Russland lehnt Vatikan als Ort für Friedensgespräche zu Ukraine-Krieg ab: Bericht

Die Flagge des Vatikanstaates weht vor der Fassade des Petersdoms.
CNA/Petrik Bohumil

Russland hat einem Bericht zufolge möglichen Friedensverhandlungen im Vatikan eine Absage erteilt und favorisiert stattdessen Istanbul als Verhandlungsort. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass zitierte am Sonntag eine ungenannte Quelle mit der Aussage, der Vatikan werde „aus einer Reihe von Gründen, einschließlich der Logistik, definitiv nicht zum Ort des Treffens werden“.

Diese kategorische Ablehnung erfolgte, nachdem US-Präsident Donald Trump nach einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den Vatikan als möglichen Verhandlungsort zur Beendigung des Ukraine-Kriegs ins Gespräch gebracht hatte.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte laut dem Nachrichtensender N-TV bereits zuvor das Angebot des Vatikans als „ein wenig unelegant“ bezeichnet. Er argumentierte, es sei merkwürdig, wenn zwei orthodoxe Länder in einem katholischen Rahmen Fragen zur Beseitigung der Ursachen des Konflikts diskutieren würden.

Zusätzlich zu den konfessionellen Bedenken nannten russische Quellen gegenüber Reuters weitere praktische Hindernisse. Der Vatikan befinde sich in Italien, einem NATO- und EU-Mitgliedsstaat, das die Ukraine unterstützt und Sanktionen gegen Russland verhängt habe.

Tatsächlich ist der Vatikan ein eigenständiger Staat und als solcher von allen anderen Staaten der Welt anerkannt. Bis heute – auch nach Beginn des Ukraine-Kriegs – hat Russland einen Botschafter beim Heiligen Stuhl.

Viele russische Diplomaten könnten aufgrund westlicher Reisebeschränkungen allerdings nicht einfach in EU-Staaten einreisen. Ein russischer Beamter bemerkte sarkastisch, der einzige Ort, der noch ungeeigneter wäre als der Vatikan, sei Den Haag – der Sitz des Internationalen Strafgerichtshofs, der einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt hat.

Istanbul als bevorzugte Alternative

Nach Angaben der Tass-Quelle sei Istanbul „im Moment die wahrscheinlichste Option“ für die nächste Verhandlungsrunde. Details sollten bald bekanntgegeben werden. Die Präferenz für Istanbul überrascht nicht, da die Türkei bereits im Mai 2025 erfolgreich als Gastgeber für direkte Gespräche zwischen russischen und ukrainischen Delegationen fungiert hatte.

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Die Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat sich als neutraler Vermittler positioniert, der sowohl zu Russland als auch zur Ukraine diplomatische Beziehungen unterhält, wie die Tagesschau berichtete. Als einziges NATO-Mitglied hatte sich die Türkei den westlichen Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen, gleichzeitig liefert sie aber Drohnen an die Ukraine. Diese ausbalancierte Position macht Istanbul zu einem akzeptablen Verhandlungsort für beide Kriegsparteien.

Bei den Gesprächen im Mai 2025 hatten sich Russland und die Ukraine auf einen Austausch von jeweils 1.000 Kriegsgefangenen geeinigt und beschlossen, den Verhandlungsprozess fortzusetzen. Der russische Präsidentenberater Wladimir Medinski, der die russische Delegation anführte, zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden.

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Ukrainische Position und vatikanische Bereitschaft

Im Gegensatz zu Russland zeigt sich die Ukraine laut Domradio weiterhin offen für Verhandlungen im Vatikan. Der Präsident des ukrainischen Parlaments, Ruslan Stefantschuk, bezeichnete den Vatikan als „idealen Ort“ für Friedensverhandlungen.

Er erinnerte daran, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj der erste Staatsgast gewesen sei, den der neue Papst Leo XIV. empfangen habe. Der Vatikan wäre „ein symbolischer Ort, der heiligste auf der Welt, um zu einem Friedensschluss zu kommen“, argumentierte Stefantschuk.

Papst Leo XIV., der erste aus den USA stammende Pontifex, hatte seine Bereitschaft signalisiert, Friedensgespräche im Vatikan auszurichten. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bestätigte nach einem Telefonat mit dem Papst dessen Vermittlungsangebot.

Im Umfeld der Amtseinführung von Leo XIV. am 18. Mai 2025 hatte es bereits intensive diplomatische Aktivitäten gegeben, darunter Gespräche mit Spitzenpolitikern aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie mit Selenskyj und US-Vizepräsident J. D. Vance.

Aktuelle diplomatische Entwicklungen

Die Weigerung Russlands, im Vatikan zu verhandeln, erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Ukraine-Konflikts an Intensität gewinnen. US-Präsident Trump hatte versprochen, den Krieg nach seinem Amtsantritt schnell zu beenden, musste jedoch erkennen, dass beide Seiten wenig Kompromissbereitschaft zeigen.

Russland arbeitet derzeit an einem Memorandum für eine mögliche Beilegung des Konflikts, das als Grundlage für ein späteres Friedensabkommen dienen könnte. Für Russland sei eine wichtige Frage, wer auf ukrainischer Seite ein solches Abkommen unterzeichnen würde, sagte Lawrow.

Aus Moskauer Sicht seien Wahlen in der Ukraine die „optimale Variante“ für eine Legitimation einer solchen Vereinbarung, obwohl in der Ukraine unter Kriegsbedingungen keine Wahlen abgehalten werden dürfen.