Erzbischof Bentz sieht „Komplexitätsmüdigkeit“ im politischen Bereich

Erzbischof Udo Bentz
Till Kupitz / Erzbistum Paderborn

Erzbischof Udo Bentz von Paderborn hat bei der Jahrestagung des Cusanuswerks von einer „Komplexitätsmüdigkeit“ im politischen Bereich gesprochen und sich dabei gegen Populismus positioniert. Das Cusanuswerk ist das Begabtenförderungswerk der Kirche in Deutschland und fördert etwa 2.400 katholische Auszubildende, Studenten und Doktoranden mit staatlichen, kirchlichen und privaten Mitteln.

In Baarlo bei Venlo in den Niederlanden, nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, sagte Bentz bei einer Messfeier am Sonntag: „Es wundert nicht, dass in den vergangenen Jahren ‚Reduktion‘ nicht nur stilbildend für Kunst und Architektur wurde, sondern auch Trend für das private Zuhause geworden ist: Simplify your life.“

„Arbeit und gesellschaftliches Leben sind komplex genug – Einfachheit dann wenigstens dort, wo man selbstbestimmt gestalten kann“, fasste der Erzbischof diese Haltung zusammen, um dann zu kommentieren: „Vielleicht ist das noch der sympathischste Ausdruck einer um sich greifenden Komplexitätsmüdigkeit, die man als gesellschaftliches Phänomen nicht leugnen kann.“

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„Ist es eine Folge von Überforderung?“, fragte Bentz. „Der gefährlichste Ausdruck einer solchen Komplexitätsmüdigkeit ist der ‚Erfolg‘ und die zunehmende Zustimmung zu einer populistischen Reduktion von Komplexität im politischen Kontext, gepaart mit Frust und Aggression.“

Er betonte, Christen seien in der Gesellschaft ein Anwalt dafür, dass „wir der Versuchung einer fundamentalistischen und populistischen Vereinfachung nicht erliegen und Menschen durch scheinbar einfache Antworten instrumentalisiert werden“.

Es gelte, nach der „Wahrheit des Evangeliums für unsere Gegenwart – und wir haben die Wahrheit nur in der Gegenwart – zu suchen: im Hören aufeinander, im Ringen miteinander und im gemeinsamen Unterscheiden“, führte Bentz aus. „Für uns muss ein Suchen nach der Wahrheit bedeuten: die Wirklichkeit der Komplexität und Ambivalenz wahrzunehmen, wie sie ist, und sich – gerade als Christen – nicht in eine Scheinwelt aus der Komplexität hinaus zu flüchten.“