Was ist dran an den neuen Manipulationsvorwürfen in der Familiensynode?

Die Vollversammlung der Synodenväter in der Aula am ersten Tag
(C) Osservatore Romano

Verwirrung im Vatikan: Nach den – wie wir berichteten, haltlosen – Verschwörungstheorien über den belgischen Synoden-Teilnehmer Kardinal Godfried Danneels herrscht nun Aufregung über einen angeblichen Beschwerde-Brief an Papst Franziskus. Dieser erhebt unter anderem Manipulationsvorwürfe gegenüber der Synode. 

[UPDATE: Mittlerweile haben zwei Kardinäle die Existenz eines – zumindest ähnlichen – Briefes bestätigt]

 

Bereits die erste Familiensynode im vergangenen Jahr sah sich Manipulationsvorwürfen ausgesetzt, denen der Journalist Edward Pentin in seinem Buch „The Rigging of a Vatican Synod?” nachgeht.

Diesmal platzte die Bombe jedoch auf einem Blog: Der bekannte Vatikanist Sandro Magister schrieb online bei der italienischen Zeitschrift „L’Espresso” über einen Brief, den er in voller Länge veröffentlichte, und den 13 ranghohe Kardinäle und Erzbischöfe unterzeichnet haben sollen, darunter Schwergewichte wie New Yorks Erzbischof Kardinal Timothy Dolan, Kardinal Robert Sarah sowie Kurienreformer George Pell. Der als angstfrei bekannte Kurienkardinal aus Australien soll den Brief auch zu Beginn der Synode dem Papst übergeben haben, schreibt Magister.

Inzwischen haben, nach und nach, vier der angeblichen 13 Unterzeichner mitgeteilt, gar nicht unterzeichnet zu haben: Kardinal Peter Erdö aus Budapest, der Mailänder Kardinal Angelo Scola und sein Amtsbruder André Vingt-Trois aus Paris etwa liessen alle dementieren, ihren Namen unter den Beschwerdebrief gesetzt zu haben.

War die Bombe letzten Endes nur ein Knallfrosch?

Wohl kaum, insofern in dem angeblichen Schreiben, wie es nun veröffentlicht wurde, schwere Vorwürfe erhoben werden, die zu Teil ohnehin öffentlich bekannt sind. Etwa die Kritik am ohnehin umstrittenen Arbeitspapier – dem Instrumentum Laboris – das zumindest einer gründlichen Überarbeitung bedürfe, so der Brief – ähnlich äußerte sich Kardinal Wilfrid Napier aus Südafrika im Interview mit EWTN Deutschland; auch sein Name soll unter dem Brief, den Magister veröffentlicht hat, geschrieben stehen.

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In dem am Montag morgen veröffentlichten Brief ist das freilich nur der Anfang. Des weiteren äußern die angeblichen Autoren darin ihre Besorgnis darüber, dass die Synode von der Frage über den Zugang geschiedener Wiederverheirateter zur Kommunion beherrscht werden könnte, statt sich um ihr eigentliches Thema zu kümmern. Mehr noch: Es wird der Verdacht geäußert, wichtige Entscheidungen seien vorherbestimmt und sollten durch die neue Arbeitsweise nur leichter zum vorgesehenen Ergebnis gebracht werden. Verknüpft mit der Kritik an der ebenfalls schon mehrfach als problematische bezeichneten Besetzung der Kommission, die das Abschlusspapier verantworten soll.

Dem australischen Erzbischof Mark Colerdige zufolge wollen mehrere Synodenväter einen einzelnen Schlussredakteur statt der umstrittenen Kommission.  

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Wie dem auch sei: Es wird berichtet, dass dieser angebliche Beschwerde-Brief der Auslöser für die überraschende Intervention von Papst Franziskus gewesen sei, der am Dienstag unerwartet das Wort ergriffen und vor Veschwörungstheorien gewarnt hatte, dabei aber gleichzeitig betonte, dass die katholische Lehre über Ehe und Familie unverändert gültig sei.

Auch wenn der Heilige Vater damit ein klärendes Wort geleistet hat: In den Medien herrschte erst einmal noch mehr Verwirrung. Zumal Vatikan-Sprecher Pater Federico Lombardi SJ mitteilte, dass das Schreiben vertraulich gewesen sei und deshalb nicht kommentiert werde.

Gleichzeitig betonen vor allem auch deutsche Protagonisten der Synode, in der eigentlichen Arbeit der Synode gehe es sehr harmonisch zu. So sagte Kardinal Reinhard Marx vor einigen Tagen, es gebe gar keine Lager. Das hätten die Medien inszeniert, so der Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Auch vom Ende der Synode erhoffe er sich ein „einmütiges” Ergebnis. Und der deutsche Jesuitenpater Bernd Hagenkord, der unter anderem als Berichterstatter für das Presseamt tätig ist, sagte gegenüber Journalisten, die Synode laufe „harmonisch und konstruktiv”.

Ob sein Kollege für den englischsprachigen Bereich, der kanadische Pater Thomas Rosica, dem wirklich zustimmen würde, ist fraglich: Nach einer Zurechtweisung von Kardinal Napier auf dem Kurznachrichtendienst Twitter für eine seiner eigenen Nachrichten, die wiederum weitere Kreise zog, begann Pater Rosica mit der Blockierung katholischer Twitterkonten. Statt dadurch Ruhe in die eskalierende Situation zu bringen, wurde daraus freilich ein Internet-Phänomen: Auf Twitter wurde es vorübergehend zum Thema der katholischen Teilnehmer, und auf Facebook gründete sich eine Gruppe von Pater Rosica blockierter Personen, die sich zu einer “Block Party” zusammenschlossen.

Wie der britische Publizist Damian Thompson trocken bemerkte:

Aus diesem oft widersprüchlichen Stimmengewirr ragt, so der Eindruck vieler Beobachter zum Anfang der zweiten Woche, immer wieder eine Gruppe von Synodenvätern heraus: Die afrikanischen Bischöfe. Sie sprechen nicht nur mit einer Stimme – leise, aber doch mutig und klar – sie konzentrieren sich auch immer wieder auf das Thema der Synode: Die Berufung und Mission der Familie in der Kirche und Welt von heute. Ein Anliegen, dass sie mit vielen anderen Synodenvätern teilen. Wie der Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput, vor Journalisten sagte: „Es ist normal, dass es viele verschiedene Positionen gibt. Aber das Ziel der Diskussion ist es nicht, zu gewinnen. Es ist die Wahrheit”.