"Ein Dammbruch": Scharfe Kritik an Suizid-Urteil in Österreich

Wien
Jacek Dyag / Unsplash (CC0)

Zusammen mit Kardinal Christoph Schönborn von Wien und dem Präsidenten der Laienorganisation Katholische Aktion, Leopold Wimmer, hat Erzbischof Franz Lackner von Salzburg das Suizid-Urteil des österreichischen Verfassungsgerichtshofs scharf kritisiert.

"Jeder Mensch in Österreich konnte bislang davon ausgehen, dass sein Leben als bedingungslos wertvoll erachtet wird – bis zu seinem natürlichen Tod", so Lackner, der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz, nach dem Urteil. Für die österreichischen Bischöfe ist das Urteil ein "Kulturbruch".

Kardinal Schönborn wie KAÖ-Präsident Wimmer bezeichneten das Urteil als "Dammbruch". Zahlreiche weitere Kirchenvertreter, katholische Verbände, Ethiker und Mediziner haben die Entscheidung vom vergangenen Freitag kritisiert, den Straftatbestand einer "Hilfeleistung zum Selbstmord" zu kippen.

Die Richter begründeten das kontroverse Urteil mit der Behauptung, es sei "verfassungswidrig", jede Art der Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos zu verbieten.

Kardinal Schönborn sagte gegenüber der "Kronenzeitung" am gestrigen Sonntag, dass der Druck auf alte und kranke Menschen stärker werden wird, "sich durch einen Suizid selber aus dem Weg zu räumen". 

Schönborn unterstrich: Er hoffe sich vom Parlament, dass es "mit Weisheit nach guten Lösungen sucht" und Hospiz- und Palliativeinrichtungen ausgebaut werden, "dass das Töten nicht zur Routine wird".

Warnung vor Missbrauch

Die Katholische Aktion Österreich forderte am heutigen Montag einen breiten Beratungsprozess zur Frage, welche gesetzlichen Regelungen erlassen werden sollen, um einen Missbrauch der Straffreiheit der Beihilfe zur Selbsttötung zu verhindern, so "kathpress".

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Der Präsident der Laienorganisation, Leopold Wimmer, forderte den Gesetzgeber auf, eine parlamentarische Enquete oder ähnliches Mittel zu schaffen, um jetzt offene Fragen zu klären und Abläufe sowie Kriterien festzulegen, "die sicherstellen, dass nicht ökonomischer oder sonstiger Druck auf die Betroffenen ausgeübt wird".

Selbsttötung und Euthanasie werden im deutschen Sprachraum in Abgrenzung zur Euthanasie-Politik der Nazi-Zeit oft als "Sterbehilfe" bezeichnet. 

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Die schreckliche Erinnerung an die Masseneuthanasie von "lebensunwerten Leben" in der Nazi-Zeit habe immer als Warnung gegolten, betonte gestern Schönborn in der "Kronen-Zeitung". Der überraschende Spruch der Höchstrichter sei nun aber ein "Dammbruch". Auch er forderte die Politik auf, nun aktiv zu werden – auch, um Hospiz- und Palliativeinrichtungen auszubauen.

"Wenn jemand von der Brücke springen will, wird man versuchen, ihn davon abzuhalten. Soll es jetzt erlaubt sein, ihm den letzten Schubs zu geben? Und dass alle das gut finden?" – so Schönborn. Selbstmord sei eine tiefe Wunde für Familie und Freunde, auch im Alter.

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