São Paulo - Mittwoch, 27. Januar 2021, 8:50 Uhr.
Immer wieder gibt es Berichte über Gewalt und Folter in Brasiliens Gefängnissen. Das Land hat über 800.000 Häftlinge – und damit nach den Vereinigten Staaten und China die dritthöchste Gefängnispopulation der Welt.
Nun haben – in einem ausführlichen Bericht – die Bischöfe Brasiliens auf eine dramatische Verschlechterung der Situation während der Coronavirus-Pandemie aufmerksam gemacht.
Das berichtet die "Catholic News Agency", die englischsprachige Schwesteragentur von CNA Deutsch.
Der Report, der vom Büro für Strafvollzug der brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB) geschrieben und am 22. Januar veröffentlicht wurde, dokumentiert mutmaßliche Folterungen von Insassen, darunter körperliche Angriffe mit Waffen, Pfefferspray und Tränengas sowie verschiedene erniedrigende oder entwürdigende Bedingungen.
Die Kirche in Brasilien dokumentiert seit 2014 mutmaßliche Vorfälle von Folter im brasilianischen Gefängnissystem. Seitdem wurden fast 400 Vorfälle gemeldet, meist von Familienmitgliedern und Freunden von Insassen.
Die Zahl der Foltervorfälle könnte sogar noch höher sein als berichtet, da die Aussetzung von Familienbesuchen in den meisten Bereichen bedeutet, dass Beweise für Folter weniger oft entdeckt werden, erklärte der Bericht.
Brasilien zählt über 800.000 Häftlinge und hat damit nach den Vereinigten Staaten und China die dritthöchste Gefängnispopulation der Welt.
Die CNBB erhielt zwischen dem 15. März und dem 31. Oktober 2020 90 Beschwerden von Gefangenen über Misshandlungen. Dies ist ein Anstieg gegenüber 53 Berichten, die im gleichen Zeitraum im Jahr 2019 eingegangen sind, und 44 im Jahr 2018, sagten sie.
Nur acht der 90 gemeldeten Foltervorfälle führten zu einer Untersuchung durch das Gefängnisministerium, sagte der Bericht.
Nach Daten des brasilianischen Nationalen Justizrates (CNJ) stieg die Infektionsrate mit dem Coronavirus in brasilianischen Gefängnissen zwischen Mai und Juni 2020 um 800 Prozent. Die Todesrate verdoppelte sich.
Die Bischöfe kritisieren, dass der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro die Coronavirus-Pandemie herunterspielt.
Der CNJ empfahl, Gefangene, bei denen der Verdacht besteht, dass sie COVID-19 haben oder bei denen es diagnostiziert wurde, unter Hausarrest zu stellen, anstatt in einem überfüllten Gefängnis zu bleiben.
Folter und Gewalt in brasilianischen Gefängnissen sind kein neues Phänomen.
Im Oktober 2019 veröffentlichte ein Bundesstaatsanwalt im brasilianischen Bundesstaat Pará einen Bericht, in dem er feststellte, dass Mitglieder eines Sicherheitskommandos Gefangene gefoltert hatten, unter anderem durch "Schläge mit Besen, tägliche Angriffe mit Gummigeschossen und Pfefferspray und das Durchbohren der Füße mit Nägeln", berichtete die Zeitung El País.
Präsident Bolsonaro hat Berichten zufolge den Inhalt des Berichts zurückgewiesen.
Brasiliens Gefängnisse sind seit langem überfüllt, unterfinanziert und durch Bandenkriege überlastet. Laut der brasilianischen Tageszeitung Folha de S.Paulo wurden im Jahr 2016 insgesamt 372 Insassen in den Gefängnissen des Landes getötet.
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Bandenbedingte Unruhen in Gefängnissen im Norden Brasiliens töteten Anfang 2017 fast 100 Insassen - die tödlichste Gefängnisrevolte seit 1992.
Im März 2019 wurden bei einer Gefängnisrevolte in Pará mindestens 62 Häftlinge getötet.
Der internationale Drogenhandel ist ein großes Problem im Norden Brasiliens, und kriminelle Banden üben von den Gefängnissen in der Region aus erheblichen Einfluss aus.
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