Angela Merkel erinnert an „gute Grundstimmung“ in Begegnungen mit Papst Franziskus

Freundlicher Empfang für Angela Merkel: Papst Franziskus begrüßte die scheidende deutsche Regierungschefin im Apostolischen Palast des Vatikans am 7. Oktober 2021.
Vatican Media / CNA Deutsch

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat an ihre Begegnungen mit Papst Franziskus erinnert und dabei die „gute Grundstimmung zwischen uns“ hervorgehoben.

Im Gespräch mit dem Kölner Domradio sagte Merkel, die von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin war und entsprechend in dieser Funktion acht Jahre des Pontifikats von Papst Franziskus erlebte: „Uns hat geeint, dass wir die multilaterale Zusammenarbeit für sehr wichtig gehalten haben. Nur so kann man die großen Menschheitsprobleme lösen.“

„Für Franziskus war auch klar, dass Migration nicht etwa an der deutsch-österreichischen Grenze bekämpft werden kann, sondern, dass Länder, in denen es Krieg und Armut gibt, mehr Chancen bekommen“, fuhr Merkel fort. „Der Papst hat zudem seine Enzyklika Laudato si’ geschrieben und sich um die Gemeinschaftsgüter der Menschheit sehr viele Sorgen gemacht. Ich war eine Politikerin, die auch immer gerne über den Tellerrand hinaus gedacht hat.“

Merkel selbst ist Tochter eines protestantischen Pfarrers. Ihren persönlicher Zugang zur Religion hielt sie indes stets privat. Nur wenige Äußerungen zum Thema sind von ihr bekannt.

Nun sagte sie dem Domradio: „Auf meinen Glauben hat Franziskus aber einen Einfluss gehabt, weil er eine ursprüngliche Frömmigkeit hatte. Er hat es den Menschen einfach gemacht, Gottvertrauen zu entwickeln. Bei ihm musste man nicht über dieses oder jenes Bescheid wissen, sondern er ist erst einmal auf jeden mit offenen Armen zugegangen. Das fand ich sehr beruhigend.“

„Ich habe auch Papst Benedikt gekannt, der theologisch viel formaler war“, fügte Merkel hinzu. „Papst Franziskus hat die Menschen als Menschen genommen und dieser Zugang war mir sehr nahe. Damit möchte ich aber nicht sagen, dass es keine theologische Wissenschaft bräuchte.“

Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.

Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.

Mit Blick auf den nächsten Papst, der ab Mittwochabend im Konklave gewählt wird, sagte die ehemalige Bundeskanzlerin: „Wie gesagt, ich bin evangelische Christin, aber ich fand die Predigt zur Beerdigung von Papst Franziskus von Kardinal Re sehr interessant. Er hat benannt, was von Papst Franziskus bleibt. Die anwesenden Gläubigen haben darauf sehr emotional reagiert.“

„Es wäre schön, wenn hier eine Kontinuität entstehen würde, wenn sich also eine nächste Enzyklika auch wieder mit den Gemeinschaftsgütern beschäftigen könnte oder wenn einfach diese Linie eines menschennahen Papstes, die Franziskus angefangen hat, fortgesetzt würde“, so Merkel. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – das ist in der Politik und auch bei der Papstwahl so. Kardinal Marx hat es gut gesagt: Er hofft, dass ein einigender Gedanke über die Kardinäle kommt. Das wünsche auch ich dem Konklave.“

Mehr in Deutschland - Österreich - Schweiz

Für Aufsehen sorgte die Bundeskanzlerin im Jahr 2009, als sie Papst Benedikt XVI. dafür kritisierte, die Exkommunikation von Bischof Richard Williamson aufgehoben zu haben, obwohl dieser den millionenfachen Judenmord durch das Hitler-Regime geleugnet und wesentlich kleinere Zahlen genannt hatte.

Es sei „eine Grundsatzfrage, wenn durch eine Entscheidung des Vatikan der Eindruck entsteht, dass es die Leugnung des Holocaust geben könnte, dass es um grundsätzliche Fragen auch des Umgangs mit dem Judentum insgesamt geht“, so Merkel damals.

„Es geht hier darum, dass hier von Seiten des Papstes und des Vatikan sehr eindeutig klargestellt wird, dass es hier keine Leugnung geben kann und dass es einen positiven Umgang mit dem Judentum geben muss“, forderte die Bundeskanzlerin. „Diese Klarstellungen sind aus meiner Sicht noch nicht ausreichend erfolgt.“

Kurze Zeit später kam es dann zu einem klärenden Telefonat zwischen Merkel und Papst Benedikt XVI., wie beide Seiten über ihre Pressesprecher mitteilten: „Es war ein gutes und konstruktives Gespräch, getragen von dem gemeinsamen tiefen Anliegen der immerwährenden Mahnung der Shoa für die Menschheit.“