12 Jahre nach Summorum Pontificum: Ein Gespräch mit Monika Rheinschmitt

Gott zugewandt: Feier der heiligen Messe bei der Wallfahrt Summorum Pontificum am 25. Oktober 2014.
CNA/Daniel Ibanez

In diesem Jahr feiert die Laienvereinigung "Pro Missa Tridentina" ihr 30-jähriges Jubiläum. Der Verein setzt sich im deutschsprachigen Europa für den klassischen römischen Ritus ein. Vereinsvorsitzende ist die 1961 in Stuttgart geborene Monika Rheinschmitt. Im Gespräch mit CNA Deutsch fasst sie zusammen, wie die Lage zur Feier der traditionellen Messe im Jahr 2020 aus ihrer Sicht ist – und wie es weitergeht. 

Was hat sich in Deutschland für die überlieferte Liturgie im Jahr 2019 zum Positiven verändert?

Monika Rheinschmitt: Es gibt erfreulich viele Orte, an denen das Messangebot erweitert oder neu eingerichtet wurde: In den letzten 12 Monaten (einschließlich Januar 2020) in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol an fast 20 Orten.
Andere Initiativen sind noch "in Arbeit" und werden hoffentlich bald zu einer regelmäßigen Feier von heiligen Messen in der außerordentlichen Form des römischen Ritus führen.

Teilweise erfolgen diese Neubeginne erfreulich problemlos – und ohne langwierige Unterschriftensammlung, zähe Verhandlungen mit dem betreffenden Ordinariat etc. – ebenso, wie Papst Benedikt es mit dem Motu Proprio "Summorum Pontificum" 2007 ermöglichen wollte. 

Natürlich gab es auch Negatives. Immer wieder hört man, dass auch zwölf Jahre, nachdem Summorum Pontificum die klassische römische Liturgie bestätigt hat, Anhänger der überlieferten Form der Liturgie stellenweise als Katholiken zweiter Klasse behandelt werden. Wie sehen Sie das? 

Die Feier von heiligen Messen im klassischen römischen Ritus wird an manchen Stellen immer noch unterdrückt, erschwert, die Information darüber, wann wer wo zelebriert, untersagt. Das reicht von der "Bestrafung" traditioneller Gottesdienstgemeinden durch Rücknahme der Genehmigung zur Feier der alten Messe  – weil die Gläubigen etwa mit einer Petition gegen irgendetwas protestiert haben – bis zur Forderung an junge Männer, die Priester werden wollen, alle im Internet publizierten Artikel, in denen sie sich positiv zur außerordentlichen Form des römischen Ritus äußern, zu löschen beziehungsweise löschen zu lassen.

Anfang 2019 wurde die Päpstliche Kommission Ecclesia Die aufgelöst, bis dahin zuständig für die Gemeinschaften und Priester, die dem alten Ritus verbunden sind. Wie bewerten Sie diese Entscheidung, nachdem rund ein Jahr vergangen ist?

Durch die Umorganisation im Vatikan hat sich personell nichts geändert – außer dem Mann an der Spitze: Anstelle eines Erzbischofs, Guido Pozzo, wird dieser Aufgabenbereich nun von einem Monsignore geleitet, dem Franzosen Patrick Descourtieux.

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Mir ist bis jetzt kein Fall bekannt, in dem Hilfestellung aus dem Vatikan unterblieben wäre – allerdings ist dies nur die eine Seite. Die andere ist, wie oft und aus welchen Gründen Hilfe aus dem Vatikan benötigt/angefordert wird – und wie in Deutschland auf die Briefe aus dem Vatikan reagiert wird. Wie sich die Veränderungen in der Vatikanischen Behörde auf die Gespräche mit der Priesterbruderschaft Pius X. auswirken, kann ich nicht beurteilen.

Wo in Deutschland sieht es für die alte Messe am besten aus?

Das korreliert in der Regel mit der Dichte von Katholiken in einer Gegend sowie mit der Einstellung der betreffenden Ortsbischöfe in den vergangenen Jahrzehnten: In der Regel gilt Bestandsschutz, d.h. ein Bischof, der dem klassischen römischen Ritus ablehnend gegenübersteht, wird in der Regel bestehende Meßorte nicht direkt auflösen, aber evtl. keine Neubesetzungen unterstützen, wenn ein Zelebrant aus Altersgründen aufhören muss oder stirbt – und auch keine neuen Meßorte einrichten.

Im Jahr 2019 ging auch ein Bischof in den Ruhestand, der viele Jahre lang für die alte Liturgie eingetreten ist: Vitus Huonder von Chur in der Schweiz. Nun lebt er in einer Niederlassung der Priesterbruderschaft St. Pius X. – zweifellos ein ganz ungewöhnlicher Schritt. Wie bewerten Sie seine Entscheidung? 

Ich kenne die Hintergründe zu wenig, vermute aber zwei Komponenten hinter dieser Entscheidung: Zuerst eine persönliche für Bischof Huonder, der auf diese Weise in Ruhe und ohne dauernden Kampf und Anfeindungen seinen Lebensabend in einer geistlichen, spirituell und liturgisch reichen Umgebung verbringen kann.

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Zum Zweiten könnte sich daraus eine Vermittlung der beiden "Lager" innerhalb der Tradition ergeben – der Piusbruderschaft auf der einen Seite und den sog. "Ecclesia Dei"-Gemeinschaften auf der anderen Seite. Davon ist aber bis jetzt nichts erkennbar – das jährliche Pontifikalamt in der Wallfahrtskirche Birnau am Fest Christi Himmelfahrt hat Bischof Huonder bereits 2019 an Erzbischof Thomas Edward Gullickson, den Apostolischen Nuntius in der Schweiz und in Liechtenstein, abgegeben. Dieser wird auch 2020 das Pontifikalamt in Birnau zelebrieren.

"Pro Missa Tridentina" wurde ausdrücklich als "Laienvereinigung" gegründet. Warum? Hat sich die Rolle der Laien seit der Gründung von "Pro Missa Tridentina" vor rund 30 Jahren gewandelt?

Diese Ausrichtung stammt als Gründungsidee der Laienvereinigung von Prof. Robert Spaemann. Bereits 1990 und in allen Jahren bis heute können Kleriker sehr viel einfacher unter Druck gesetzt werden als Laien. Eine reine Laienvereinigung kann sich zu vielen Themen deutlicher äußern, als wenn man immer Rücksicht auf mögliche negative Folgen für Priester und andere Kleriker nehmen muss, die dem klassischen römischen Ritus verbunden sind – aber zu Gehorsam ihren Vorgesetzten gegenüber verpflichtet sind.
Heute sind viele engagierte traditionelle Laien besser gebildet in liturgischen und theologischen Fragen als noch vor 30 Jahren – da war es eher eine Minderheit – weil sie durch die vielen Widerstände einfach dazu gezwungen sind, sich in diese Materie tiefer einzuarbeiten – und weil sie Freude an der Liturgie haben und den Zusammenhang mit den Glaubenswahrheiten erkennen:
Lex orandi – lex credendi. Auf diese Weise können sie die Priester besser darin unterstützen, feierliche, schöne heilige Messen zu zelebrieren. Wir sollen nicht nur den geringstmöglichen Aufwand suchen, sondern Gott das Größte und Schönste schenken, wozu wir fähig sind.

Was steht an für "Pro Missa Tridentina" im neuen Jahr 2020? Wie wird sich die Sache der traditionsverbundenen Katholiken Ihrer Einschätzung nach weiterentwickeln?

Dieses Jahr feiert Pro Missa Tridentina 30-jähriges Jubiläum. Wir hoffen, dass möglichst viele traditionelle Katholiken mit uns zusammen feiern. Zentrale Veranstaltung wird dazu die Hauptversammlung Anfang Mai 2020 sein.

Ansonsten bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. Wir sollten alles in unseren Kräften Stehen­de tun, um die Präsenz des klassischen römischen Ritus im deutschen Sprachraum zu stärken, ihn auch Katholiken bekanntzumachen, denen er noch völlig neu ist, die teilweise gar nicht davon wissen. Außerdem soll die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen gleicher oder ähnlicher Ausrichtung in Deutschland und v.a. auch international verstärkt werden. Die Laienvereinigung ist seit vielen Jahren Mitglied der internationalen Una Voce Föderation (FIUV), in der ich im Vorstand mitarbeite.

Ganz wichtig ist die Treue zu den überlieferten Riten. Laien und vor allem Priester sollten nicht der Versuchung nachgeben, auch die alte Messe nach ihrem Gutdünken zu "gestalten". Dazu ist niemand berechtigt – und wohin es führt, können wir an den Zuständen in Gottesdiensten des Novus Ordo sehen.

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