Augsburg - Sonntag, 14. Juli 2019, 15:00 Uhr.
Warum sind Frauen nicht längst Priester und Bischöfe in der katholischen Kirche? Was kann, was wird sich wirklich ändern? Fragen an an den Augsburger Weihbischof Florian Wörner und die Dominikanerin und promovierte Theologin Schwester Theresia Mende, Leiterin der Abteilung Neuevangelisierung im Bistum Augsburg.
Schwester Theresia, die Diskussion um mehr Gleichberechtigung für Frauen in der katholischen Kirche reißt nicht ab. Hat die katholische Kirche ein Problem mit der Gleichberechtigung?
Sr. Theresia Mende OP: Sicherlich haben Frauen die gleichen intellektuellen Fähigkeiten wie Männer. Die Gleichberechtigung ist ein ureigener Wert des Christentums, den ich nicht missen möchte – leider sind in vielen Ländern der Erde Frauen heute immer noch nicht gleichberechtigt. Ich habe mich noch nie aufgrund meines Frauseins in der Kirche benachteiligt oder nicht ernst genommen gefühlt. Vielleicht ist es wichtig, klar zu haben, dass Gleichberechtigung nichts mit Gleichmacherei zu tun hat und dass es nicht gerecht oder sinnvoll ist, alle über einen Kamm zu scheren. Zum Beispiel sind Menschen im Rollstuhl gleichberechtigt mit denen, die gehen können. Aber sie können z.B. nicht die Treppe benützen. Wenn man das verlangen würde, wäre das "Gleichmacherei", die keinem dient. Übertragen heißt das: Die Frau besitzt die gleiche Würde wie der Mann, und dennoch sind beide gemäß ihrer biologischen Unterschiede nicht gleich zu schalten. Frauen haben immer in der Kirche wichtige Impulse gesetzt und gleichberechtigt neben Männern gewirkt – von der Muttergottes bis zu Führungskräften in den Ordinariaten, von Äbtissinnen bis zu Professorinnen, von Pastoralreferentinnen bis zu ehrenamtlich Tätigen. Es gibt viele berühmte Frauen, die eine unglaubliche Bereicherung in die Kirche gebracht haben: Mut zu Neuaufbrüchen, geistliche Tiefe und Weite, ja sogar kirchenpolitische Wenden, denken wir an Hildegard von Bingen, Birgitta von Schweden, Katharina von Siena, Teresa von Avila oder in unserer Zeit: Edith Stein, Mutter Teresa, Madeleine Delbrêl. Und doch waren sie alle keine Priesterinnen.
Sie sind Ordensfrau, sind also Ihrer Berufung zum geweihten Leben gefolgt. Die Frauen von "Maria 2.0" wollen nun ihrer Berufung zur geweihten Diakonin und/oder Priesterin nachgehen – wie sehen Sie das?
Sr. Theresia Mende OP: Die Berufung der Frau in der Kirche verläuft sozusagen in zwei großen Linien. Da ist zuerst einmal die grundsätzliche Berufung der Frau – wie übrigens auch des Mannes – zur Ehe und damit verbunden ist das einzigartige Privileg der Frau zum Muttersein. Sodann gibt es auch die spezielle Berufung der Frau zu einem geweihten Leben in einem Orden, einem Säkularinstitut oder als Virgo Consecrata.
Sowohl als Mitglied des einen wie auch des anderen Standes üben die meisten Frauen einen Beruf oder ein Ehrenamt in Gesellschaft und/oder Kirche aus. Das kann sehr vielfältig aussehen. Ich selbst lebe schon seit recht vielen Jahren im Dominikanerorden – bis heute mit Freuden und in der Gewissheit, dass dies meine Berufung ist. Das heißt, dass Gott mich genau an dieser Stelle haben will. Allerdings empfinde ich keine "Berufung" zum sakramentalen Diakonen- oder Priesteramt. Ich bin überdies der Überzeugung, dass es eine solche Berufung überhaupt nicht gibt.
Wieso sollte es nicht eine Berufung für Frauen zum Priester- oder Diakonenamt geben?
Sr. Theresia Mende OP: Berufung schließt auf Seiten des Berufenen natürliche Voraussetzungen ein. Gott beruft also nicht gegen meine Natur und Begabung. Die Gnade setzt ja die Natur voraus, sagen große Theologen des Mittelalters wie der hl. Bonaventura und der hl. Thomas von Aquin. Zur menschlichen Natur gehören nun aber einmal so grundlegende Konstitutionen wie das Frau- oder Mannsein. Wenn die Kirche nun sagt, dass das Weiheamt dem Mann vorbehalten ist, dann setzt sie offensichtlich voraus, dass es keine Berufung der Frau zum Weiheamt gibt.
Das könnte die Kirche doch ändern – die Kirche soll sich ja reformieren, heißt es. Wenn also Frauen die gleiche Würde und Fähigkeiten besitzen wie Männer, weshalb, Herr Weihbischof, wird ihnen dann die Priester- und Diakonenweihe vorenthalten?
Weihbischof Florian Wörner: Diese Frage kann eindeutig beantwortet werden. Das Weiheamt geht auf Jesus selbst zurück. Jesus ist der Hohepriester schlechthin. Zu seinen Lebzeiten hat er die zwölf Apostel und sodann 72 Jünger berufen und gesandt, um das Evangelium zu verkünden und Kranke zu heilen. In seinem Jüngerkreis gab es auch Frauen, die mit ihm während seines öffentlichen Wirkens unterwegs waren. Wir kennen einige von ihnen sogar mit Namen: Maria von Magdala, Johanna, die Frau des Chuzas, Susanna und viele andere mehr.
Aber keine dieser Frauen hat Jesus in den Kreis der zwölf Apostel berufen, noch nicht einmal seine Mutter Maria, die doch so eng mit ihm und seiner Sendung verbunden war. Und nur diesen Aposteln – nach dem Tod des Judas waren es vorerst nur noch elf – hat Jesus nach seiner Auferstehung seine priesterliche Vollmacht zur Verkündigung, zur Spendung der Sakramente und zur Leitung übertragen. Das bezeugen die Evangelien übereinstimmend (vgl. Mt 28,16-20; Mk 16,14-18; Joh 20,19-23). Sie sollten nach der Himmelfahrt das Priesteramt Jesu an seiner Stelle – die Kirche sagt: "in persona Christi" – in der Welt ausüben.
Die frühe Kirche ist diesem Verhalten Jesu treu geblieben. So haben die Apostel nicht Maria, sondern Matthias in das Kollegium der Apostel gewählt, um die Lücke, die Judas hinterlassen hatte, wieder zu schließen (Apg 1,15ff.). Der Heilige Geist kam an Pfingsten auf alle herab, die im Abendmahlsaal versammelt waren, auf Apostel, Jünger und Frauen, und doch waren es nur Petrus und die Elf, die heraustraten und dem Volk verkündeten, was geschehen war (Apg 2,14). Obwohl es in der griechisch-römischen Welt ganz selbstverständlich Priesterinnen gab, blieb auch in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten die Kirche der Handlungsweise Jesu treu und hat weiterhin nur Männer zu Priestern und Diakonen geweiht.
Aber zwischen Jesus und uns heute liegen 2000 Jahre. Ist nicht inzwischen die Entwicklung im Blick auf das Frauenbild und die Rolle der Frau in Gesellschaft und Kirche weiter gegangen? Lebt die Kirche, wenn sie sich bei der Verweigerung der Weiheämter für Frauen auf Jesus beruft, nicht rückwärtsgewandt?
Weihbischof Florian Wörner: Die Rolle der Frau hat sich natürlich im Laufe von 2000 Jahren verändert. Gleichberechtigung, Emanzipation sind vorangeschritten. Gott sei Dank! Es ist gerade die Kirche gewesen, die wesentlich zu diesem Fortschritt beigetragen hat. Z. B. die Frauenorden haben sich schon lange vor dem Staat der Mädchenbildung angenommen und sie gegen den Widerstand des Staates durchgekämpft. Trotzdem ist die Kirche überzeugt, dass sie im Blick auf das Weiheamt dem Vorbild und den Vorgaben Jesu treu bleiben muss.
Warum ist das so? Die Kirche hat sich auch in anderen Fragen weiterentwickelt.
Weihbischof Florian Wörner: Nun, die Kirche ist eine Stiftung Jesu Christi und keine rein soziologische Größe. Zwar hat sich die Kirche auch wie die Gesellschaft oder der profane Staat soziologisch weiterentwickelt, z. B. hin zu einem stärker demokratischen Denken oder zu mehr Gleichberechtigung von Männern und Frauen – so zumindest in der westlichen Welt. Dennoch bleibt es ein Faktum, dass die Kirche ihrem Wesen nach anders strukturiert ist als der Staat. Sie ist von Jesus Christus gestiftet, und für eine Stiftung ist allein der Stifterwille normgebend. Er gibt Ziel, Zweck, Richtung und Struktur vor, was bedeutet, dass trotz aller neuzeitlichen Entwicklungen die Grundstruktur der Kirche von Jesus Christus gegeben und damit nicht verhandelbar ist. Zu ihr gehört u.a. die Ämterstruktur und damit auch das Weiheamt für Männer.
Und diese Ämterstruktur lässt wirklich zwingend nur Männer als Empfänger des Weiheamtes zu? Jesus hat doch den Frauen größte Wertschätzung entgegengebracht. Z. B. ist er nach seiner Auferstehung als erstem Menschen einer Frau begegnet, Maria Magdalena, und hat sie sogar als Zeugin zu den Aposteln gesandt.
Weihbischof Florian Wörner: Ja, das stimmt. Doch ist Jesus ihr nicht deshalb als erste erschienen, weil sie eine Frau war, sondern weil sie eine große Liebende war. Die Liebe hatte diese Frau angetrieben, alle Angst zu überwinden und an das Grab des Gekreuzigten zu gehen, obwohl das gefährlich war. Die Apostel hatten diesen Mut offensichtlich nicht. Die Liebe und Treue, der Mut, das Stehen zu Jesus auch in Krise und Gefahr, das war es, was Maria Magdalena die große Wertschätzung Jesu eingebracht hat.
Sr. Theresia, ich frage mich auch, ob das Weiheamt nur für Männer nicht einfach der damals männerdominierten Gesellschaft geschuldet war. Vielleicht konnte Jesus ja in seiner Zeit nicht anders und würde heute unter anderen Umständen auch Frauen zu Apostolinnen, d. h. Priesterinnen, berufen.
Sr. Theresia Mende OP: Nein, ich glaube nicht, dass Jesus heute Frauen zu Priesterinnen berufen würde. Aus seiner Handlungsweise, wie sie das Neue Testament überliefert, lässt sich ziemlich klar ableiten, dass er bei der Berufung und Bevollmächtigung der zwölf Apostel nicht einfach der Konvention seiner Zeit gefolgt ist, sondern tiefere, sachliche Gründe gehabt haben muss.
Können Sie das aus dem Neuen Testament "beweisen"?
Sr. Theresia Mende OP: Zunächst einmal lässt sich im Neuen Testament erkennen, dass Jesus in seinem Umgang mit Frauen vollständig und auf geradezu revolutionäre Weise mit den Konventionen seiner Zeit brach: So spricht er gegen jede Sitte zur Verwunderung seiner Apostel öffentlich mit der Samariterin am Jakobsbrunnen (vgl. Joh 4).
Oder er setzt sich über die Reinheitsgebote hinweg und lässt sich von einer blutflüssigen Frau (Mt 9,20-22) und sogar von einer stadtbekannten Sünderin im Haus des Pharisäers Simon (Lk 7,37ff) berühren.
Oder er distanziert sich ausdrücklich vom Gesetz des Mose und schützt die Frau vor einer willkürlichen Entlassung aus der Ehe (Mt 19,3-9; Mk 10,2-11).
Oder er lässt sich bei seinen Wanderpredigten nicht nur von den Aposteln und Jüngern, sondern auch von Frauen begleiten, was gegen die gute Sitte verstieß, dass Frauen zu Hause zu bleiben haben (Lk 8,2-3).
Oder er sandte Maria Magdalena als Zeugin der Auferstehung zu den Aposteln, obwohl in der jüdischen Gesellschaft das Zeugnis einer Frau keine rechtliche Bedeutung besaß (Joh 20,17f.).
Wir sehen: Jesus war mutig genug, gegen die Konvention seiner Zeit den Frauen eine große Würde und Achtung entgegenzubringen und sie in sein Heilswirken einzubeziehen. Wenn er sie dennoch nicht in den Kreis der Zwölf berief, ihnen also nicht das Apostelamt übertrug, aus dem das sakramentale Weiheamt hervorgegangen ist, dann muss das eine tiefere Bedeutung haben.
Und was soll diese tiefere Bedeutung sein? Herr Weihbischof, ist das nicht einfach eine Ausrede oder eine Rechtfertigung von Männern, die die Macht nicht aus der Hand geben wollen?
Weihbischof Florian Wörner: Sicher gibt es in der Kirche auch Machtstreben, und zwar bei Männern und bei Frauen. Machtstreben ist immer ein zutiefst unchristliches Verhalten. Das Apostelamt und das daraus folgende Weiheamt ist ein Dienstamt, ganz im Sinne der Fußwaschung am Gründonnerstag. Und in Mk 9,35 sagt Jesus zu seinen Aposteln: "Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein."
Daran müssen wir Diakone, Priester und Bischöfe uns immer wieder erinnern. Dennoch hat Jesus nur zwölf Männer in das Apostelamt berufen, und das hat einen tieferen Grund. Der hängt mit dem sakramentalen Charakter des Weiheamtes zusammen: Jeder Priester, jeder Bischof und auch der Papst repräsentiert Jesus Christus, wenn er sein Amt ausübt.
Was meinen Sie mit " die Priester repräsentieren Jesus Christus"?
Weihbischof Florian Wörner: Wenn ein Priester ein Sakrament spendet, handelt Jesus Christus selbst durch ihn. Das ist Lehre der Kirche. Dieses stellvertretende Handeln des Priesters erreicht seinen Höhepunkt in der Feier der Eucharistie. Der Priester vollzieht sie nicht nur in der Vollmacht der ihm von Jesus Christus übertragenen Amtsgewalt, sondern direkt "in persona Christi", d.h. er nimmt die Stelle Jesu Christi ein, wenn er die Wandlungsworte spricht: "Das ist mein Leib…". Er leiht dem Herrn seine Stimme und spricht mit dem "Ich" des Herrn.
Ähnliches gilt für das Bußsakrament, wenn der Priester sagt: "Ich spreche Dich los von Deinen Sünden…". Hier wird klar, dass jetzt wirklich Jesus spricht und handelt durch den Priester. Dasselbe gilt auch bei den anderen Sakramenten, die ja nicht nur Symbole, sondern sichtbare Zeichen des unsichtbaren Heilshandelns Gottes in uns und an uns sind. Das zeigt uns, dass das Weiheamt selbst von sakramentaler Natur ist. Ein Priester oder Bischof ist, wenn er die Sakramente spendet, ein sichtbares Zeichen für den unsichtbar gegenwärtigen und handelnden Christus.
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Nehmen wir an, ein Priester soll also ein Mann sein, da Jesus ein Mann war. Vermutlich konnte Gott vor 2000 Jahren nur als Mann Mensch werden. Eine Frau hätte damals doch gar keine Chance gehabt.
Weihbischof Florian Wörner: Dass Gott in dem Mann Jesus Christus Mensch wurde, ist zunächst einmal einfach ein Faktum, das wir zu akzeptieren haben. Wir können Gott und seinen Heilsplan mit uns Menschen nicht bis in die letzten Gründe hinein verstehen. Aber eines ist sicher: Das Priester- oder Bischofsamt wird einem Menschen nicht zu seinem Nutzen oder zu seiner Ehre übertragen, sondern zum Dienst für Gott und die Kirche. Es liegt ihm eine völlig unverdiente Berufung zugrunde, die einerseits wunderbar ist und doch andererseits eine schwere und ernste Verantwortung beinhaltet. Nur der, den Gott dazu beruft, kann dieser Verantwortung gerecht werden.
Viele Priester werden doch diesen hohen Ansprüchen nicht gerecht.
Weihbischof Florian Wörner: Wir alle, auch und ganz besonders wir Priester, müssen jeden Tag an uns arbeiten, nach dem Willen Gottes fragen und ihn in den Mittelpunkt unseres Lebens stellen. Kurz gesagt: Erneuerung ist immer angesagt. Die fängt stets bei mir selbst an. Das ist manchmal auch unbequem. Deswegen darf man schon einmal die Frage stellen, was denn an dem Protest der Frauen vielleicht berechtigt ist. Aber trotzdem sind wir Christen alle aufgefordert, uns an die Vorgaben Gottes zu halten, und dazu gehört die Tatsache, dass Jesus nur Männer in das Apostelamt berufen hat. Es darf gerade im Blick auf das Priester- und Bischofsamt niemals um Macht gehen oder um Wünsche, die nicht durch unseren Herrn Jesus Christus "gedeckt" sind.
Die ganze Diskussion um die Forderungen der Frauen rund um "Maria 2.0" zeigt mir: Priester oder Bischof sein heißt dienen. Jesus wusch den Jüngern am Gründonnerstag die Füße, um uns zu zeigen, was das Charisma eines Priesters und Bischofs zuerst sein muss: dienen und lieben.
Das ist ja alles gut und recht: Priesteramt als Dienstamt – aber warum gibt es das dann nicht auch für Frauen? Sie können auch dienen. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist doch ein Grundrecht bzw. Menschenrecht, und die Verweigerung des Weiheamtes für die Frau ist damit ein Verstoß gegen die Grundrechte der Frau.
Sr. Theresia Mende OP: Grundrechte bzw. Menschenrechte sind Schöpfungsrechte, d. h. in der Schöpfungsordnung, wie Gott sie vorgegeben hat, verankerte Rechte, die dem Menschen zur Erreichung seines ewigen Zieles dienen. Solche Rechte dürfen Menschen einander nicht aberkennen. Und zu diesen Menschenrechten gehört in der Tat die gleiche Würde von Mann und Frau.
Das christliche Priestertum folgt aber nicht aus der Schöpfungsordnung. Es hat nichts mit einer übernatürlichen Chancengleichheit des Menschen in Bezug auf sein ewiges Ziel zu tun. Wer so denkt, geht von einem Verständnis des Priestertums aus, wonach dieses ein Beruf ist, den die Institution Kirche anbietet und nach dem Gesetz der Chancengleichheit einem jedem zu gewähren hat, der sich die nötigen Ausbildungsvoraussetzungen dazu verschafft.
Aber was ist das Priesteramt denn sonst?
Sr. Theresia Mende OP: Das Priesteramt ist ein Sakrament. Ein Sakrament ist nicht einfach ein Beruf wie der des Pastoralreferenten oder Mesners, den die Kirche selber einrichten bzw. verändern kann. Das Priesteramt ist als Sakrament vielmehr der Verfügungsgewalt der Kirche entzogen, es steht ihr praktisch gegenüber, denn es ist, wie alle Sakramente, von Gott selbst eingesetzt und in die Kirche hinein gestiftet.
Somit ist auch klar, dass es Gott selbst ist, der den einzelnen in dieses Amt hinein beruft und die Struktur des Amtes vorgibt. Das Priesteramt dient zwar der Auferbauung der Kirche, gehört aber dennoch, da es eine göttliche Stiftung ist, nicht zu ihrer Manövriermasse.
Das bedeutet konkret: Gott bzw. Jesus hat der Kirche das Priesteramt zu ihrer Heiligung und Auferbauung geschenkt und zugleich die Struktur dieses Amtes vorgegeben. Er ist es auch – und nicht die Kirche – der die einzelnen Menschen in dieses Amt hinein beruft.
Wenn Jesus nun zwölf Männer zu Aposteln berufen hat – und das obwohl Jesus sich sonst im Umgang mit Frauen klar über die Konvention seiner Zeit hinwegsetzte –, dann liegt es nahe anzunehmen, dass Jesus das so wollte. Die Kirche fühlt sich an den Willen Jesu gebunden. Sie besitzt nicht die Vollmacht, sich über ihn hinwegzusetzen und anders als Jesus zu handeln.
Aber sehen Sie denn irgendeinen positiven Sinn hinter dem sog. "Willen" Jesu? Sich einfach nur einer vorgegebenen Struktur zu beugen, das fällt uns Menschen heute schwer.
Sr. Theresia Mende OP: Es hat einen tieferen Sinn, dass Jesus das Weiheamt den Männern vorbehalten hat, ja sogar einen sehr tiefen und schönen Sinn. Dazu möchte ich ein wenig mehr erklären: Der Schlüssel zum Verständnis liegt in dem, was ein Sakrament eigentlich ist. Ein Sakrament repräsentiert oder vergegenwärtigt eine verborgene göttliche Wirklichkeit in sichtbaren Zeichen. Im Alten Testament schon wurde das Gottesvolk Israel bildhaft als "Braut" oder "Ehefrau" Gottes bezeichnet - so in den Büchern der Propheten Hosea und Jeremia. Im Neuen Testament wird die Kirche als "Braut Christi" beschrieben. Diese Bilder sollen zum Ausdruck bringen, dass das Verhältnis zwischen Gott und Mensch ein inniges Liebesverhältnis ist, wie das zwischen Braut und Bräutigam oder Ehefrau und Ehemann. Aber solche Begriffe sind nur Bilder, die uns helfen wollen, das Verhältnis zwischen Gott und Mensch besser zu verstehen.
Das sakramentale Priestertum hingegen geht noch einen wesenhaften Schritt weiter. Es ist nicht nur ein Bild, sondern repräsentiert bzw. vergegenwärtigt ganz real diese geheimnisvolle Wirklichkeit, dass nämlich Gott und Mensch, Jesus und seine Kirche, für immer und untrennbar einander in Liebe verbunden sind. Kurz gesagt: Der Priester repräsentiert vor allem bei der Feier der Eucharistie wirklich Jesus Christus, als wenn dieser in diesem Moment vor uns stehen würde.
Herr Weihbischof, wenn das so ist, was empfehlen Sie dann den Gläubigen in dieser schwierigen Zeit? Wie soll es weitergehen?
Weihbischof Florian Wörner: Zwei Dinge scheinen mir wichtig. Wir sollten zuerst einmal besser zu verstehen versuchen, was die sakramentale Struktur der Kirche und des Priesteramtes bedeutet. Dann sollten wir alle, ob Mann oder Frau, jeder aufrichtig nach seiner Berufung in der Kirche fragen, nach dem Platz den Gott ihm im Ganzen dieser göttlichen Ordnung zugedacht hat. An welchem Platz darf ich stehen, um diese unauslöschliche Liebe zwischen Gott und Mensch zu leben und sichtbar zu machen? Wie kann ich – wie damals die kleine Gemeinde in Jerusalem – andere von Jesus und dem Glauben an ihn, von der Hoffnung auf die unendliche Barmherzigkeit und Liebe Gottes begeistern? Wie kann ich authentisch als Christin oder Christ leben?
Es geht doch nicht um Macht, um Ansehen, um eine Stellung, sondern um die Liebe. Es geht nicht darum, in einem fragwürdigen Egalisierungsbestreben, das das Sakrament als Karriere deutet, alle gleich zu schalten. Es geht vielmehr, allem Anschein zum Trotz, gerade um das Recht der Frau, sie selber zu sein im großen Ganzen des Zueinanders von Gott und Mensch. Jesus hat die Frauen hervorgehoben und ihnen Wertschätzung entgegengebracht wie keiner zuvor, weil Frauen eben im Gegensatz zu uns Männern ihre eigene Größe, ihre eigenen Besonderheiten und ihre eigene Würde haben.
Jeder Mann und jede Frau, ob verheiratet, ledig oder im geweihten Leben, kann in der Kirche seine/ihre eigene Größe und Würde entdecken und leben – nach Gottes Plan. Und ich bin mir sicher, dass Gott immer den besten Plan für uns Menschen hat.
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