Rom - Dienstag, 20. Mai 2025, 7:00 Uhr.
Der Schriftsteller Martin Mosebach sieht im ersten Auftritt von Papst Leo XIV. ein deutliches Zeichen: Mit traditioneller Papstkleidung, einem liturgischen Gruß und einem goldenen Brustkreuz habe der neue Pontifex bereits auf der Loggia des Petersdoms eine Botschaft vermittelt.
Im Gespräch mit dem katholischen Sender EWTN sagte Mosebach: „Da gelingt es der römischen Kirche, in einer einzigen Sekunde schon, eine Botschaft zu formulieren.“
Dies sei auch bei Papst Franziskus sichtbar gewesen, dessen erstes Auftreten – mit einem „modernistischen Kreuz“, dem Verzicht auf die klassische Papstkleidung und der weltlichen Begrüßung „Buonasera“ – bereits einen inhaltlichen Akzent gesetzt habe: „Kein liturgischer Gruß, kein Gebetsgruß. Das war auch ein solcher Sekunden-Moment, wo man eigentlich das Gesamte von dem, was nun kommen würde, schon von diesem Moment her ableiten konnte.“
Im Gegensatz dazu habe Papst Leo XIV. mit seinem ersten Auftritt eine andere Richtung eingeschlagen. Es sei die Erscheinung eines „zartgliedrigen, sehr sanft wirkenden Menschen“ gewesen, der jedoch „wieder die klassische Papstkleidung angelegt hatte, das goldene Vortragekreuz, sein Pektorale, was ja mit Reliquien vom heiligen Augustinus und der heiligen Monika versehen ist“.
Seine Begrüßung der versammelten Gläubigen mit den Worten „Der Friede sei mit euch!“ habe liturgischen Charakter und somit eine bewusste Hinwendung zur kirchlichen Tradition gezeigt.
Besonders beeindruckt, so Mosebach, habe ihn die erste Predigt des neuen Papstes am Tag nach seiner Wahl in der Sixtinischen Kapelle. Diese sei „eine ganz christozentrische Predigt“ gewesen – eine Predigt über „den Christus des Glaubensbekenntnisses von Nizäa und Konstantinopel“.
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Damit habe Papst Leo XIV. das zentrale Thema aufgegriffen, das bereits Papst Benedikt XVI. hervorgehoben habe: „Die eigentliche Scheidung in der christlichen Welt ist eigentlich nicht die zwischen den Konfessionen, sondern diejenigen, die diesen Glaubensbekenntnissen von Nicäa und Konstantinopel anhängen, und diejenigen, die sich auch Christen nennen, die es eben nicht mehr tun.“ Der neue Papst habe „in einer vollkommen eindeutigen Art und Weise gesetzt, wo sein Akzent liegt“.
Noch mehr bewegte Mosebach jedoch die Ansprache des Papstes an Vertreter der katholischen Ostkirchen. Diese Rede sei „eine Predigt über die Liturgie von einem Reichtum, einer Schönheit, einem rückhaltlosen Bekenntnis dazu“ gewesen. Er habe darin „eine Sprache, wie wir sie schon lange, lange nicht mehr gehört haben“, wahrgenommen.
Mosebach erläuterte im weiteren Gesprächsverlauf seine Auffassung von der theologischen Bedeutung der Schönheit im Zusammenhang mit der Inkarnation, also der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. In der modernen Kultur werde Schönheit oft misstrauisch betrachtet: „Ein Verdacht gegen Schönheit wird da geäußert. Schönheit ist oberflächlich. Schönheit ist eben nicht mehr wahrheitsfähig.“
Dieses Auseinanderfallen von Wahrheit und Schönheit sei ein Merkmal des modernen künstlerischen Bewusstseins. Doch gerade im Christentum sei Schönheit tief mit dem Gedanken der Inkarnation verbunden: „Die Inkarnation ist eben das Sinnlich- und Körperlichwerden Gottes, und so wird Schönheit eben auch mit den Augen gesehen, mit den Händen gefühlt.“
Christus habe „durch seine bloße Erscheinung“ gewirkt, sodass Menschen sich zu ihm hingezogen fühlten, „ohne große Erklärungen, ohne ihm zuzuhören“. Schönheit sei daher eine Kategorie, die unmittelbar mit dem Glauben an die Menschwerdung Christi verknüpft sei.
Die Liturgie als sinnlich erfahrbare Vergegenwärtigung der Inkarnation habe sich daher in der Kirchengeschichte stets besonders prachtvoll entfaltet. Unterschiedliche Bauwerke – von der Hagia Sophia über den Dom von Chartres bis hin zum Petersdom – seien Ausdruck dieser Entwicklung.
„Das sind immer neue Sprachen, die da entwickelt werden für die Schönheit“, so Mosebach. Doch hinter all dem stehe ein gemeinsames Ziel: „Diesem äußersten, größten Geheimnis des Christentums eben auch mit äußerster Schönheit, mit allem, was die Zeit aufzubieten hat, zu entsprechen.“