durch die andere Hälfte bis zur nächsten Generation weitergegeben."
Weitere Unterschiede
Die Wissenschaftler beobachteten auch Tendenzen zur Anhäufung von Mutationen "um festzustellen, ob die natürliche Selektion mehr oder weniger Druck auf jene Gene ausübt, die spezifisch für den Mann oder die Frau sind", das heißt, inwieweit schädliche Mutationen in der Bevölkerung eliminiert oder toleriert werden.
In der Tat haben die Forscher herausgefunden, dass die Wirksamkeit der natürlichen Selektion in vielen dieser Gene schwächer ist.
"Je geschlechtsspezifischer ein Gen war, desto weniger natürliche Selektion wurde beobachtet. Es gab einen weiteren Unterschied: Bei Männern funktionierte die Selektion gegen Mutationen sogar noch schlechter als bei Frauen", so Dr. Gershoni.
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Theorie der Sexuellen Evolution
Die Wissenschaftler haben keine vollständige Erklärung für diesen zusätzlichen Unterschied, hoben aber eine Theorie der Sexuellen Evolution hervor, die erstmals 1930 vorgestellt wurde.
"In vielen Spezies können die Weibchen nur eine bestimmte, begrenzte Zahl von Nachkommen zeugen, während die Männchen – zumindest theoretisch – wesentlich mehr. Daher hängt das Überleben der Spezies davon ab, dass die Weibchen lebensfähiger sind als die Männchen. Somit kann die natürliche Selektion mit den Genen, die für die Männer schädlich sind 'laxer' (weniger anspruchsvoll) umgehen", erklärte Professor Pietrokovski.
Neben den Geschlechtsorganen entdeckten die Forscher eine gewisse Anzahl von Genen in den Brustdrüsen, die mit dem Geschlecht in Verbindung stehen, "was jetzt nicht so verwunderlich ist", außer "dass ungefähr die Hälfte dieser Gene im Mann aktiv sind."
Weil die Männer eine komplett ausgestattete, aber im Grunde nicht funktionierende Brust haben, stellten die Wissenschaftler die Vermutung an, "dass einige dieser Gene die Laktation unterdrücken könnten."
Auch das Herz ist anders
Ein weitere, weniger offensichtlicher Ort der Genexpression war die linke Herzkammer bei den Frauen. Einige der Gene, die auch mit der Aufnahme von Kalzium in Verbindung stehen, waren in jungen Frauen sehr aktiv, nahmen aber mit zunehmendem Alter rapide ab.
Die Wissenschaftler sind der Meinung, "dass sie in den Frauen bis zu den Wechseljahren aktiv sind und das Herz schützen, in den folgenden Jahren aber zu Herzkrankheiten und Osteoporose führen, wenn die Genexpression endet."
Ein weiteres Gen zeigte sich besonders ausdrücklich aktiv im Gehirn der Frauen und "wenn wir seine genau Funktion auch nicht kennen", so nehmen die Forscher an, "es könnte die Neuronen vor Parkinson schützen, einer Krankheit, die bei Männern eher und öfter auftritt als bei Frauen."
Evolution auf genetischer Ebene
Ebenso identifizierten sie die Genexpression in der Leber der Frauen, die den Metabolismus bei Einnahme von Medikamenten reguliert und "die den molekularen Nachweis für den bekannten Unterschied in der Verarbeitung von Medikamenten bei Frauen und Männern erbrachte."
"Das grundlegende Erbgut ist in uns allen nahezu gleich, aber es wird überall im Körper und in den verschiedenen Individuen unterschiedlich genutzt. Wenn es also um den Unterschied zwischen den Geschlechtern geht, stellen wir fest, dass die Evolution oft auf Ebene der Genaktivität funktioniert", fügte Dr. Greshoni hinzu.
Professor Pietrokovski informierte, dass "paradoxerweise die Gene, die mit dem Geschlecht zusammenhängen jene sind, bei denen die schädlichen Mutationen eher weitergegeben werden, einschließlich der Gene, die die Fruchtbarkeit betreffen."
"In diesem Punkt gibt es bei Männern und Frauen einen unterschiedlichen Druck in der Selektion und, bis zumindest bis zu einem gewissen Grad, muss man die menschliche Evolution als eine Ko-Evolution ansehen."
Am Ende erklärte der Forscher, dass die Studie besonders Wert lege auf ein besseres Verständnis der Unterschiede zwischen Mann und Frau "bezüglich jener Gene, die für eine Krankheiten verantwortlich sind oder auf Behandlung reagieren."
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