24. Januar 2018
Als vor einigen Jahren die Frage der Kommunion für Geschiedene und Wiederverheiratete erneut in die katholische Debatte eingebracht wurde, wurde uns gesagt, es handle sich dabei um eine "pastorale" und "barmherzige" Initiative. Wer darauf hinwies, dass die Kirche diesen Vorschlag längst mehrfach abgelehnt hatte, der wurde informiert, dass man sich keine Sorgen zu machen brauche. Die Doktrin werde davon nicht berührt, hieß es. Die Frage sei bloß, wie man die unveränderte Glaubenslehre angesichts der Vielfalt der Umstände anwende.
Aber während sich der Vorschlag langsam weiter ausbreitet und Rom schwankt, wird zunehmend klar, dass die Aufgabe der traditionellen Praxis nur zu mehr Leid und Verwirrung führen wird.
Mit dem Versuch, die Lehre der Kirche zu umgehen, erfinden Bischöfe und Theologen ein neues Regelwerk an Vorschriften, dessen Konsequenzen strenger sind als alles, was sich der rigideste, voreingenommenste Traditionalist auch nur hätte erträumen können.
Ehebrecherischer Sex schließt einen von den Sakramenten aus: Das glauben Katholiken seit 2000 Jahren. Um diese Doktrin zu umgehen ist es notwendig geworden, zwischen tauglichen Ehebrechern und untauglichen zu unterscheiden. Die tauglichen werden, durch verschiedene Formen von "Unterscheidung", ermutigt, die Kommunion zu empfangen und auch Ehebruch zu begehen. Die untauglichen werden, ebenfalls durch einen Prozess der "Unterscheidung", von der Kommunion ausgeschlossen.
Diese Aufteilung prägt die neuen Richtlinien der Erzdiözese von Braga in Portugal, die einen Zugang zu den Sakramenten für geschiedene und wiederverheiratete Katholiken darlegen.
Das Braga-Schreiben, wie viele andere Beispiele dieses Genres, begräbt seinen atemberaubend kontroversen Vorschlag unter einer langen Liste von Binsenweisheiten. Wie ein Teenager, der versucht, den Eltern eine unangenehme Bitte unterzujubeln, verhandelt es jedes andere Thema unter der Sonne – um dann zu sagen: "Ach, übrigens..."
Die Richtlinien von Braga behandeln, ohne großen Tiefgang, das Wesen der Erziehung ("ein Prozess der Befähigung"), die Belastungen des modernen Lebens ("Familienleben war noch nie einfach"), und Beziehungen ("Liebe kann man nicht nur auf bloße Anziehung reduzieren"). Allein: Dass die Kontroverse über die Kommunion in den vergangenen vier Jahren so viel Verwirrung und Uneinigkeit verursacht hat, wird beim Lesen des Schreibens nicht klar.
Die Braga-Lösung soll "einige Monate an Zeit" dauern, währenddessen die Einzelpersonen "unterscheiden", ob sie die Kommunion empfangen können. Es wird "regelmäßige Treffen" mit einem Priester geben, um "in jedem Einzelfall genau zu unterscheiden", so die Richtlinien weiter. Der Entscheidungsprozess wird dabei mehrere Dinge in Betracht ziehen, darunter die Situation der Ehe, die Lage der Kinder, die Auswirkung auf die Gemeinde. Die Einzelperson wird über der Heiligen Schrift meditieren und über Amoris Laetitia, heißt es.
Am Ende wird dem Unterscheidenden empfohlen, "in zwei Spalten die Vor- und Nachteile des Zugangs zu den Sakramenten aufzulisten". (Aber keine vorschnellen Schlüsse fassen: "Ein Pro kann so schwer wiegen wie viele Contra, und umgekehrt.")
Wenn man dann eine Entscheidung für oder gegen den Empfang der Kommunion getroffen hat, prüft man sie im Gebet. "Wenn der Herr keine Zeichen zeigt, die der getroffenen Entscheidung widersprechen, dann akzeptiere dies, in Freiheit."
Soweit die Braga-Richtlinien, die damit eine Kommunion "in bestimmten Fällen" für geschiedene Wiederverheiratete herbeikonstruieren wollen.
Wenn man dies aus dem Land der Abstraktionen in die reale Welt überführt, wird klar, dass dies ein Rezept für geistliche Not und Trostlosigkeit ist. Nach der immerwährenden Lehre der Kirche – so tief in der Geschichte verwurzelt, so stark in modernen Zeiten bekräftigt – wird jeder in einer solchen Beziehung gleich behandelt: Wer es vermeidet, mit einem neuen Partner Sex zu haben, kann die Kommunion empfangen. Wer aber auf der Braga-Schnellspur fährt, kann entweder das eine oder das andere sein: Tauglich oder untauglich für die Sakramente. Nach sechs Monaten erkennt Herr Tauglich, dass er die Kommunion empfangen kann. Herr Untauglich erkennt das Gegenteil: dass Gott will, dass er sich enthält.
Warum entscheidet sich Herr Untauglich so? Wie viele "Pros und Contras" er auch abgewogen haben mag im Braga-Prozeß, kann doch keines davon ganz das Verbot erklären. Es gibt nämlich keinen Algorithmus der zeigt, dass eine zu 65 Prozent freundschaftliche Beziehung mit dem getrennt lebenden Ehepartner, dass Kinder, die zu 43 Prozent OK sind, und eine zu 37 Prozent skandalisierte Gemeinde dann bedeuten, dass man nicht die Kommunion empfangen kann. Es muss noch irgendeinen geheimnisvollen, entscheidenden Faktor geben, der bedeutet, dass Herr Untauglich von Gott abgeschnitten ist. Wie ein Evangelikaler des 18 Jahrhunderts, der überzeugt ist, dass er zur Verdammnis prädestiniert ist, steckt Herr Untauglich in der Dunkelheit fest.
Wenn dies Herrn Untauglich gegenüber grausam ist, so ist es doch kaum freundlich gegenüber Herrn Tauglich. Kann der sich unter diesen Richtlinien sicher sein, dass er Gott so viel näher ist als Herr Untauglich? Und was, wenn Herr Tauglich, nachdem er einige Monate lang die Kommunion empfangen hat, "erkennt", dass er untauglich ist? Er wird sich fragen müssen, ob er sich jetzt darüber hinwegtäuscht, was Gottes Wille ist, oder ober er sich zuvor getäuscht hat.
Der Prozess der Unterscheidung der Geister ist im katholischen Leben ganz normal: Menschen entscheiden auf diesem Weg, ob sie wirklich ein Ordensleben anstreben, sie eine neue Arbeit annehmen sollten, oder einen guten Vorsatz fürs neue Jahr fassen. Aber die Braga-Richtlinien wenden den Prozess der Unterscheidung auf etwas völlig Neues an: Auf die Frage, ob man von einer Beziehung zu Jesus ausgeschlossen ist. Eine Beziehung, deren Quelle und Gipfel die Eucharistie ist. In einer Diözese, die der immerwährenden Lehre der Kirche folgt, kannst du deine Sünden beichten, beschließen, diese in Zukunft zu vermeiden, und mit deinem Leben weitermachen. In Braga wirst du gebeten, einige Monate damit zu verbringen, über deine eigene Würdigkeit nachzugrübeln.
Außerdem – und dies ist keine Nebensächlichkeit: Je tiefer der Prozess der Unterscheidung vordringt, desto sicherer wird der Ehebruch jenes "vollumfängliche Wissen" und jene "vollumfängliche Zustimmung" erreichen, die notwendig dafür sind, dass eine Todsünde das Wirken der Gnade in einer Seele abtötet.
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Die Braga-Richtlinien weisen durchweg eine intellektuelle Unbestimmtheit auf, die zu einer Absurdität nach der anderen führt. Zum Beispiel erwähnt das Dokument die Beichte – aber erklärt nicht, wie Herr Tauglich mit diesem Sakrament umgeht. Was soll er denn sagen, wenn er in der Beichte nicht aufgefordert wird, des Ehebruchs zu entsagen? Soll er Ehebruch nicht erwähnen? Soll er seinem Akt der Reue abschließend hinzufügen: "Mit Hilfe Deiner Gnade werde ich versuchen, nicht wieder zu sündigen – mit Ausnahme des Ehebruchs"? Die Braga-Richtlinien führen zu solchen bizarren Konsequenzen, aber machen sich nicht die Mühe, diese anzusprechen.
Es ist und bleibt eine der großen Ironien der gegenwärtigen Krise: Dass diejenigen, die am meisten über "pastorale Realitäten" und "Menschen in konkreten Umständen" sprechen (manche von ihnen sagen sogar "konkrete Menschen") auch bereit sind, sich für die undurchführbarsten Ideen einzusetzen.
Wie erfrischend ist es, sich von diesem Schauspiel abzuwenden und der Unterweisung zuzuwenden, die der heilige Johannes Paul II. als "keiner geringeren Autorität als der des Herrn, des Hirten der Hirten" entspringend beschrieben hat: dass alle, die sich von ihrem Eheversprechen entfernt haben aufgefordert sind, zur Keuschheit zurückzukehren, und dass ein großzügiger Gott reichlich Gnaden ausgießen wird, um ihnen dabei zu helfen.
Dieser Gott wird in den Braga-Richtlinien nicht erwähnt. Er könnte all der Barmherzigkeit in die Quere kommen.
Dan Hitchens ist stellvertretender Chefredakteur des "Catholic Herald".
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von First Things, wo dieser Artikel im englischen Original erschienen ist. Übersetzt von AC Wimmer.
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Hinweis: Gastkommentare spiegeln die Meinung des Autors wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.