Vatikanstadt - Dienstag, 29. Oktober 2019, 10:51 Uhr.
Der emeritierte Erzbischof von Krakau (Polen), Kardinal Stanisław Dziwisz, hat erklärt, warum er glaubt, dass das polnische Episkopat vor einigen Tagen Papst Franziskus gebeten habe, den heiligen Johannes Paul II. zum Kirchenlehrer und Patron Europas zu ernennen.
Kardinal Dziwisz war über 40 Jahre lang der persönliche Sekretär des heiligen Johannes Pauls II. Vor ein paar Tage, während des Kongresses der Bewegung Europa Christi, sagte er, der polnische Papst würde diese Anerkennung verdienen, denn er habe "einen Hauch der Frische ins Leben der Kirche und durch sie in die universellen Kreise der Kultur, Politik und Wissenschaft gebracht."
Er legte auch in drei Punkte dar, warum der heiligen Johannes Paul II. würdig sei, diese Anerkennung zu erhalten.
1. Die Kirchenvision von Johannes Paul II: Ein Doktorat in Ekklesiologie
Der Kardinal kommentierte, dass es im Pontifikat des heilige Johannes Paul II. "eine Vielzahl von öffentlichen Reden, Audienzen, Auslandsreisen und inhaltsreichen Dokumenten gebe, die nicht nur nur seinen Fleiß beweisen, sondern auch eine wahre Liebe zur Braut Christi (der Kirche)".
"Die Bedeutung des päpstlichen Zeugnisses sehe ich vor allem darin, wie Wojtyła die Kirche versteht. Noch vor seiner Wahl zum Heiligen Stuhl der Apostel Petrus und Paulus schrieb er in seinem Gedicht Stanisław, dass die Kirche für ihn der intimste Raum seines eigenen Inneren und ´der Boden seines Seins´ ist. Als Konsequenz der Begegnung mit Christus nahm Papst Wojtyła die Kirche in den Mittelpunkt seines persönlichen Lebens auf" so Kardinal Dziwisz.
"Die Kirche wurde ein Zuhause für ihn und er wurde ein Zuhause für die Kirche. Jeder, der ihm wenigstens einmal persönlich begegnet ist und sich an sein Auftreten und die Berührung durch seine Hände erinnert, weiss, wie diese Worte zu verstehen sind. Darin gab es keine Fremdheit oder Distanz. Als ein Mensch, der sich Gott und der Kirche hingegeben hat, gab er sich auch den Menschen hin und gab ihnen in seinem Inneren Raum."
Kardinal Dziwisz betonte, in einer fragmentierten Welt "predigte Johannes Paul II. beständig das Geheimnis der Kirche als Zuhause für alle" und bewies "seinen Willen, den Menschen nahe zu sein".
"Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die Kirche während des Pontifikats von Johannes Paul II. aufs Neue ihr menschliches Gesicht zeigte und wieder zu einem Zuhause wurde. Das beweisen nicht nur bestimmte Ereignisse, die mit den Herausforderungen der modernen Zeit zusammentreffen, sondern auch eine Reihe päpstlicher Dokumente."
Diesbezüglich erinnerte er an die Bedeutsamkeit des nachsynodalen apostolischen Schreibens Familiaris Consortio, in dem de facto ein Teil der Exkommunikation der Geschiedenen aufgehoben wird und diese zu einer tieferen Integration in die Kirche eingeladen werden."
Diese neue Ekklesiologie, die mehr im praktischen Leben als auf dem Papier zum Ausdruck kommt, verdient es, eine Ekklesiologie des Herzens genannt zu werden. Eine missionarische Offenheit der Kirche, ein pastoraler Tenor des Petrusdienstes, der das freundliche Antlitz der Kirche zeigt - das alles sind Früchte dieser Herzens-Vision der Kirche, die im Herzen Johannes Pauls II. tief verwurzelt war."
Kardinal Dziwisz verwies auch auf eine weitere Dimension des Zeugnisses der Kirche unter Papst Johannes Paul II.: Die Suche nach der Vernunft, besonders durch die Enzyklika Fides et Ratio.
"Nun, in der Zeit der Postmoderne bleibt Wojtyla ein unbeirrbarer Verteidiger der Vernunft. Die späte Moderne lehnt die Vernunft und ihre Fähigkeit, die Wahrheit zu suchen und zu entdecken, ab. (…) Als Mensch des Geistes ist er auch ein hervorragender Intellektueller und als Philosoph praktiziert er auch Theologie. Sein inniger Dienst, den Menschen ein Zuhause in der Kirche zu bieten, fügt sich auf natürliche Art mit dem Leben des Intellekts zusammen, der von Gott fasziniert ist, und entspringt ihm."
"Wojtyłas Kirche dient der Wahrheit und auch der Vernunft" fügte er hinzu.
2. Johannes Paul II. und ein tieferes Verständnis der Menschen: Ein Doktorat in Anthropologie
Kardinal Dziwisz hob hervor, dass "die gesamte wissenschaftliche Tätigkeit Karol Wojtyłas um das Geheimnis des Menschen kreiste, um seine Person und sein persönliches Handeln in der Welt."
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"Dieser lange und komplexe Prozess, um dahin zu gelangen, den Menschen zu verstehen, und die Suche nach dem angemessensten Weg, die offenbarte Wahrheit auszudrücken, erreicht seine Fülle in der Theologie des Leibes. Diese Theologie ist zweifellos, der reifste Ausdruck des Denkens Wojtylas und zugleich sein originellster Beitrag zur Geschichte der Theologie und, weiter gefasst, zur Geschichte des Verständnisses des Menschen" betonte der Kardinal.
Er fügte hinzu: "Wenn Johannes Paul II. auch nicht der erste gewesen war, der sich im Lauf der Kirchengeschichte mit den Themen des Leibes, der Ehe und der Familie befasst hat, so machen in die Art, diese Themen anzugehen und diese Realitäten zu beschreiben, zu einem ´Urheber einer ganzheitlichen Theologie des Leibes´".
"Seine diesbezügliche Vision bleibt eine hervorragende Synthese von roten Fäden aus Theologie, Philosophie, Psychologie und Wissenschaft. Vernunft, Erfahrung und Glaube erlauben es ihm, auf scharfsinnige Weise Fragen zu bearbeiten, die praktisch noch nie zuvor von Theologen untersucht worden waren" erklärte er.
Diese Theologie beantwortet die tiefsten Fragen des modernen Menschen, schützt ihn vor Objektivierung und verweist auf die Schönheit seines Geheimnisses, dass Gott selbst ihn nach seinem Ebenbild geschaffen und zur Synthese der gesamten Schöpfung gemacht hat. Insbesondere in dieser Hinsicht wird Papst Wojtyla auch weiterhin ein herausragender Lehrer der Kirche sein.
3. Johannes Paul II. als Schutzpatron Europas
Kardinal Dziwisz versicherte, dass die "Persönlichkeit, das Denken und die Arbeit" des heiligen Johannes Paul II. "nicht nur im Leben der Kirche, sondern auch in der gesamten Weltgemeinschaft tiefe Spuren hinterlassen."
"Das Leben von Karol Wojtyła / Papst Johannes Paul II. ist eine mahnende Erinnerung an die christlichen Wurzeln Europas und der gesamten westlichen Zivilisation. Der Papst beweist mit seinem Leben, dass es sich nicht ausschließt, Europäer und Jünger Christi zu sein, sondern dass beides radikal zusammengehört" betonte er.
Daraufhin verwies er auf "den Beitrag Johannes Pauls II. zur jüngsten Geschichte Europas."
"Viele Historiker, Politiker und Kommentatoren erklärten, der Papst habe eine zentrale Rolle in Bezug auf den Sturz des Kommunismus und die kontinentale Integration der Gemeinschaft gespielt. Sein Dienst war der Grundstein für das nationalen Erwachen der Hoffnung in Polen. Er war vermittelnd und trug erheblich zur Konsolidierung der sozialen und politischen Bewegungen bei, die dazu bestimmt waren, ein freies, gleichberechtigtes und historisch gerechtes Europa zu schaffen" unterstrich er.
Zum Schluss kommentierte der Kardinal, wegen all dieser Gründe könne man sagen "dass Papst Wojtyla nicht nur ein großer zeitgenössischer Kirchenlehrer, sondern auch herausragender Schutzpatron Europas ist, der allen Menschen, sowohl Gläubigen als auch Ungläubigen, sehr viel zu sagen hat."
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